Wird die Fehlende Rendite bei Kapitallebensversicherungen durch intransparente Standmitteilungen kaschiert?

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Mitteilungen entsprechen nicht dem Informationsbedarf der Verbraucher

Die sogenannten Standmitteilungen, die jedes Jahr mehr als 30 Millionen deutsche Versicherte von ihren Kapitallebensversicherungen über den angeblichen Stand ihrer Kapitallebensversicherung erhalten, sind in Teilen ein einziges Ärgernis und oft bewusst nichtssagend. Eigentlich sollen die Kunden damit über die Höhe des Vorsorgevermögens der Kapitallebensversicherung informiert werden. Tatsächlich kann aus vielen Standmitteilungen, der tatsächliche Stand der Kapitalanlage gar nicht erst entnommen werden. Doch diese Intransparenz der Kapitallebensversicherungen hat oftmals einen Grund: nicht gerade wenige Kapitallebensversicherungsverträge erwirtschaften kaum noch Rendite und ob der Kunde seine eingezahlten Beträge zurückerhält und welche Verzinsung (Rendite) hierauf entfällt oder auch nicht, darf man bei einigen Verträgen aus Verbrauchersicht getrost hinterfragen. Möchten Kapitallebensversicherer etwa verhindern, dass der Kunde durch einen einfachen Blick die Summe seiner eingezahlten Beträge mit dem tatsächlichen Stand seines Kapitals vergleichen kann? Dies könnte im Einzelfall dazu führen, dass Kunden fluchtartig die Versicherung verlassen.

Welche Kritik richtet sich an Kapitallebensversicherungen?

Das etablierte Produkt der kapitalbildenden Lebensversicherung, welches – je nach Versicherungsgesellschaft – teilweise auch unter anderen Bezeichnungen daherkommt (z. B. Fondsrente etc.), hat in den 1980er Jahren noch gute Renditen beschert. Doch diese Zeiten sind vorbei. Seit rund 20 Jahren sind die Erträge für Versicherungskunden stark zurückgegangen. Deshalb stehen insbesondere Verbraucherzentralen Kapitallebensversicherungen eher kritisch gegenüber. Die weitgehend unattraktiven Renditen, sofern sich solche überhaupt erzielen lassen, spiegelt sich teilweise auch in der Statistik der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wieder. In Deutschland verringerte sich im Jahre 2014 der Bestand an Kapitallebensversicherungsverträgen um 6,1 % gegenüber seinem Anfangsbestand (von 25,135 Mio. auf 23,569 Mio. kapitalbildende Lebensversicherungsverträge).

Ulrich Schulte am Hülse
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Welche Kritik richtet sich an ungenügende Standmitteilungen?

Die Standmitteilungen von Kapitallebensversicherungen, die die circa 25 Mio. Vertragspartner in Deutschland jedes Jahr erhalten, sind teilweise ungenügend und gehen am Informationsbedarf der Verbraucher vorbei. Die Standmitteilungen zu rund 900 Kapitallebensversicherungsverträgen hatte zuletzt die Verbraucherzentrale Hamburg auf ihren Informationsgehalt und die Verständlichkeit hin untersucht und im Juli 2016 ihren Bericht vorgestellt. Insgesamt wurde dabei mindestens eine Standmitteilung von 48 der rund 90 Lebensversicherer in Deutschland untersucht und ausgewertet. Diese Gesellschaften vereinen 89 Prozent des gesamten Bruttoumsatzes der Branche. Nach dieser Untersuchung erfüllt nicht einmal ein Viertel der untersuchten Standmitteilungen auch nur die gesetzlichen (Mindest-) Vorgaben vollständig.

Über die unklaren Begrifflichkeiten könnte man hinwegsehen…

Kritik und die fehlende Transparenz beginnt schon bei der keineswegs einheitlichen Begrifflichkeit. So heißen einige Standmitteilungen entweder Standblatt oder Werteblatt oder Überschussmitteilung oder Unterrichtung oder einfach nur Kontoauszug. Könnte man darüber noch hinwegsehen, so heißen aber auch die Überschüsse mal Bonusguthaben, mal Gewinnanteil oder auch einfach nur Ansammlungsguthaben.

… wenn nicht noch tiefgreifende Unklarheiten und fehlende Angaben hinzukämen

Über die fehlende Transparenz bei einer unklaren Begrifflichkeit könnte man hinwegsehen, wenn nicht noch weit größere Unklarheiten und sogar fehlende Angaben hinzukämen.

Das beginnt bei der Summe der Einzahlungen, die der Kunde bis zum Stichtag der Standmitteilung bislang in den Vertrag eingezahlt hat. Zwar könnte der Kunde sich diesen Betrag, auch relativ umständlich, selbst ausrechnen. Jedoch ist dies gerade bei Kapitallebensversicherungen, bei denen oft eine dynamische Beitragsanpassung vereinbart wird und die jeweiligen Beiträge deshalb in der Höhe regelmäßig wechseln, gar nicht so einfach. Die Summe der Einzahlungen war in keiner einzigen der von der Verbraucherzentrale Hamburg untersuchten Standmitteilungen aufgeführt.

Die Intransparenz geht weiter über die Ablaufleistungen. Dies ist der Betrag, der dem Kunden ausgezahlt wird, wenn er den Vertrag nicht kündigt und er seine Beiträge weiterhin zahlt. Ob der Versicherer als Ablaufleistung eine garantierte Summe oder eine Prognose nennen sollte, ist gesetzlich nicht geregelt. Zwei der 68 von der Verbraucherzentrale Hamburg untersuchten Standmitteilungen enthielten überhaupt keine Angaben zur Ablaufleistung.

In 14 der 68 von der Verbraucherzentrale Hamburg untersuchten Standmitteilungen wurde der Kunden über die garantierten Überschüsse bei Ablauf im Unklaren gelassen. Bringt das eingezahlte Kapital mehr als die Mindestverzinsung, so muss der Versicherer die Kunden daran beteiligen. Ob Überschüsse gezahlt werden und wie hoch sie sind, sollte der Verbraucher in der Standmitteilung erfahren.

In vier von der Verbraucherzentrale Hamburg untersuchten Standmitteilungen wurde die Todesfallleistung nicht genannt. Todesfallleistung ist der Betrag der an die Erben ausgekehrt wird, wenn die versicherte Person während der Laufzeit des Vertrages stirbt.

Auch die garantierten Ablaufleistungen wurden, so das Ergebnis der Untersuchungen der Verbraucherzentrale Hamburg, in sechs der 68 untersuchten Standmitteilungen nicht angegeben. Eine informative Standmitteilung sollte den Versicherten jedoch darüber informieren, wie wie viel er am Ende garantiert ausbezahlt bekommt, wenn er den Vertrag bis zum Ende durchhält.

In 14 der 68 untersuchten Standmitteilungen wurde zudem nicht die Höhe des Rückkaufswertes (bei Kündigung) angegeben. Auch wie hoch die Ablaufleistung ist, wenn der Vertrag beitragsfrei gestellt wird, erfahren die Versicherten nur in 20 der 68 untersuchten Standmitteilungen.

Dr. Ulrich Schulte am Hülse,
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