Verkehrsunfall – was sind Ihre Rechte als Geschädigter?

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Reparatur in einer Werkstatt Ihres Vertrauens

Von Rechtsanwalt Thomas J. Lauer

Nach einem Verkehrsunfall ist der Geschädigte in aller Regel berechtigt, auf Kosten der gegnerischen Haftpflichtversicherung einen Sachverständigen mit der Ermittlung der Schadenshöhe zu beauftragen. Dies folgt aus einem Urteil des Amtsgerichts Dresden, das Anfang 2004 weitere Klarheit geschaffen und einen alten Zankapfel zwischen Unfallgeschädigten und Haftpflichtversicherungen aus der Wellt geschafft hat. Lediglich dann, wenn es sich klar erkennbar um einen so genannten Bagatellschaden (also etwa im Bereich von 500 bis 1.000 Euro) handelt, kann die Beauftragung eines Gutachters unverhältnismäßig sein. (AG Dresden, Urteil vom 17.03.2004, Aktenzeichen: 102 C 0491/04)

In dem entschiedenen Fall war bei dem Verkehrsunfall äußerlich betrachtet nur die Stoßstange des klägerischen Autos beschädigt worden. Der Geschädigte hatte dennoch einen Sachverständigen beauftragt, der keine weitergehenden Schäden feststellte und für sein Gutachten 108 Euro in Rechnung stellte. Die gegnerische Haftpflichtversicherung weigerte sich, diese Summe zu zahlen, weil nur ein Bagatellschaden vorgelegen habe.

Das Gericht betonte jedoch, es sei mittlerweile bekannt, dass mit einem Schaden an der Stoßstange regelmäßig auch weitergehende Deformationen an der Aufhängung verbunden sein könnten. Für den Laien sei dann eine Abschätzung der Reparaturkosten kaum noch möglich. Zudem sei es gerichtsbekannt, dass selbst Fachwerkstätten mittlerweile dazu übergingen, Kostenvoranschläge nur noch gegen Bezahlung zu erstellen, insbesondere dann, wenn der Schaden fiktiv (also auf Grundlage des Kostenvoranschlages) abgerechnet werden solle. "Dem Kläger stand es also frei, zur Ermittlung der Schadenshöhe auch einen Sachverständigen zu beauftragen", heißt es in dem Urteil weiter. Die beklagte Versicherung habe auch diese Gutachterkosten als erforderliche Aufwendung des Klägers zu ersetzen.

Im folgenden möchte ich Ihnen aufzeigen, welche Rechte Ihnen als Geschädigter nach einem Verkehrsunfall zustehen.

Sie dürfen Ihr Fahrzeug in einer von Ihnen frei wählbaren Werkstatt reparieren lassen. Dabei hat weder Ihre eigene, noch die gegnerische Versicherung das Recht, Ihnen eine andere Werkstatt vorzuschreiben. Zwar wird dies immer mal wieder versucht, weil die Versicherer mitunter Abkommen mit Werkstätten haben; entsprechendes Ansinnen dürfen Sie jedoch getrost ignorieren.

Schadenfeststellung durch einen unabhängigen Sachverständigen

Ihnen steht es nach dem eingangs Gesagten grundsätzlich frei, einen Sachverständigen Ihrer Wahl zur Beweissicherung und zur Feststellung des Schadensumfanges, der Schadenshöhe, einer eventuellen Wertminderung, des Restwertes, des Wiederbeschaffungswertes und der voraussichtlichen Reparaturdauer zu beauftragen. Die Kosten für das Gutachten hat die Versicherung des Schädigers grundsätzlich zu übernehmen.

Sofern jedoch von vornherein erkennbar nur ein so genannter Bagatellschaden vorliegt (hier wird je nach Gerichtsbezirk als Grenze eine Schadenshöhe von nicht mehr als ca. 520 bis 770 Euro angenommen), reicht in der Regel als Schadennachweis eine Reparaturkalkulation Ihrer Fachwerkstatt aus, da die Kosten für ein Gutachten bei Bagatellschäden grundsätzlich nicht von der Versicherung übernommen werden. Dieses Gutachten kann auch Grundlage Ihrer Abrechnung mit der Versicherung des Schädigers sein, wenn Sie z.B. Ihr Fahrzeug nicht reparieren lassen wollen und mit dem von der Versicherung ausgezahlten Geld ein anderes Fahrzeug erwerben wollen.

Inanspruchnahme eines Mietwagens oder Nutzungsausfallentschädigung

Für die Dauer des schadenbedingten Fahrzeugausfalls können Sie grundsätzlich einen Mietwagen nehmen. Hierbei wird entweder die tatsächliche Reparaturdauer, oder die vom Gutachter veranschlagte voraussichtliche Reparaturdauer zugrunde gelegt.

Wegen zum Teil erheblicher Preisunterschiede kann es sinnvoll sein, Preisvergleiche anzustellen, da bei Anmietung zu überhöhten Preisen die Mietwagenkosten nicht immer vollständig von der Versicherung zu übernehmen sind. Außerdem gilt es zu beachten, dass die Autovermieter für Unfallersatz oft andere Tarife haben, als für eine „normale" Anmietung. Benötigen Sie keinen Mietwagen, können sie für die Dauer des schadenbedingten Fahrzeugausfalls alternativ NutzungsausfaIlentschädigung geltend machen. Deren Höhe richtet sich grundsätzlich nach der entsprechenden Eingruppierung Ihres Autos in der gebräuchlichen Sanden/Danner-Tabelle.

Ihr Recht im Totalschadenfall

Übersteigen die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert für ein vergleichbares Fahrzeug, so können Sie Ihr Fahrzeug dennoch in einer Fachwerkstatt reparieren lassen, wenn die voraussichtlichen Reparaturkosten laut Sachverständigengutachten den Wiederbeschaffungswert Ihres Fahrzeugs nicht um mehr als 30% übersteigen und Sie das Fahrzeug weiter nutzen wollen. Lassen Sie hingegen Ihr Fahrzeug im Totalschadenfall nicht reparieren, haben Sie Anspruch auf Ersatz des so genannten Wiederbeschaffungsaufwandes. Das ist der Wiederbeschaffungswert abzüglich des vom Gutachter ermittelten Restwertes Ihres Fahrzeugs. Seien Sie aber vorsichtig: Veräußern Sie das Fahrzeug unter dem von dem Gutachter ermittelten Restwertes, so geht die Differenz zu Ihren Lasten.

Weiterhin wird in diesem Fall die in dem Wiederbeschaffungswert enthaltene Mehrwertsteuer abgezogen. Denn im Schadenfall wird die Mehrwertsteuer nur soweit ersetzt, wie sie tatsächlich angefallen ist. Wie hoch der konkrete Mehrwertsteuerabzug ausfällt, hängt u.a. vom Alter und Typ des verunfallten Fahrzeuges ab. Aussagen hierzu finden Sie im Sachverständigengutachten. Sie dürfen Ihr Fahrzeug zu dem Restwert veräußern (z.B. an Ihre Fachwerkstatt oder einen Aufkäufer), den Ihr Sachverständiger in seinem Gutachten ermittelt hat. Zur Sicherheit empfiehlt sich dazu ein korrekt datierter schriftlicher Kaufvertrag über das Unfallfahrzeug. Restwertangebote der Versicherer müssen nur dann beachtet werden, wenn das konkrete Angebot der Versicherung vorliegt, bevor das Fahrzeug veräußert wurde und dieses Angebot zumutbar ist.

Reparaturkosten-Übernahmeerklärung und Sicherungsabtretung

Zur Erleichterung der Zahlungsabwicklung im Falle der Reparatur können Sie die von vielen Werkstätten vorgehaltenen Formulare "Reparaturkosten-Übernahmeerklärung" und/oder "Sicherungsabtretung" verwenden, da die Versicherung bei Vorlage dieser Erklärungen in der Regel die Reparaturkosten direkt an die Fachwerkstatt auszahlen kann. Dadurch können sie es vielfach vermeiden, für die Reparaturkosten in Vorleistung treten zu müssen.

Schadensabwicklung durch einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens

Zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche können Sie einen Rechtsanwalt beauftragen. Dies empfiehlt sich insbesondere, wenn die Verschuldensfrage nicht eindeutig geklärt ist, da dies erfahrungsgemäß ein häufiger Streitpunkt bei der Schadensabwicklung ist.

Die Kosten für den Anwalt hat die Versicherung des Schädigers auch bei der außergerichtlichen Tätigkeit des Anwaltes grundsätzlich zu übernehmen. Dieser wird in Ihrem Auftrage diese Rechtsverfolgungskosten bei der Versicherung geltend machen, so dass Sie sich um die Bezahlung des Anwaltes zumeist nicht zu kümmern brauchen. Auch hier gilt, dass die Wahl des Rechtsanwaltes alleine Ihnen zusteht und Sie sich keine Vorschriften der Versicherung gefallen zu brauchen lassen.

Ihr Recht als Geschädigter bei einem selbst verschuldeten Unfall

Wenn Sie bei einem vollständig oder zum Teil selbst verschuldeten Unfall Ihre Kaskoversicherung in Anspruch nehmen wollen, so ergeben sich Ihre Rechte (die zum Teil erheblich von Ihren oben dargestellten Rechten im Haftpflichtschadensfall abweichen können), aus Ihren Versicherungsbedingungen. lnsbesondere ist hier ein Weisungsrecht ihres Versicherers zu beachten. Setzen Sie sich daher unverzüglich mit Ihrer Versicherung in Verbindung. Aber auch hier gilt, dass Sie das Recht haben, die Reparaturwerkstatt selbst zu wählen und mit der Reparatur zu beauftragen.

Wenn Sie bei einem teilweise selbstverschuldeten Unfall einen Rechtsanwalt mit der Schadensabwicklung betrauen, so weisen Sie ihn auf das Bestehen einer Kaskoversicherung hin. Er kann dann für Sie neben der Schadensabwicklung mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung auch den Kaskoschaden abwickeln.


Thomas J. Lauer
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