Bundesgerichsthof: Unkündbarkeit von Kostenausgleichsvereinbarungen bei "Nettopolicen" unzulässig

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Belehrung muss Hinweis enthalten, dass bei Widerruf einer Nettopolice auch die Kostenausgleichsvereinbarung widerrufen wird

Die Unkündbarkeit einer Kostenausgleichsvereinbarung in Zusammenhang mit einem Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag (sog. "Nettopolice") ist unwirksam - BGH, Urteil vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs benachteiligt eine Regelung, dass eine Kostenausgleichsvereinbarung trotz Kündigung des in Verbindung stehenden Lebens- oder Rentenversicherungsvertrages unkündbar sein soll, den Versicherungsnehmer unangemessen. Eine solche Klausel ist daher unwirksam. Das bedeutet, dass ein Versicherung zusammen mit der Kündigung seines Versicherungsvertrages aus die Kündigung oder ggfls. den Widerruf der Kostenausgleichsvereinbarung aussprechen kann.

Ein Widerruf ist dann möglich, wenn die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen ist. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung des Versicherungsnehmers stattgefunden hat. Der BGH hat im vorliegenden Fall entschieden, die Belehrung müsse einen Hinweis darauf enthalten, dass bei einer Nettopolice im Falle eines Widerrufs auch die Kostenausgleichsvereinbarung widerrufen werde.

Zum Hintergrund:

Nettopolicen sind Versicherungspolicen, in deren Prämie kein Provisionsanteil für die Vermittlung des Vertrages enthalten ist. Im Gegenzug hierzu verpflichtet sich der Versicherungsnehmer über eine gesonderte Honorarvereinbarung, die Vermittlungsprovision an den Vermittler zu bezahlen. Es werden also rechtlich gesehen zwei verschiedene Verträge geschlossen.

Meist wird hierbei von den Versicherungsnehmern übersehen, dass in den Kostenausgleichsvereinbarungen ein Kündigungsausschluss geregelt ist. Die Vereinbarung ist fest auf eine gewisse Zeit (z.B. fünf Jahre) abgeschlossen und kann vorzeitig entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen nicht aufgelöst werden. Dies stellt man dann fest, wenn der Versicherungsvertrag gekündigt wird und man die Mitteilung erhält, es müsse weiter gezahlt werden.

Der in den Kostenausgleichsvereinbarungen geregelte Kündigungsausschluss war bereits oftmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Die Wirksamkeit wurde unterschiedlich beurteilt.

Diesen Streit hat der BGH nun beendet und entschieden, dass ein solcher Kündigungsausschluss den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist. Bei einem "normalen" Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag könne es zwar dazu kommen, dass bei frühzeitiger Kündigung noch kein nennenswerter Rückkaufswert im Vertrag enthalten ist. Es könne jedoch nie zu einer Nachschusspflicht kommen. Dies sei im Falle einer unkündbaren Kostenausgleichsvereinbarung anders, da der Versicherungsnehmer hier unter Umständen mit Verbindlichkeiten belastet wird, die über dem Rückkaufswert liegen.

Der BGH hat weiterhin entschieden, dass im vorliegenden Fall die Widerrufsbelehrung nicht korrekt war, da ein Hinweis darauf fehlte, dass die Kostenausgleichsvereinbarung bei Ausspruch des Widerrufs ebenfalls widerrufen werde. Konsequenz einer unzureichenden Widerrufsbelehrung ist, dass die Frist nicht zu laufen beginnt. Das bedeutet, dass man - unter Umständen auch nach längerer Zeit - einen Versicherungsvertrag noch widerrufen kann.
BGH, 12. März 2014 - IV ZR 295/13

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