Änderungen im Wehrbeschwerderecht

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Jeder Soldat weiß, dass er das Recht hat, sich förmlich zu beschweren, wenn er glaubt, durch Vorgesetzte, Kameraden oder Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt worden zu sein. Die rechtlichen Grundlagen hierfür liefert die Wehrbeschwerdeordnung (WBO). Zum 01.02.2009 tritt eine Neufassung der Wehrbeschwerdeordnung in Kraft. Zwar sind regelmäßige Änderungen in Gesetzestexten nichts ungewöhnliches, doch die aktuelle Neufassung der Wehrbeschwerdeordnung ist - zumindest in Teilen - so weitgreifend, dass es sich lohnt, einmal einen Blick darauf zu werfen.

Es würde den Rahmen sprengen, alle Änderungen darzustellen. Ich beschränke mich daher auf die wichtigsten und die für die Praxis relevantesten Änderungen.

Neue Beschwerdefrist:

Bisher konnte der Soldat frühestens nach Ablauf einer Nacht, jedoch nur innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erlangt hat, eine Beschwerde einlegen. Diese Frist wurde nunmehr von zwei Wochen auf einen Monat verlängert. Hierdurch hat sich die Wehrbeschwerdeordnung dem allgemeinen Verwaltungsrecht angeglichen. Dort ist die Monatsfrist für Widersprüche und auch in anderen Bereichen bereits seit jeher üblich.

Erweiterte Prüfungspflicht des Vorgesetzten:

Der Vorgesetzte, der über eine Beschwerde zu entscheiden hat, ist nunmehr verpflichtet, zu prüfen, ob ein sofortiger Handlungsbedarf besteht. Er muss also beispielsweise umgehend entscheiden, ob etwa die Ausführung eines mit der Beschwerde angegriffenen Befehls oder die Vollziehung einer anderen dienstlichen Maßnahme bis zur Entscheidung über die Beschwerde auszusetzen ist oder nicht.

Kostenentscheidung:

In jedem Beschwerdebescheid muss nunmehr durch den entscheidenden Vorgesetzten eine Kostenentscheidung getroffen werden. Das Beschwerdeverfahren selbst war und bleibt zwar kostenfrei, allerdings wenden sich viele Soldaten hilfesuchend an einen Rechtsanwalt, insbesondere dann, wenn es sich um dienstrechtlich schwierige Sachverhalte oder um sonstige für den Soldaten bedeutsame Maßnahmen handelt. Die Vertretung im Beschwerdeverfahren musste bisher stets von dem Soldaten selbst gezahlt werden, auch dann, wenn er mit seinem Anliegen durchgedrungen ist und seiner Beschwerde stattgegeben wurde.

Dies hat sich nun geändert. Der Beschwerdebescheid muss nunmehr eine Entscheidung darüber beinhalten, ob die Vertretung durch einen Bevollmächtigten notwendig war oder nicht. Wird die Notwendigkeit bejaht, so müssen bei einer stattgebenden Beschwerde die Kosten für den Bevollmächtigten dem Bund auferlegt werden. Gegen eine für den Soldaten negative Kostenentscheidung hat dieser die Möglichkeit, das Truppendienstgericht anzurufen. Unter welchen Bedingungen und in welchen Fällen künftig die Kosten für eine anwaltliche Vertretung übernommen werden, wird jedoch erst die Praxis zeigen.

Selbständiger Anruf des Truppendienstgerichts:

Ist sowohl die Beschwerde wie auch eine weitere Beschwerde erfolglos geblieben, kann der Soldat nunmehr selbständig innerhalb eines Monats einen Antrag beim Truppendienstgericht auf gerichtliche Entscheidung stellen. Bisher war dies nicht möglich, vielmehr konnte der Soldat lediglich einen entsprechenden Antrag bei dem für die Beschwerde zuständigen Vorgesetzten stellen, welcher den Antrag dann mit einer eigenen Stellungnahme an das Truppendienstgericht weiterleitete.

Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Truppendienstgerichts:

Völlig neu ist die Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Truppendienstgerichts. War in der Vergangenheit eine truppendienstgerichtliche Entscheidung in einer Wehrbeschwerdesache endgültig, so wird nunmehr dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, die Entscheidung des Truppendienstgerichts vor dem Bundesverwaltungsgericht anzufechten. Somit wurde eine zusätzliche Instanz in Wehrbeschwerdeangelegenheiten geschaffen.

Einschränkend ist hier jedoch zu betonen, dass die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde entweder von vorne herein durch das Urteil des Truppendienstgericht eingeräumt, oder aber die Zulässigkeit zunächst vorab beim Bundesverwaltungsgericht erstritten werden muss. Allerdings ist dies auch im zivilen Verwaltungsgerichtsverfahren üblich.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die neue Wehrbeschwerdeordnung viele Neuerungen bietet, die im Interesse der Beschwerdeführer liegen. Die Rechte des Soldaten wurden signifikant verstärkt. Die verlängerten Fristen, die Möglichkeit der Kostenübernahme durch den Bund sowie die zusätzliche Rechtsmittelinstanz sprechen eine deutliche Sprache.

Es kann daher mit Spannung verfolgt werden, wie sich die Neuregelungen in der Praxis beweisen.