THC-Konsum und Teilnahme am Straßenverkehr

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Sofern Sie beim Führen eines Kraftfahrzeugs nach dem Konsum von THC von der Polizei angehalten wurden, Ihnen keinerlei Fahrfehler unterlaufen sind und Sie insofern auch keine anderen Personen oder Sachen gefährdet haben, ein Drogenschnelltest durchgeführt und hierauf eine Blutentnahme angeordnet wurde, können Sie sich nach folgenden Vorschriften strafbar gemacht haben:

1. § 316 Strafgesetzbuch (StGB)

Nach 316 I StGB macht sich strafbar, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Gemäß Absatz 2 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht. Die Strafandrohung beträgt im Höchstfall ein Jahr Freiheitsstrafe, ansonsten Geldstrafe .

Die Rechtsprechung zu § 316 StGB im Zusammenhang mit dem Konsum von THC ist reichhaltig. Die Entscheidungen unterscheiden sich jedoch nicht hinsichtlich ihrer Aussage. Beispielhaft seien zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts Zweibrücken genannt:

In einer Entscheidung hat das Gericht ausgeführt, dass eine relative Fahruntüchtigkeit erst dann vorläge, wenn Umstände erkennbar seien, die über die allgemeine Drogenwirkung hinaus den sicheren Schluss zulassen würden, dass der Konsument in der konkreten Verkehrssituation fahrunsicher gewesen sei. Die verkehrsspezifischen Untauglichkeitsindizien müssten also nicht lediglich eine allgemeine Drogenenthemmung erkennen lassen, sondern sich unmittelbar auf die Beeinträchtigung der Fahreignung beziehen. Insbesondere kommen deshalb als Ausfallerscheinungen direkte Defizite im Fahrverhalten selbst in Betracht, z. B. eine auffällige, riskante, besonders sorglose und leichtsinnige Fahrweise (vgl. insges. OLG Zweibrücken, NStZ-RR 2004, S. 149 (150) m.w.N.). Dies bedeutet, dass im Zusammenhang mit dem Konsum von THC, § 316 StGB erst dann angenommen werden kann, wenn zusätzlich zum Nachweis des Konsums noch Fahrfehler nachgewiesen werden können. Ist dies nicht der Fall, kommt eine Verurteilung nach § 316 StGB nicht in Betracht.

Es sei allerdings - entsprechend der Situation bei alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit - nicht unabdingbar, dass das Fahrverhalten selbst die Unsicherheit erkennen lasse. Vielmehr könne die Beeinträchtigung auch aus einem Leistungsverhalten nach der Tat abgeleitet werden, das sichere Rückschlüsse auf mangelnde Fahrtüchtigkeit, so z. B. schwerwiegende Einschränkungen der Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit, zulasse. Einschränkend wird jedoch konstatiert, dass selbst wenn dieses Verhalten den Einfluss von Drogen erkennen ließe, so könne daraus allein die Fahruntüchtigkeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit hergeleitet werden. Sie läge nur dann vor, wenn sich diese psychische Auffälligkeit in dem Maße auf die Fahrweise projizieren ließe, dass daraus auf mangelhafte Reaktion, fehlende Koordination, beeinträchtigte Sehfähigkeit, Orientierungslosigkeit, Verlust des Gleichgewichtssinnes und ähnliche Mängel geschlossen werden könnte, die eine sichere Beherrschung des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr nicht mehr gewährleisteten (vgl. insges. OLG Zweibrücken, NStZ-RR 2004, S. 149 (150) m.w.N.). Also: Nur wenn die drogenbedingten Ausfallerscheinungen ein solches Ausmaß erreicht haben, dass sie für einen nicht eingeweihten Dritten so augenfällig sind, dass dieser sichere Rückschlüsse auf einen vorangegangenen Drogenkonsum ziehen kann, können diese Ausfallserscheinungen für eine Strafbarkeit nach § 316 StGB berücksichtigt werden.

In einem weiteren Beschluss hat das OLG Zweibrücken seine Entscheidung dahin gehend konkretisiert, dass bei hohen Wirkstoffwerten (in diesem Fall waren es 13,3 ng/mL im Blut) ein einzelnes weiteres Anzeichen genügen könne. Auch in einem solche Fall müsse die Ausfallerscheinung aber so gravierend sein, dass ein sicheres Fahren ohne Weiteres ausgeschlossen werden könne (OLG Zweibrücken, NStZ-RR 2004, S. 247 (247).

Genau hier kann der Strafverteidiger ansetzen und eine Verurteilung nach § 316 StGB vermeiden helfen. Polizeiliche Aufforderungen auf Durchführung bestimmter Verhaltenstestungen zur Abklärung einer drogenbedingten Fahruntüchtigkeit sind nämlich nur zulässig, wenn diese freiwillig, nach entsprechender Belehrung über die Freiwilligkeit, geschehen. Die Ergebnisse dürften ansonsten für eine Verurteilung nicht verwertbar sein. Der erfahrene Verteidiger wird in diesem Fall der Verwertung in der Gerichtsverhandlung rechtzeitig widersprechen.

2. § 24 a II Straßenverkehrsgesetz (StVG)

Gemäß § 24a II 1 StVG handelt ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Danach liegt eine solche Wirkung nach Satz 2 vor, wenn ein berauschendes Mittel im Blut nachgewiesen wird. Gemäß § 24a III handelt auch ordnungswidrig, wer die Tat fahrlässig begeht.

Wenn eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 a II, III StVG nachgewiesen wird, hat das beim ersten Verstoß € 250 Geldstrafe sowie ein Monat Fahrverbot zur Folge. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Ordnungswidrigkeit nach der Rechtsprechung angenommen wird, soll im Folgenden aufgezeichnet werden:

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss aus dem Jahre 2004 ausgeführt, dass nicht mehr jeder Nachweis von THC im Blut eines Verkehrsteilnehmers zu einer Verurteilung ausreiche. Es liege eine „Wirkung" nur vor, wenn eine solche Konzentration festgestellt werde, die es als möglich erscheinen lasse, dass der untersuchte Kfz-Führer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war (BverfG StV 2005, S. 383). Da der objektive Tatbestand des § 24a II StVG lediglich das Führen unter der Wirkung eines berauschenden Mittels erfordert, haben die Tatsachengerichte angenommen, dass, wenn im Blut des Betroffenen eine Wirkstoffkonzentration von 1 ng/ml THC gemessen sei, damit der sichere Nachweis erbracht sei, dass der Beschuldigte noch unter der Wirkung zuvor konsumierten Cannabis stehe (vgl. statt vieler OLG Bamberg, DAR 2006, S. 286 (286). Es bedarf, wenn der Grenzwert von 1 ng/ml THC im Blut nachgewiesen wird, für die Annahme des objektiven Tatbestandes des § 24a II StVG insofern keiner zusätzlichen Ausfallerscheinungen.

Der innere, sprich subjektive Tatbestand des Paragrafen 24a II StVG erfordere nach dem Oberlandesgericht Frankfurt a. M. darüber hinaus, dass sich Vorsatz oder Fahrlässigkeit nicht nur auf den Konsumvorgang, sondern auch auf die Wirkungen des Rauschmittels zum Tatzeitpunkt beziehen. Ist zwischen dem Konsum der Substanz und der Fahrt, ein nicht unerheblicher Zeitraum verstrichen (hier: 23 Stunden), könne es an der Erkennbarkeit der Wirkung des Rauschmittel unter Umständen fehlen, insbesondere wenn der Grenzwert von 1 ng/ml THC nicht erheblich überschritten wurde. Es bedürfe in diesem Zusammenhang näherer Ausführungen des Tatrichters, aufgrund welcher Umstände sich der Fahrzeugführer dennoch hätte bewusst machen können, dass der Rauschmittelkonsum trotz Zeitablaufs noch Auswirkungen haben kann ((OLG Frankfurt a. M., NStZ-RR 2007, 249 (249 f.)).

Dies bedeutet, dass es am Vorsatz oder sogar an fahrlässigen Handeln i.S.d. Absatzes 3 fehlen kann, wenn zwischen dem Konsum des Rauschgifts und dem Fahrantritt ein genügend langer Zeitraum liegt. Dies leuchtet ein. Der Fahrzeugführer spürt in diesen Fällen die berauschende Wirkung schlicht nicht mehr und hatte insofern auch keine Vorstellung darüber, dass der vorangegangene THC-Konsum noch im Blut nachweisbar ist.

Der erfahrene Verteidiger hat hier genügend Ansatzpunkte (sei es hinsichtlich der Frage der Verwertbarkeit der Blutprobe oder der Frage der Bewertung des subjektiven Tatbestandes), um das Verfahren in Ihrem Sinne zu gestalten.

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