Kostenübernahme für Medikament durch Krankenkasse bei Aussicht auf positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf

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Kostenübernahme für Chemotherapie mit aus Kanada beschafften Arzneimittel Tumodex

Weitest gehend unbekannt ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 –1 BvR 347/98 (immunbiologische Therapie bei Duchenne´scher Muskeldystrophie):

Das BVerfG hatte entschieden, dass Versicherte in besonderen Ausnahmesituationen das Recht haben, sich auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung auch mit nicht allgemein in Deutschland anerkannten Methoden ärztlich behandeln zu lassen.

Mit Urteil vom 04. April 2006 (Az: B 1 KR 7/05 R) hat das Bundessozialgericht (BSG) erstmals diese Rechtsprechung umgesetzt.

Zu entscheiden war über die Behandlung einer an Krebs erkrankten Versicherten.

Der Versicherten war im Darmbereich ein Karzinom entfernt worden und es gab für die Nachbehandlung keinen Wirkstoff, da das zur Nachbehandlung zugelassene Medikament bei der Versicherten starke Nebenwirkungen auslöste. Die Therapie musste abgebrochen werden.

Das BSG hatte im Anschluss die Krankenkasse zur Kostenübernahme des Mittels Tomudex verurteilt. Dieses Arzneimittel ist in Deutschaland und auch bei der EU-Zulassungsbehörde nicht zugelassen.

Es wurde im Einzelimport aus Kanada beschafft, wo es eine Zulassung besitzt.

Da die Behandlung nach Auffassung des BSG eine „auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" bot, wurde die Krankenversicherung zur Übernahme der Kosten für dieses Medikament verurteilt.

Keine Kostenübernahme bei Behandlungsalternative mittel seiner medizinische Standardtherapie

In einem weiteren am 04.04.2006 entschiedenen Fall (B 1 KR 12/05 R) hatte das BSG allerdings den Anspruch eines an einem lokal begrenzten Prostata-Karzinom leidenden Versicherten auf Gewährung einer 2002 ambulant-ärztlich durchgeführten so genannte permanenten Brachytherapie verneint.

Bei dieser Therapieform werden strahlende Jodteilchen lebenslang in den Körper eingesetzt.

Für die Behandlung stand hier mit der Prostataektomie eine medizinische Standardtherapie zur Verfügung. Hinweise auf Metastasierungen gab es beim Versicherten nicht. Eine positive Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur sog. Permanenten Brachytherapie lag nicht vor ohne dass dies auf zögerlich betriebenes Anerkennungsverfahren zurückzuführen war.

Fazit:

Wird eine Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt und hat der Versicherte der Therapie nach entsprechender ärztlicher Aufklärung trotz zu befürchtender Gefahren und Nebenwirkungen ausdrücklich zugestimmt, darf die Krankenkasse die Leistung nicht verweigern.


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