Rechte und Pflichten von Schwangeren im Job

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Mutterschutz, Elterngeld, Kündigungsschutz, Elternzeit – Ein Interview mit Rechtsanwältin Christine George-Jakubowski rund um das Thema Schwangerschaft und Job

Der Schwangerschaftstest ist positiv. Man informiert freudig die eine nahestehende Person und geht zu den ersten Untersuchungen beim Frauenarzt. Neben den ganzen Fragen zur Schwangerschaft an sich tauchen aber auch viele Fragen rund um Schwangerschaft und Arbeit auf. Nehme ich Elternzeit, ab wann muss ich in den Mutterschutz? Besteht ein Beschäftigungsverbot für mich?

123recht.de: Der Schwangerschaftstest ist positiv, wann sollte ich meinem Arbeitgeber darüber informieren?

Christine George-Jakubowski
Partner
seit 2008
Rechtsanwältin
Breite Straße 65
41460 Neuss
Tel: 02131-38 37 511
Web: http://www.rechtsanwaeltin-george.de
E-Mail:
Arbeitsrecht, Familienrecht, Strafrecht, Gaststättenrecht, Vertragsrecht
Preis: 30 €
Antwortet: ∅ 8 Std. Stunden

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Die werdenden Mütter sollen ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin bekannt geben, sobald sie ihnen selbst bekannt sind. Auch der Arbeitgeber muss sich auf die ihn treffenden Pflichten aus dem Mutterschutzgesetz einstellen können. Daher gelten die Schutzvorschriften des Mutterschutzes auch erst nach Bekanntgabe der Schwangerschaft und des voraussichtlichen Entbindungstermins.

Eine wirkliche Pflicht, den Arbeitgeber zu informieren, besteht aber nicht. Die Schwangere macht sich also nicht etwa schadensersatzpflichtig oder riskiert eine Abmahnung, wenn sie die Schwangerschaft nicht mitteilt. Sie kann lediglich die Sonderrechte einer Schwangeren nicht in Anspruch nehmen, wenn sie die Schwangerschaft nicht offenbart. Der Arbeitgeber kann auch einen ärztlichen Nachweis verlangen, muss dann aber die Kosten für diese Bescheinigung übernehmen.

Anders als im bestehenden Arbeitsverhältnis ist die Situation in einem Bewerbungsgespräch. In einem solchen Gespräch ist die Frage nach einer Schwangerschaft als unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts ausgeschlossen. Wird eine solche Frage dennoch gestellt, darf die Bewerberin sie wahrheitswidrig beantworten.

Kündigungsschutz gilt auch für Teilzeitbeschäftigte und Auszubildende

123recht.de: Wann greift der Kündigungsschutz? Greift der auch bei Nebenjobs?

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Der Kündigungsschutz bedeutet, dass während der gesamten Schwangerschaft bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung jede Kündigung unwirksam ist, wenn der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung von der Schwangerschaft oder Entbindung wusste oder wenn er innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung über die Schwangerschaft oder Entbindung informiert wurde. Nur Ausnahmsweise kann die Kündigung durch die zuständige Behörde (in Nordrhein-Westfalen sind dies die Bezirksregierungen) für zulässig erklärt werden. Eine solche Zulässigkeitserklärung muss vor Ausspruch der Kündigung eingeholt werden. Erteilt wird eine solche Erklärung nur dann, wenn die Kündigung nicht mit dem Zustand der Frau im Zusammenhang steht.

Der Kündigungsschutz gilt für alle Angestellte, auch für Teilzeitbeschäftigte in Nebenjobs oder Auszubildende.

123recht.de: Welchen Schutz habe ich am Arbeitsplatz?

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Durch den Gesundheitsschutz soll gewährleistet werden, dass Schwangere weder ihre eigene Gesundheit noch die ihres ungeborenen Kindes gefährden. Stillende Mütter dürfen nicht mit Mehrarbeit, nicht in der Zeit zwischen 20 und 6 Uhr und nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden.

Weitere Regelungen zum Gesundheitsschutz finden sich in der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz. Zu verhindern ist danach beispielsweise schwere körperliche Arbeit, bei der ein häufiges Beugen und Strecken oder aber ein regelmäßiges Tragen von mehr als 5 Kilogramm erforderlich ist. Ab dem 5. Schwangerschaftsmonat ist ein Stehen von mehr als 4 Stunden täglich nicht mehr zulässig. Die Schwangeren müssen außerdem vom Umgang mit gefährlichen Gasen, Dämpfen und Stäuben ausgeschlossen werden. Unzulässig sind ferner Akkord- und Fließbandarbeit sowie ab dem 3. Schwangerschaftsmonat die Arbeit auf Beförderungsmitteln.

Eine konkrete und abschließende Auflistung ist im Mutterschutzgesetz sowie in der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz enthalten. Weitere Auskünfte können außerdem beim Gewerbeaufsichtsamt, bei der Schwangerschaftsberatungsstelle oder beim Betriebsrat des Arbeitgebers eingeholt werden, sofern ein solcher gewählt ist.

Schwangeren kann gleichwertige Ersatztätigkeit zugewiesen werden

123recht.de: Wenn ich manche Sachen nicht machen darf, muss ich dann Tätigkeiten machen, die nicht meiner Anstellung entsprechen?

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Schwangere dürfen solche Tätigkeiten nicht ausführen, die ihre Gesundheit oder die des ungeborenen Kindes gefährden. Ersatzweise sind dann vielleicht Tätigkeiten auszuüben, die sich von der bisherigen Tätigkeit unterscheiden, jedoch nur, soweit die Ersatztätigkeit von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen erfasst wird und gleichwertig im Verhältnis zur bisherigen Tätigkeit ist.

In diesen Fällen muss der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin eine Ersatztätigkeit nach billigem Ermessen konkret zuweisen. Zulässig könnte es zum Beispiel sein, eine Mitarbeiterin, die zuvor in einem Supermarkt vorwiegend Regale eingeräumt hat, an der Kasse einzusetzen. Genauso könnte man eine Mitarbeiterin, die zuvor auf einem Beförderungsmittel tätig war, im Fahrkartenverkauf beschäftigen. Es muss aber immer unter Berücksichtigung aller Umstände eine Einzelfallentscheidung getroffen werden.

123recht.de: Was hat es mit dem Beschäftigungsverbot auf sich?

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Die im Gesetz konkret benannten Regelungen zu denjenigen Tätigkeiten, mit denen Schwangere nicht beschäftigt werden dürfen, stellen Beschäftigungsverbote dar. Wenn für den bisherigen Arbeitsplatz aufgrund der Schutzvorschriften ein solches Beschäftigungsverbot gegeben ist, muss der Arbeitgeber der Schwangeren einen anderen, gleichwertigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Ist dem Arbeitgeber dieses nicht möglich, so ist die Schwangere bei Fortzahlung ihres bisherigen Arbeitsentgeltes von der Arbeit freizustellen.

Allgemein wird unter dem Begriff des Beschäftigungsverbots der Fall verstanden, dass der behandelnde Arzt der Schwangeren bescheinigt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht beschäftigt werden kann. Eine solche Bescheinigung führt zu einem Beschäftigungsverbot, wenn nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist.

Arzt benötigt möglichst genaue Beschreibung des Arbeitsplatzes

Auch ein individuelles Beschäftigungsverbot führt dazu, dass die Schwangere bezahlt freizustellen ist, wenn andere Tätigkeiten nicht in Betracht kommen. Da es für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung tatsächlich Gefahren für die Gesundheit mit sich bringt, ganz erheblich auf die Art der Beschäftigung ankommt, ist der Schwangeren zu raten, dem behandelnden Arzt eine möglichst genaue Beschreibung des Arbeitsplatzes und der zu verrichtenden Arbeiten zukommen zu lassen.

Auch während der Schwangerschaft und sogar auch wegen der Schwangerschaft kann eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit bestehen. Liegt nicht nur eine Gefährdung der Gesundheit vor, sondern ist die Schwangere bereits aufgrund einer Beeinträchtigung bereits nicht mehr in der Lage, die Arbeit zu erbringen, liegt ein Fall der Arbeitsunfähigkeit und nicht einer des Beschäftigungsverbots vor. In diesem Fall muss die Schwangere selbstverständlich auch nicht arbeiten. Von ihrem Arbeitgeber erhält sie dann jedoch nur die übliche Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (sechs Wochen).

Während Mutterschutzfrist dürfen Schwangere überhaupt nicht beschäftigt werden

123recht.de: Wann greift die Mutterschutzfrist und wie genau funktioniert das mit dem Mutterschutzgeld?

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Die Mutterschutzfrist beginnt sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin und endet acht Wochen nach der Entbindung. In diesen Zeiten dürfen Schwangere bzw. Mütter grundsätzlich überhaupt nicht beschäftigt werden. Bei Mehrlings- oder Frühgeburten endet die Schutzfrist sogar erst zwölf Wochen nach der Entbindung. Ab Beginn der Mutterschutzfrist ist eine Beschäftigung nur noch ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Schwangere selbst dieses ausdrücklich wünscht. Der einmal erklärte Wunsch kann jederzeit widerrufen werden. Nach der Entbindung herrscht ein absolutes Beschäftigungsverbot.

Während des Mutterschutzes besteht ein Anspruch auf Zahlung von Mutterschaftsgeld. Dieses muss die werdende Mutter unter Vorlage einer Bescheinigung des Arztes über die Schwangerschaft bei ihrer Krankenversicherung beantragen, wenn sie gesetzlich versichert ist. Im Fall der privaten Krankenversicherung ist der Antrag bei der Mutterschaftsgeldstelle beim Bundesversicherungsamt zu stellen. Der entsprechende Vordruck kann im Internet heruntergeladen werden.

123recht.de: Muss der Arbeitgeber das Mutterschutzgeld aufstocken oder kann er? Wie ist das bei mehreren Arbeitgebern?

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Der Arbeitgeber muss einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zahlen, wenn das durchschnittliche kalendertägliche Nettoentgelt der letzten 3 Monate vor Beginn der Schutzfrist 13 € übersteigt. Diesen Zuschuss erhalten auch die Arbeitnehmerinnen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind.

Bestehen zu Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung mehrere Arbeitsverhältnisse, so sind die aus jedem Arbeitsverhältnis zu ermittelnden kalendertäglichen durchschnittlichen Beträge zu addieren. Dies gilt selbst dann, wenn ein oder mehrere Arbeitsverhältnisse krankenversicherungsfrei sind.

Bei gleichzeitigem Bezug von Elterngeld reduziert sich die Laufzeit

123recht.de: Wie und wo muss ich Elterngeld beantragen, wenn Partner die Elternzeit splitten, vielleicht sogar mehrfach?

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Das Elterngeld ist grundsätzlich bei den zuständigen Elterngeldstellen der Kreise und kreisfreien Städte mit den hierfür vorhandenen Formularen zu beantragen. Diese sind im Internet erhältlich. Der Antrag kann höchstens für drei Monate rückwirkend gestellt werden. Die drei Monate werden ab dem Tag des Eingangs des Antrags bei der Behörde gerechnet. Grundsätzlich kann ein Elternteil höchstens für 12 Monate Elterngeld beantragen. Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge haben die Eltern nur, wenn auch der andere Elternteil mindestens zwei Monate lang Elterngeld bezieht und in dieser Zeit nicht mehr als durchschnittlich 30 Stunden in der Woche erwerbstätig ist. Außerdem muss sich bei einem der beiden Elternteile das Erwerbseinkommen vermindern.

Bis zum 14. Lebensmonat des Kindes gibt es für jeden Monat einen Monatsbetrag, insgesamt also maximal vierzehn. Die Eltern können die Anzahl der Monatsbeträge bis auf die zwei Partnermonate frei untereinander aufteilen. Sie können Elterngeld nacheinander oder gleichzeitig in Anspruch nehmen. Bei gleichzeitigem Bezug reduziert sich aber die Laufzeit entsprechend. Die Zeit, in der die Mutter Mutterschaftsgeld einschließlich Arbeitgeberzuschuss bezieht, wird auf die Zeit, für die der Mutter Elterngeld zusteht, angerechnet, auch wenn sie für die Dauer der Schutzfrist kein Elterngeld beantragt.

123recht.de: Wie wird das Elterngeld in der Elternzeit berechnet? Welche Einnahmen werden hier alles berücksichtigt? Welche Einkünfte habe ich noch, wenn ich länger als Elterngeld gezahlt wird, in Elternzeit bleibe?

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Wenn in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes keine Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielt worden sind, steht ein Mindestbetrag von monatlich 300 € zu.

Sofern das Elterngeld aus einem vorangegangenen Erwerbseinkommen berechnet werden soll, beträgt dieses in der Regel 67 % des durchschnittlichen Nettoeinkommens aus dem 12-Monatszeitraum vor der Geburt bzw. vor der Mutterschutzfrist, höchstens aber 1.800,00 €. Als Berechnungsgrundlage gilt nur das zu versteuernde Einkommen. Steuerfreie Zuschläge aus Sonntags- oder Nachtarbeit fließen nicht in die Berechnung des Elterngelds ein.

Mutterschaftsgeld wird auf Elterngeld angerechnet

Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss sowie beamtenrechtliche Bezüge werden auf das Elterngeld angerechnet. Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) werden grundsätzlich angerechnet. Wer aber vor der Geburt gearbeitet und nur ergänzend Arbeitslosengeld II bezogen hat, bekommt einen Teil des Elterngelds zusätzlich zum Arbeitslosengeld II. Dieser Teil entspricht der Höhe des durchschnittlichen Monatseinkommens vor der Geburt, beträgt aber höchstens 300 €. Das Elterngeld ist steuer- und beitragsfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt.

Nach der Auszahlung des Elterngeldes kann eine Teilzeitbeschäftigung aufgenommen werden. In Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten besteht ein Anspruch auf Teilzeiterwerbstätigkeit zwischen 15 und 30 Wochenstunden, wenn keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen, das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung länger als 6 Monate besteht und der Anspruch dem Arbeitgeber mindestens 7 Wochen im Voraus schriftlich mitgeteilt wird.

Im Übrigen besteht ein Anspruch auf Kindergeld, das bei der Familienkasse beantragt wird. Darüber hinaus besteht im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Kindesvaters ein Anspruch auf Zahlung von Kindes- und Betreuungsunterhalt gegen diesen. Selbstverständlich können bei Vorliegen der Voraussetzungen auch Sozialleistungen beantragt werden.

123recht.de: Was bedeutet Progessionsvorbehalt?

Rechtsanwältin George-Jakubowski: Der Progressionsvorbehalt bezeichnet die gesetzliche Regelung, dass gewisse steuerfreie Einkünfte durch die Wirkung der Progression den für die steuerpflichtigen Einkünfte maßgeblichen Steuersatz erhöhen können und dann indirekt trotz Steuerfreiheit zu einer Erhöhung der Steuerschuld führen. Dieses kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Ehegatte steuerpflichtige Einkünfte hat oder im Geburtsjahr vor dem Elterngeld noch weitere steuerpflichtige Einkünfte erwirtschaftet wurden.

123recht.de: Vielen Dank!

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