Verjährt Privatinsolvenz?

20. Februar 2018 Thema abonnieren
 Von 
Tidschi
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 1x hilfreich)
Verjährt Privatinsolvenz?

Guten Tag,

Ich weiß, der Threadname klingt erstmal dreist. Ich erzähle mal. Wer nicht alles wissen möchte, bitte ans Ende scrollen und nur die Frage beantworten.

Ich bin sehr früh in die Privatinsolvenz geraten. Ich komme aus einem schwierigen Elternhaus, wo ich direkt mit 18 rausgeworfen wurde, noch in der Ausbildung eine Wohnung finanzieren musste und mein eigenständiges Leben quasi mit Schulden begonnen habe. Ich bin damals zu einer Bank, um die Schulden zu begleichen und mit regelmäßigen Raten zu bezahlen. Ich habe auch eine Versicherung abgeschlossen, die bei Arbeitslosigkeit greift. Nuja, mein damaliger Arbeitgeber ging pleite (welch Ironie) und meine abgeschlossene Versicherung galt erst nach einer 5 jährigen Betriebszugehörigkeit und einem Mindestalter von 25. Ich war bei Abschluss 19 und bei der eintretenden Arbeitslosigkeit 21. Tja, doof gelaufen. Ich wusste es nicht besser und habe mich auf die beratende Person verlassen. Lange Rede, ich konnte den Kredit nicht bedienen, mein Konto wurde aber entsprechend leer geräumt, der Rattenschwanz begann. Mit 21/22 hatte ich Mietschulden, abgeklemmten Strom, kein Telefon und Geld für den Lebensunterhalt hatte ich auch nicht und habe mich bei Freunden durchgeschnorrt. Ich habe es nochmal versucht und nach einem neuen Job monatlich 800€ monatlich zur Tilgung gezahlt und mit dem Rest ein sehr bescheidenes Leben geführt. Allerdings konnte ich damit nur die Zinsen und kleinere Schuldbeträge begleichen, die eigentliche Schuldensumme blieb, bzw. wuchs, wenn auch minimal, monatlich. Endergebnis: Privatinsolvenz.

Die ganz Nummer ist jetzt seit mittlerweile 7 Jahren abgeschlossen, ich habe einen gut bezahlten Job, ein zufriedenes Leben und komme an sich gut klar.

Jetzt hat sich in den letzten 7 Monaten aber der Teufel eingeschlichen. Ich musste mir ein neues Auto (Gebrauchtwagen) kaufen, da ich für den Arbeitsweg darauf angewiesen bin. Diesen habe ich bar von meinen Rücklagen bezahlt. Zwei Monate später verabschiedete sich die Waschmaschine und der Fernseher. Soweit alles gut.

Jetzt ist es Anfang des Jahres und bei meinem Gebrauchtwagen hat sich die Kupplung verabschiedet. Ich habe außerdem eine Gasnachzahlung von 700 Euro (ich wohne in einer Mittelwohnung und seit letztem Jahr steht die Nebenwohnung leer).
Beides habe ich sofort bezahlt, ein bisschen hatte ich schon wieder gespart, den Gürtel enger geschnallt und gut.

Jetzt ist mir jemand ins Auto gefahren und hat Unfallflucht begannen. Da u.a. die Frontscheinwerfer beschädigt wurden, musste dies sofort repariert werden. Okay, nochmal bescheiden Leben. Jetzt kam aber der Supergau. Ich habe meine KFZ-VERSICHERUNG von Haftpflicht auf Teilkasko erhöht. Habe das zum neuen Jahr angeleiert, wohl überlegt und durch gerechnet. Jetzt bekomme ich die Rechnung und soll 500 Euro bezahlen. Der im Sommer geleistete Jahresbetrag bereits verrechnet. Das geht in Ordnung seitens der Versicherung, aber für meine Situation Gift. Ich kann den Versicherungsbetrag nur jährlich zahlen, aufgrund meiner Vergangenheit (bin da schon ewig und die wissen von der PI)

Langsam würgt es mich ab. Ich wollte also zur Bank und einen Kleinkredit von 1000 Euro aufnehmen oder Dispo einrichten. Ich bekomme ein Festgehalt und kann diesen in 6 Monaten zurück zahlen (eigentlich in drei, aber so risikoreich wollte ich nicht vorgehen).

Meine Schufa ist sauber und mein Score wie bei einem unbeschrieben Blatt. Also nicht besonders positiv, aber auch nicht besonders negativ. Aber, ich musste wahrheitsgemäß antworten, ob ich eine PI anpeile, drin bin oder schon mal war. Damit hatte sich das erledigt.

Ich schaffe das auch so. Muss ich ja.

Meine Frage wäre nur, bin ich jetzt mein Leben lang gebrandmarkt? Ich könnte meine Schufa aufbessern, wenn ich Mobilfunkverträge abschließe und pünktlich bezahle, in Versandthäusern auf Raten bestelle und diesen ordentlich abbezahle. Will ich aber nicht. Ich habe gelernt.

Wenn aber so eine Situation wie jetzt auftritt, wo ich mitbekomme, dass Dispos gang und gäbe sind, Kredite zum normalen Leben gehören und manche nie ins Plus kommen, dann bin ich ja bestraft auf ewig. Ich will meine Naivität nicht als Entschuldigung nehmen und weiß, dass ich großen Luxus genossen habe durch die PI und mir ein normales Leben aufbauen konnte. Aber, wenn ich die PI immer angeben muss, wenn ich doch mal in eine Schieflage gerate, die durch Kredit oder Dispo überbrückt werden könnte, mache ich mir doch Sorgen.


Hier einsteigen, wenn der Rest nicht interessiert.
Deshalb die Frage: muss die PI immer angegeben werden? Oder ist es irgendwann quasi verjährt?
Im Netz finde ich nix. Ich komme da immer nur auf laufende Restschuldbefreiungen usw.

-- Editiert von Tidschi am 20.02.2018 19:01

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12 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119648 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von Tidschi):
Deshalb die Frage: muss die PI immer angegeben werden?

Kommt ganz darauf an, wie die Frage gestellt wurde (Wortlaut)



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
Tidschi
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 1x hilfreich)

Haben Sie ein privates Insolvenzverfahren durchgeführt? Aktuell ist da ja nichts zu sehen.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Wenn Sie auf diese Frage mit "nein" antworten, würden Sie schlicht lügen. Es stellt sich also die Frage, ob Ihnen ein Recht zur Lüge zusteht und da habe ich so meine Bedenken. Vor allen Dingen wird man das nicht pauschal beantworten können.

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#4
 Von 
spatenklopper
Status:
Gelehrter
(10655 Beiträge, 4201x hilfreich)

Zitat (von Eidechse):
Es stellt sich also die Frage, ob Ihnen ein Recht zur Lüge zusteht und da habe ich so meine Bedenken.


Wenn man es analog zu Vorstrafen sieht, darf man ja durchaus sagen, dass man keine Vorstrafen hat, wenn diese aus dem Führungszeugnis gelöscht wurden.
Aber bezüglich der PI finde ich auch keinerlei Text, ob und wie lange diese angegeben werden muss.

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#5
 Von 
Tidschi
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 1x hilfreich)

Vielen Dank für die Antworten. Ich will auch gar keinen Freifahrtschein oder so. Mich hatte es nur gewundert, weil ich da nie drüber nachgedacht habe. Dann wird einem überall suggeriert PI - Restschuldbefreiung - drei Jahre danach noch Schufa, dann ist man quasi bereinigt.
Ist man ja quasi nicht. Zumindest nicht, für Banken. Damit steht es mir auch nicht zu eine Eigentumswohnung zu kaufen, als Beispiel.
Ich muss mich da nochmal informieren. Eigentlich wollte ich weiter bescheiden Leben und 60/70% EK ansparen in den nächsten 10 Jahren, um dann die Restsumme zu finanzieren und für das Alter zumindest gewappnet zu sein. Wenn das sowieso ein Fass ohne Boden ist, dann bereise ich lieber die Welt oder gönn mir mehr Luxus, solange ich das genießen kann. Hm...

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119648 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von spatenklopper):
Aber bezüglich der PI finde ich auch keinerlei Text, ob und wie lange diese angegeben werden muss.

Auch kein Urteil - hat wohl noch keiner durchgezogen.


Es wäre zu überlegen, ob hier nicht auch das bereits erwähnte "Recht zur Lüge" greifen würde.
Ich neige durchaus dazu, das zu bejahen, wenn man mit der Insolvenz aus allen Auskufteien verschwunden ist.
Denn dann wäre das Argument, das der Gesetzgeber mit Ablauf der gesetzlichen Fristen dem Verbraucher wieder eine "weiße Weste" und die Gelegenheit zum Neuanfang verschaffen wollte.
Was ja auch die Intension war, als die Insolvenz für Privatpersonen geschaffen wurde.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
guest-12311.06.2018 09:37:31
Status:
Bachelor
(3685 Beiträge, 1414x hilfreich)

Zitat (von Tidschi):
Damit steht es mir auch nicht zu eine Eigentumswohnung zu kaufen, als Beispiel.
Ich muss mich da nochmal informieren. Eigentlich wollte ich weiter bescheiden Leben und 60/70% EK ansparen in den nächsten 10 Jahren, um dann die Restsumme zu finanzieren und für das Alter zumindest gewappnet zu sein. Wenn das sowieso ein Fass ohne Boden ist, dann bereise ich lieber die Welt oder gönn mir mehr Luxus, solange ich das genießen kann.


7 Jahre nach dem Abschluß Ihrer Privatinsolvenz haben Sie trotz gutbezahltem Job praktisch nichts angespart, sonst würde das oben beschriebene Pech Sie nicht in Schwierigkeiten bringen. Wie wollen Sie da nennenswert Eigenkapital ansparen?

Auch wenn viel dafür geworben wird, man kann auch ohne Kontoüberziehung, Ratenzahlungen und Konsum auf Kredit durchs Leben gehen. Wenn man Kredit erst gar nicht bekommt, bewahrt einen das vielleicht vor der nächsten Überschuldung.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
guest-12325.03.2020 14:55:28
Status:
Gelehrter
(11821 Beiträge, 3204x hilfreich)

Zitat (von bear):
7 Jahre nach dem Abschluß Ihrer Privatinsolvenz haben Sie trotz gutbezahltem Job praktisch nichts angespart, sonst würde das oben beschriebene Pech Sie nicht in Schwierigkeiten bringen. Wie wollen Sie da nennenswert Eigenkapital ansparen?


Wie soll man was ansparen, wenn man 6 Jahre den pfändbaren Teil seines Einkommens abgeben muss? Würde mich mal interessieren Ihre Erklärung hierzu.

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
guest-12311.06.2018 09:37:31
Status:
Bachelor
(3685 Beiträge, 1414x hilfreich)

Zitat (von AltesHaus):
Wie soll man was ansparen, wenn man 6 Jahre den pfändbaren Teil seines Einkommens abgeben muss? Würde mich mal interessieren Ihre Erklärung hierzu.


Am besten lesen Sie die Schilderung des TE, bevor Sie Fragen stellen.

-- Editiert von bear am 22.02.2018 10:20

1x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
Tidschi
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 1x hilfreich)

Ich habe angespart. Ich habe mir im Sommer einen Gebrauchtwagen gekauft. Im fünfstelligen Bereich. Ich habe, wie man entnehmen kann einige Ausgaben gehabt. Nur hat es sich jetzt gebündelt und ich habe lediglich versucht mir etwas Luft zu verschaffen, weil es eng wurde. Nicht unmöglich, aber unbequem. Zu Ihrer Beruhigung. Ich bin in der Einarbeitung für eine höhere Stelle, bei der ich in eine weit höhere Lohngruppe aufsteigen werde, sobald ich für diese Stelle entsprechend qualifiziert wurde. Ich arbeite im öffentlichen Dienst und lebe recht Bescheiden. Ich kann nach der Neueingruppierung einen sicheren Betrag von 500 Euro einsparen und wenn keine gesonderten Ausgaben kommen oder kein ausschweifendes Leben geführt wird auch 1000 €. Aber die zweiten Wert will ich nicht beschwören, auch, wenn dies meine Planung ist. Ich habe nach der PI mein Geld gespart, um berufliche Qualifikationen durch Eigenfinanzierung zu erhalten, um mich im Nachhinein beruflich neu aufzustellen und mich finanziell besser zu stellen. Wie sie sehen, hat dies geklappt. Ich habe meinen Stundenlohn beim Arbeitgeberwechsel verdoppelt. Vorher war ich im Mindestlohnsektor. Trotzdem bin ich noch nicht am Ziel und im Mittelstand angekommen. So sehr ich mich bemühe, mit diesem Gehalt lässt es sich gut leben und auch sparen. Trotz allem gehe ich "nur" arbeiten und habe keinem Goldesel erworben. Heißt: meine Möglichkeiten haben Grenzen und denen bin ich jetzt nahe gekommen.
Vielen Dank für ihre Gedanken, um meine finanzielle Vergangenheit, Situation und Planung. Aber wie sie sehen, waren diese völlig unbegründet. Ich bin es übrigens gewohnt, dass man mir vorab grundsätzlich erstmal unterstellt irgendwas nicht geschafft zu haben, zu schaffen oder erreichen zu können. Das Gegenteil zu beweisen ist ein Teil meines Antriebs.
Mir ging es hier übrigens um eine reine Information. Ich habe weder vor zu lügen, meinen beruflichen Werdegang durch diese zu gefährden oder ähnliches. Aber seien sie sicher, falls mir gesundheitlich nichts dazwischen haut, werde ich es schaffen. Ich habe die 40 noch nicht erreicht, auch wenn sie nahe ist, aber ich bin mir fast sicher, dass ich einfach fünf Jahre länger spare und mir die Eigentumswohnung dann ganz alleine finanziere. Dann werde ich zurück blicken auf all die Menschen, die mir immer erzählt haben, was ich nicht geschafft habe und mich erfreuen an dem, was ich geschafft habe. Von all den Maulhelden, habe ich schon einige hinter mir gelassen, die nach ihrem Hochmut selber tief gefallen sind. Ich erfreue mich nicht daran, denn ich weiß, wie es sich anfühlt.
Jetzt wissen sie wie, bear.

-- Editiert von Tidschi am 22.02.2018 21:45

1x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
Sir Berry
Status:
Unparteiischer
(9326 Beiträge, 2998x hilfreich)

Hi,

schon mal versucht ein Arbeitgeberdarlehn zu erhalten?

Zitat (von Tidschi):
Ich könnte meine Schufa aufbessern, wenn ich in Versandthäusern auf Raten bestelle und diesen ordentlich abbezahle. Will ich aber nicht.
Richtig, sollte man nicht ohne Not, denn auch der Abschluss von Verbraucherkreditverträgen führt zu einer Verschlechterung eines der bei der Schufa gespeicherten Werte, selbst wenn es keine Unregelmäßigkeiten gibt. Von aufbessern kann dabei nicht die Rede sein.

Berry

1x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
Tidschi
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 1x hilfreich)

Ja, die Möglichkeit habe ich bei meinem Arbeitnehmer. Ich bin ehrlich, dort ist die PI nicht bekannt (war auch nie Thema). Wollte aber verhindern, ihnen das direkt auf das Brot zu schmieren. Man weiß nie, in wie weit derjenige das wertet. Die meisten fragen nicht. Das wäre auch okay, wenn sie nicht trotzdem urteilen würden. PI eilt ein schlechter Ruf nach. Die meisten denken, man ist einfach nur raffgierig und zahlt bewusst seine Schulden nicht, weil es ja so einfach ist, diese durch die PI los zu werden. Es interessiert sie nicht was war, aber sehr wohl, um es zum schlecht reden zu nutzen. Ich bin drüber weg und stehe drüber. Aber im beruflichen ist es mir dann doch nicht so egal.

-- Editiert von Tidschi am 23.02.2018 06:17

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