Wie Ihr Unfall optimal reguliert wird

Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, Unfall, Schadensregulierung, Mehrwertsteuer, Schadensrecht
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Der Trick mit der Mehrwertsteuer

Seit dem 1. August 2002 ist auch das Schadensrecht geändert worden. Im Rahmen einer Unfallregulierung erhält der Geschädigte einen Erstattungsanspruch auf Umsatzsteuer nur noch,

"wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist", § 249 Abs 2, Satz 2 BGB.

Das bedeutet zum einen, dass der Geschädigte, wenn er den Schaden tatsächlich nicht reparieren lässt, nur noch den Nettowert eines Gutachtens oder Kostenvoranschlages erhält. Da die Mehrwertsteuer tatsächlich nicht angefallen ist.

Zum andern aber nutzen die Versicherungen diese Bestimmung, um billiger zu regulieren. Bei einem Totalschaden liegen die Kosten einer Reparatur über dem tatsächlichen Wert des beschädigten Fahrzeugs. Der Geschädigte erhält deshalb nur den Betrag, mit dem er ein gleichwertiges und gebrauchtes Fahrzeug kaufen kann. Dies ist der so genannte Wiederbeschaffungswert.

Wenn der Geschädigte seinen Ersatzwagen von Privat kauft, zahlt er keine Mehrwertsteuer. Sie wird ihm also auch nicht von der Versicherung ersetzt. Kauft er aber das Fahrzeug bei einem Händler, so zahlt er Mehrwertsteuer. Diese beträgt zur Zeit bekanntlich 16%. Normaler Weise kauft aber der Händler seine Fahrzeuge von Privat. Das heißt, er hat beim Erwerb desselben keine Mehrwertsteuer gezahlt. Wenn er es aber dann weiterverkauft, muss er Mehrwertsteuer berechnen. Aber worauf? Auf seinen Gewinn. Der besteht in der Differenz zwischen seinem Einkaufpreis und seinem Verkaufspreis.

Der Endpreis des Händlers enthält also nur Mehrwertsteuer auf einen Teil des Kaufpreises des Endverbrauchers. Rechnerisch sieht dies so aus:

Einkaufspreis 1.200 € nicht mehrwertsteuerpflichtig
Gewinnspanne 200 € mehrwertsteuerpflichtig
hiervon Mehrwertsteuer 32 €
Verkaufspreis 1.432 €

Damit der Händler seine Gewinn dem Kunden nicht offen legen muss, wurde schon 1990 der § 25 a UStG eingeführt, der ihm erlaubt, seine Gewinnspanne nicht offen zulegen. Statt dessen muss er Unterlagen führen, aus denen sich seine Einkaufspreise ersehen lassen.
Der Kunde aber sieht in der Rechnung nur die ihm bekannte Mehrwertsteuer von 16 % und geht daher davon aus, 1.432 € seien eben Brutto, also 116 %. Um den Nettopreis seines Gebrauchtwagens zu berechnen, müsste er folgende Rechnung vornehmen:

Bruttobetrag ( 1.432 € ) x 13,7931: 100 = 16 % Mehrwertsteuer ( 197,51 )

Für den Kunden sieht der Verkauf so aus:

Nettopreis des Gebrauchtwagens 1.234,48 €
Mehrwertsteuer 197,52 €
Brutto - Endpreis 1.432,00 €

Obwohl tatsächlich nur 32 € Mehrwertsteuer vom Gewinn des Händlers anfallen, glaubt der Kunde nach seiner ihm vorliegenden Rechnung, 197,52 € gezahlt zu haben.
Dies versuchen die Haftpflichtersicherungen bei der Regulierung von Totalschäden auszunutzen. Sie tun so, als wäre nicht nur der Differenzgewinn des Händlers mehrwertsteuerpflichtig, sondern der tatsächliche Wert des Fahrzeugs. Vom Bruttobetrag des Wiederbeschaffungswertes ziehen sie also die angeblich enthaltene Mehrwertsteuer von 16% ab. Ausgehend von unserem Beispiel nicht 32 € auf den Gewinn, sondern 197,52 €. Der Geschädigte erhält also 165,52 € zu wenig. Ein gutes Geschäft für die Versicherungen.

Die Mehrwertsteuer auf den Differenzgewinn lässt sich tatsächlich nur ermitteln, wenn das Gutachten des Sachverständigen über den Totalschaden nicht nur den Wiederbeschaffungswert, sondern auch den Händlereinkaufswert des Fahrzeugs wiedergibt. Wenn dies fehlt, hilft allerdings § 287 ZPO. Dieser sieht vor, dass das Gericht auch Schätzungen vornehmen kann. Legt man eine Händlergewinnspanne von 10 - 20 % zugrunde, so macht die Mehrwertsteuer darauf ca. 1,5 - 3 % aus.

Zieht die Versicherung also bis zu 3 % vom Wiederbeschaffungswert als Mehrwertsteuer ab, dann ist die Regulierung in Ordnung. Ist es mehr, erhält der Geschädigte zu wenig. Dann ist anwaltliche Hilfe angesagt.

Rechtsanwalt Christian Beyerle
Hochstr. 1, 41460 Neuss
Telefon 02131/42020
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