Verkehrsunfall: Wer bezahlt den Rechtsanwalt?

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Aufgrund des schlechten Wetters passieren derzeit sehr viele Verkehrsunfälle.   Für  Geschädigte stellt sich häufig die Frage, ob die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich ist und wer dann die  Kosten des Anwalts übernimmt/bezahlt.

Versicherungsgesellschaften bieten nach Verkehrsunfällen oft ein sog. Schadensmanagement an.  Der Geschädigte muss sich um nichts kümmern. Das klingt gut. Zu beachten ist jedoch, dass die Versicherungen natürlich wirtschaftliche Interessen verfolgen und daher häufig die angebotenen Zahlungen zu niedrig sind bzw. Schadenpositionen, die nicht geltend gemacht werden, auch nicht bezahlt werden (z.B. Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro, Wertminderung des Fahrzeuges nach der Reparatur, Haushaltsführungsschaden nach einem Personenschaden etc.). Der Geschädigte hat ein Recht auf eine Werkstatt seines Vertrauens, einen unabhängigen Sachverständigen, einen unabhängigen Rechtsanwalt etc. . Insofern ist jedem Geschädigten dringend anzuraten, nach einem Verkehrsunfall immer direkt zu einem Anwalt zu gehen und sich beraten zu lassen. Doch wer bezahlt diese Kosten? Die entstehenden Rechtsanwaltskosten werden von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners ersetzt, sofern die Verschuldensfrage an dem Verkehrsunfall zu Lasten des Unfallgegners geht. Die Anwaltskosten  stellen eine Schadenposition dar, ebenso wie die Gutachterkosten für das beschädigte Fahrzeug oder die Reparaturkosten des Geschädigtenfahrzeugs, welche von der gegnerischen Versicherung ersetzt werden müssen. Der Geschädigte muss sich in diesem Fall um nichts anderes Gedanken machen, als darum, möglichst früh zu einem Anwalt zu gehen.  Häufig kommt es vor, dass beide Unfallbeteiligte den Unfall verschuldet haben.  Die gegnerische Versicherung ersetzt dann in Höhe des Mithaftungsanteils sämtliche Schadenspositionen des Unfallgeschädigten, wozu auch die Rechtsanwaltskosten zählen.

Selbst wenn der Geschädigte der Ansicht ist, er hat den Verkehrsunfall alleine verschuldet, ist es ratsam, ein Erstberatungsgespräch mit einem Anwalt zu vereinbaren, da der Unfallgegner unter Umständen aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeuges haftet und somit  dem Geschädigten ein Teil des Schadens zustehen kann.  Der Geschädigte beauftragt dann den Anwalt nur bezüglich der Haftungsquote des Gegners. Diese Kosten zahlt, wie oben erläutert, die gegnerische Versicherung.  

Sofern der Geschädigte über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung verfügt, muss er sich über die Kosten der Inanspruchnahme eines Anwaltes sowieso keine Gedanken machen, unabhängig davon, wer den Unfall verschuldet hat. Wenn der Geschädigte über ein nur geringes Einkommen verfügt und daher die Kosten einer anwaltlichen Beratung oder Vertretung nicht selbst aufbringen kann, kann er bei dem für ihn zuständigen Amtsgericht Beratungshilfe und – im Falle eines späteren Rechtsstreites – Prozesskostenhilfe beantragen. 

Auch bei scheinbar eindeutigen Unfällen, bei denen die Schuldfrage geklärt scheint, sollte man nicht auf einen Anwalt verzichten. Es gibt keinen ‚einfach gelagerten Verkehrsunfall‘ mehr. So sind aufwendige Belehrungen und Entscheidungen erforderlich über Art der Schadenfeststellung (Gutachter/Kostenvoranschlag), Ermittlung der Haftpflichtversicherung, Art und Risiken der Nutzungsentschädigung, Mehrwertsteuerproblematik, Ersatzbeschaffung/Reparatur, Verhältnis zwischen Reparaturaufwand und Wiederbeschaffungsaufwand und ggf. der 130%-Rechtsprechung, Erwerbs- bzw. Verdienstausfallschaden, Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden etc. .

Die Rechtsprechung hat zum ersatzfähigen Schaden eine Dimension erreicht, die für Laien nicht mehr überschaubar ist.   Abschließend ist noch auf folgendes hinzuweisen: Versicherungsgesellschaften lassen sich häufig sehr viel Zeit mit der Schadenregulierung und begründen dies unter anderem damit,  dass sie noch keine Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen konnten. Es ist jedoch anerkannt, dass die Regulierung nicht von der Einsicht in die Ermittlungsakte abhängig gemacht werden darf (z.B. schon OLG Saarbrücken, 3 U 199/89).  Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im Jahre 2007 entschieden, dass dem Versicherer unter Berücksichtigung der heutigen technischen Bedingungen  eine durchschnittliche dreiwöchige Prüfungszeit zugebilligt werden muss. Insofern sollte nach Ablauf dieser Frist geprüft werden, welche weiteren Schritte einzuleiten sind.

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