Zur Frage des Fahrverbots wegen beharrlicher Pflichtverletzung

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Mit der Frage der Voraussetzungen einer „beharrlichen Pflichtverletzung" hatte sich das Oberlandesgericht Bamberg als Rechtsmittelgericht in einem 2007/2008 geführten Verfahren zu befassen. Dem Verfahren lag der nachfolgende Sachverhalt zu Grunde:

Gegen den Betroffenen erging im Mai 2007 ein Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h bei einer zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h.

Wegen drei Voreintragungen im Verkehrszentralregister wurde eine erhöhte Geldbuße von 100,-- € sowie darüber hinausgehend ein Fahrverbot verhängt. Bei den Voreintragungen handelt es sich:

  1. um einen seit Juli 2004 rechtskräftigen Bußgeldbescheid wegen Abstandsunterschreitung;
  2. um einen seit September 2004 rechtskräftigen Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h; geahndet u.a. mit einem Fahrverbot von 1 Monat;
  3. um einen seit November 2005 rechtskräftigen Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 36 km/h.

Das nach Einspruchseinlegung zuständige Amtsgericht Weißenburg bestätigte den Rechtsfolgenausspruch im Bußgeldbescheid. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Ordnungswidrigkeit unter beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde. Als einschneidende Besinnungsmaßnahme erachtete das Amtsgericht die Verhängung eines Fahrverbots für erforderlich. In der Entscheidung heißt es:

„… beharrlich begangene Pflichtverletzungen sind solche, die zwar ihrer Art oder den Umständen nach nicht bereits zu den objektiv bis subjektiv groben Zuwiderhandlungen, durch deren zeit- und sachnahe wiederholte Begehung der Betroffene aber zeigt, das ihm die für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderliche rechtsgetreue Gesinnung und die Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlt…"

Diese Voraussetzungen hat das Amtsgericht Weißenburg in der Entscheidung über den Einspruch bejaht. Die sachnahe Begehung der Ordnungswidrigkeiten wurde dabei mit der Begründung bejaht, dass zuletzt ca. 1 ½ Jahre vor der verfahrensgegenständlichen Tat bereits ein Bußgeldbescheid wegen Geschwindigkeitsüberschreitung rechtskräftig geworden war. Das Amtsgericht Weißenburg ging insoweit auch von einer zeitnahen Begegnung aus.

Das Endurteil des Amtsgerichtes wurde durch das OLG Bamberg im Rechtsbeschwerdeverfahren im Rechtsfolgenausspruch dahingehend aufgehoben, dass das Fahrverbot entfällt. Aus Sicht des OLG Bamberg tragen die von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen die Verhängung eines Fahrverbotes nicht.

Ein Fall des Regelfahrverbotes lag unstreitig nicht vor, da der hier in Rede gestellte Verstoß nicht innerhalb eines Jahres nach einer vorausgegangenen Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 26 km/h begangen wurde. Die Verhängung des Fahrverbotes kam damit ausschließlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer beharrlichen Pflichtverletzung in Betracht. Hierzu wird ausgeführt:

„… will der Tatrichter ein Fahrverbot außerhalb der indizierten Regelfälle verhängen, muss er im Rahmen einer Gesamtwürdigung unter Abwägung aller für die Rechtsfolgenentscheidung relevanten Umstände des Einzelfalls dartun, weshalb das Gesamtbild vom Durchschnitt der erfahrungsgemäßvorkommenden Fälle in solchem Maße abweicht, das ein Fahrverbot entgegen der gesetzgeberischen Vorbewertung nach Maßgabe der BKatV angemessen ist. Denn nur wenn die Beharrlichkeit der Pflichtverletzung von ähnlich starkem Gewicht ist wie im Regelfall des § 4 Abs. II Satz II BKatV, kommt die Anordnung eines Fahrverbots in Betracht. Nur in diesem Fall wird es geboten sein, mit dieser Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme auf den Betroffenen einzuwirken…"

Der sachliche Zusammenhang wird von dem Rechtsmittelgericht bejaht. Aus Sicht des OLG Bamberg erscheint allerdings eine zeitliche Nähe zu den Vorahndungen zweifelhaft, da abgestellt auf die Rechtskraft die einschlägigen Ahndungen bezogen auf die neue Tat 2 Jahre und 6 Monte bzw. 1 Jahr und 5 Monate zurücklagen.

Auch das bereits verbüßte Fahrverbot lag deutlich mehr als 2 Jahre zurück, so dass auch diesem keine maßgebliche Bedeutung mehr zukam, was das OLG Bamberg aus der gesetzlichen Wertung des § 25 Abs. II a StVG ableitet. Danach schließt ein Fahrverbot, dass mehr als 2 Jahre vor der neuen Tat wirksam geworden ist, die Anwendung der 4 Monatsregel des § 25 Abs. II a StVG nicht aus (Bay-ObLG DAR 2000,39). Aus Sicht des OLG Bamberg ist das Erstgericht im Hinblick auf die zeitliche Nähe von einer fehlerhaften Auslegung des Rechtsbegriffes der beharrlichen Pflichtverletzung ausgegangen. Dementsprechend wurde die Entscheidung der Vorinstanz im Rechtsfolgenausspruch abgeändert.

Die Entscheidung macht deutlich, dass alleine die Anzahl selbst einschlägiger Vorahndungen nicht ausreicht, um einen beharrlichen Pflichtenverstoß mit der Folge, dass ein Fahrverbot verhängt wird, zu bejahen. Es ist vielmehr auch die Frage der zeitlichen Nähe der Voreintragungen zu prüfen. Zu Recht geht das OLG Bamberg davon aus, dass die Verhängung eines Fahrverbotes, soweit nicht ein Regelfall gegeben ist, im Bußgeldverfahren nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommt.

Die Verhängung eines Fahrverbotes ist in der Regel mit erheblichen Einschränkungen verbunden und kann sich, soweit ein Betroffener z.B. beruflich darauf angewiesen ist mit Kraftfahrzeugen zu fahren, bis zur Gefährdung der Existenz auswirken. Bereits in Anbetracht der möglichen Auswirkungen empfiehlt es sich, bei Verhängung eines Fahrverbotes durch einen Rechtsanwalt die Möglichkeiten der Vorgehensweisen und die Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung eingehend prüfen zu lassen.

(Az. d. Entscheidung: OLG Bamberg 2 Ss OWi 1533/07, Beschluss vom 12.03.2008)