Personalkosteneinsparung als Folge der Kündigung bei kurzfristigen Masse-Werkverträgen

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Schlussabrechnung nach gekündigtem Werkvertrag: Flexibler Personaleinsatz im Konzern macht die bloße Behauptung, keine Personalkosten eingespart zu haben, unschlüssig.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem Hinweisbeschluss vom 16.04.2013 zu einem der vielen Verfahren nach der Kündigung eines Internet-System-Vertrags klargestellt:
Die bloße Behauptung, der Werkunternehmer habe nur fest angestelltes Personal, das auch bei einer Vertragskündigung voll weiterbezahlt werden muss, befreit nicht in jedem Fall von der Verpflichtung, schlüssig und detailliert zu der Möglichkeit eines anderweitigen Erwerbs vorzutragen.

Nach einer freien Kündigung eines Werkvertrags, hier über Webdesignleistungen gemäß § 649 BGB, hat die Bestellerin der Werkleistung die vereinbarte Vergütung zu zahlen. Dabei muss die Werkunternehmerin, hier Webdesignerin, Einsparungen infolge des Abbruchs der Werkerstellung auf ihre Forderung anrechnen (also von ihr abziehen muss). Beim Webdesign können das freilich fast ausschließlich Personalkosten sein.

Stefan Musiol
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Konzernweiter Mitarbeitereinsatz und Auskunftspflichten des Unternehmers

Umstritten ist dabei, ob der Unternehmer auch Personalkosten abziehen muss, wenn er das fest angestellte Personal für andere Aufträge einsetzt und welche Auskunftspflichten diesbezüglich bestehen.

Dazu haben die Richter des 5. Zivilsenats nun eine weitere Leitlinie erstellt:

Setzt der Werkunternehmer Mitarbeiter konzernweit, also auch bei Tochtergesellschaften durch Mitarbeiterüberlassung ein, muss er in jedem Fall auf Anforderung des Bestellers Auskunft erteilen, wie viele Internet-System-Verträge pro Jahr kalkuliert werden, wie hoch der Zeitaufwand ist, wie viele Mitarbeiter (aufgeteilt nach fester und freier Beschäftigung) im Vertragszeitraum beschäftigt waren, welches Arbeitszeitkontingent zur Verfügung steht, wie viele Aufträge durchgeführt und gekündigt worden sind und für welche Tochtergesellschaften die zur Abwicklung der Internet-System-Verträge eingeplanten Mitarbeiter mit welchem Aufgabenfeld und Zeitaufwand im Vertragszeitraum tätig waren.

Folge mangelhafter Datenpreisgabe: Schlussabrechnung wird als unschlüssig angesehen

Gibt er diese Daten nicht preis, wird seine Schlussabrechnung unschlüssig. Das würde bedeuten, dass er keine Zahlung oder nur 5% der Vertragssumme, § 649 Satz 3 BGB, verlangen kann.

Warum auch bei einem Einsatz von fest angestellten Mitarbeitern eine Unternehmerin nicht generell darlegen und nachweisen muss, dass es infolge der Kündigung tatsächlich Leerlaufzeiten beim Personal gab, erschließt sich nicht. Denn was bei einem kleineren Bauunternehmen anzunehmen ist, das sein Personal kaum von einem Bauprojekt sofort auf ein anderes umplanen kann und auch nicht sofort einen Füllauftrag erhalten dürfte, ist bei größeren Unternehmen nahezu auszuschließen. Sie nehmen ständig Aufträge an, ob in der Gesellschaft oder konzernweit, und schieben eingehende Aufträge regelmäßig auch über Tage, um eine Vollauslastung der Mitarbeiter zu erreichen. Überkapazitäten gibt es bekanntlich nicht, sondern regelmäßig Personalmangel. Eine Webseitenerstellung, die in wenigen Stunden erledigt ist, kann auch nicht mit Werkverträgen über Bauleistungen, die Tage und Wochen binden, verglichen werden.

Insofern kann bei einer realitätsnahmen Bewertung des Sachverhalts die Vorgabe gelten, dass bei kurzfristigen, in Masse erledigten Werkverträgen im Zweifel von der Einsparung der Personalkosten auszugehen ist, wenn der Unternehmer nichts anderes nachweisen kann.

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