Unwirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

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Klauseln in AGB von Mobilfunkanbietern

Wirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Mobilfunkverträge

a)      „Der Mobilfunkanbieter ist berechtigt, die Leistung von der Einhaltung eines Kreditlimits abhängig zu machen. Bei der Überschreitung des Kreditlimits ist der Mobilfunkanbieter berechtigt, seine Mobilfunkkarte(n) ganz oder teilweise  zu sperren, …“.

Satz 2 dieser Klausel ist unwirksam. Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist der Mobilfunkanbieter berechtigt, seine Leistungen von der Einhaltung eines Kreditlimits abhängig zu machen. Kunden, deren Bonität der Mobilfunkanbieter für zweifelhaft erachtet, räumt er die Möglichkeit, das Mobilfunknetz zu nutzen, nur im Rahmen eines bestimmten, in der Regel mit der Vertragsannahmeerklärung mitgeteilten Betrags ein. Satz 2 der Klausel soll es dem Mobilfunkanbieter ermöglichen, die Mobilfunkkarte bei Überschreitung des Kreditlimits ganz oder teilweise ohne vorherige Ankündigung sofort zu sperren. Die Klausel stellt entgegen Treu und Glauben eine unangemessene Benachteiligung der Kunden des Mobilfunkanbieters dar und ist daher gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Bei der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung ermöglicht die Bestimmung dem Mobilfunkanbieter die Einstellung seiner Leistungen, ohne dass sein Vertragspartner sich hierauf einzurichten und diese abzuwenden vermag. Dies ist mit dem Vertragszweck unvereinbar. Die Sperre soll bei Überschreiten des Kreditlimits sofort und ohne Ankündigung zulässig sein. Wird dies so vollzogen, ist es möglich, dass der Vertragspartner ohne eigene Nachlässigkeit von der Sperre überrascht wird. Angesichts der Vielzahl der möglichen Tarife, die unter anderem je nach Tageszeiten, Wochentagen, dem Ausgangs- und Zielland des Anrufs, dem Zielnetz (Festnetz, Netz des Mobilfunkanbieters, Netze anderer Mobilfunkbetreiber), der Inanspruchnahme des so genannten Roamings, der Kombination mit unterschiedlichen Pauschalangeboten (Flatrates) sowie bei Sonderrufnummern nach der jeweiligen Nummerngasse variieren können, ist dem durchschnittlichen Kunden eine auch nur halbwegs zuverlässige Übersicht, wann die von dem Mobilfunkanbieter eingeräumte Kreditlinie erreicht wird, oftmals nicht möglich. Wird er nicht rechtzeitig, etwa durch eine automatische Ansage, hiervor gewarnt, kann er deshalb mit der nach der Klausel ohne Ankündigung möglichen Sperre unerwartet konfrontiert und von der Telekommunikation abgeschnitten werden, zumal der Mobilfunkanbieter auch die Befugnis für sich in Anspruch nimmt, nachträglich ein Kreditlimit einzuführen oder herabzusetzen. Dem Kunden wird hierdurch die Gelegenheit genommen, dies, etwa durch sparsameres Telefonierverhalten oder durch Rückführung des in Anspruch genommenen Kredits, zu verhindern. Dies aber gefährdet den Vertragszweck, dem Kunden im Rahmen des vereinbarten Vertragsumfangs einen verlässlichen Zugang zu den Fernkommunikationsdienstleistungen des Mobilfunkanbieters zu verschaffen.

b)      „Der Mobilfunkanbieter kann seine Leistungen jederzeit von der Stellung einer angemessenen Sicherheit in Form einer verzinslichen Kaution oder einer Bürgschaft eines in der EU ansässigen Kreditinstituts abhängig machen, wenn bekannt wird, dass der Kunde mit den Verpflichtungen aus anderen bestehenden oder früheren Verträgen im Rückstand ist.“

c)       „Der Mobilfunkanbieter ist zur Verhängung einer teilweisen oder vollständigen Sperre der Inanspruchnahme von Mobilfunkdienstleistungen ohne Ankündigung und Einhaltung einer Wartefrist berechtigt,

wenn es zu einer Rücklastschrift beim Einzug von Forderungen kommt, es sei denn, der Kunde hat die Rücklastschrift nicht zu vertreten.

wenn der Kunde sich in Zahlungsverzug befindet.“

Diese Bestimmungen räumen dem Mobilfunkanbieter auch dann ein Leistungsverweigerungsrecht ein, wenn sich der Kunde mit deutlich weniger als 75,- € im Zahlungsrückstand befindet. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Mobilfunkanbietern, die Ihnen ein Leistungsverweigerungsrecht-technisch vollzogen in Form einer so genannten Sperre-auch in Fällen zuerkennen, in denen der Kunde mit deutlich weniger als 75,- € im Zahlungsverzug ist, nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Bei Telefonfestnetzverträgen ist gemäß § 45k Abs. 2 Satz 1 TKG eine Sperre bei Zahlungsverzug des Kunden nur zulässig, wenn dieser Mindestbetrag erreicht ist. Zwar ist diese Bestimmung nicht unmittelbar auf Mobilfunkverträge anwendbar. Gleichwohl ist die Wertung des Gesetzgebers für Telefondienstleistungsverträge im Festnetzbereich auf die Beurteilung der Angemessenheit Allgemeiner Geschäftsbedingungen für den Mobilfunkbereich zu übertragen. Demgemäß sind die unter c) genannten Klauseln ohne weiteres unwirksam, da sie eine Sperre unabhängig von der Höhe des Zahlungsrückstands des Kunden zulassen. Auch die Klausel b) ist nach diesen Maßstäben unwirksam. Diese Bestimmung lässt über den Umweg der Forderung, eine Sicherheit zu stellen, ebenfalls zu, dass der Mobilfunkanbieter die Erbringung der ihm obliegenden Leistungen verweigert, auch wenn der Kunde mit erheblich weniger als dem in § 45 Abs. 2 Satz 1 TKG statuierten Betrag im Verzug ist. Der Mobilfunkanbieterkönnte einen geringeren Zahlungsrückstand zum Anlass nehmen, von dem Kunden eine Kaution oder Bürgschaft zu verlangen. Kommt er diesem Ansinnen nicht nach, wäre der Mobilfunkanbieter nach der Klausel zur Leistungsverweigerung/Sperre berechtigt. Auch dies widerspricht dem in § 45 Abs. 2 Satz 1 TKG zum Ausdruck gekommenen Grundgedanken, dass der Anbieter von Telekommunikationsleistungen einen Zahlungsrückstand seines Kunden bis zu der in der Vorschrift bestimmten Summe hinnehmen muss, ohne zur Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrecht befugt zu sein.

Quelle: BGH, Urteil vom 09.06.2011, Az. III ZR 157/10