Hinweise für Verkehrsunfallbeteiligte - ohne Anspruch auf Vollständigkeit

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Hinweise für Verkehrsunfallbeteiligte - ohne Anspruch auf Vollständigkeit

I. Was ist am Unfallort zu beachten?

Die Unfallstelle sollte sofort abgesichert werden. Ggf. benötigt ein Verletzter erste Hilfe bzw. ärztliche Versorgung. Nach diesen ersten Maßnahmen gilt:

1. Dokumentation des Unfalls

Dokumentieren Sie den Unfall durch ein Protokoll, dass von allen Beteiligten unterzeichnet werden sollte. Fertigen Sie Fotos und notieren Sie die Personalien etwaiger Zeugen. Bei Personenschäden sollte in jedem Fall die Polizei hinzugezogen werden.

2. Wann liegt ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vor (sog. „Unfallflucht“)?

Bleiben Sie als Beteiligter - auch wenn Sie den Unfall nicht verschuldet haben - vor Ort, bis die notwendigen Feststellungen getroffen sind. Sie sind verpflichtet, Ihre Personalien mitzuteilen, ferner das Kennzeichen Ihres KFZ, sofern Sie nicht als Fußgänger oder Radfahrer unterwegs sind.

Außerdem müssen Sie sich zur Art der Unfallbeteiligung äußern. Wenn man Ihnen – auch nur möglicherweise – etwas vorwerfen könnte, überlegen Sie gut, ob und welche näheren Angaben Sie zur Unfallbeteiligung machen. Dies gilt insbesondere, wenn die Polizei den Unfall aufnimmt. Insofern reicht es aus, wenn Sie erklären, die Art Ihrer Beteiligung könne zum Unfall beigetragen haben. Verweisen Sie bei Nachfragen auf Ihr Recht zur Aussageverweigerung. Sind außer Ihnen keine weiteren Unfallbeteiligten am Unfallort, müssen Sie dort eine angemessene Zeit warten. Erst wenn niemand erscheint – weder ein Geschädigter noch ein Dritter, der bereit wäre, Feststellungen zum Unfall zu ermöglichen – dürfen Sie die Unfallstelle verlassen. Bei geringen Sachschäden beträgt die angemessene Wartezeit zumindest eine halbe Stunde, bei größeren Schäden nicht unter einer Stunde. Je nach Fallgestaltung bestehen Ausnahmen. Sind Sie z. B. verletzt und müssen einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen, verkürzt sich ggf. die Wartezeit oder entfällt ganz.

Sie müssen aber in dem Fall die Feststellungen unverzüglich nachträglich ermöglichen. Sofern Sie den Geschädigten kennen, sollten Sie daher mit ihm alsbald persönlich bzw. telefonisch Kontakt aufnehmen. Kennen Sie den Geschädigten nicht oder können Sie ihn nicht umgehend erreichen, verbleibt nur die Möglichkeit, den Unfall unverzüglich bei einer nahe gelegenen Polizeidienststelle zu melden.

Hingegen reicht es nicht aus, eine Mitteilung oder Visitenkarte mit entsprechenden Angaben am Unfallort zu hinterlassen. Diese von Unfallbeteiligten - oft in gutem Glauben - geübte Praxis führt regelmäßig zur Einleitung eines Strafverfahrens wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort.

II. Welches Vorgehen empfiehlt sich nach dem Verlassen der Unfallstelle?

1. zivilrechtliche Regulierung

Als KFZ-Führer sollten Sie in jedem Fall Ihre KFZ-Haftpflichtversicherung durch Übersenden des Unfallprotokolls informieren und Ihre Sicht der Dinge darlegen.

Wenn Sie den Unfall nicht verschuldet haben, können Sie die Abwicklung einem Anwalt überlassen. Dessen Kosten gehören zum ersatzfähigen Schaden. Eine Selbstregulierung ist häufig unvorteilhaft, da oft Schadenspositionen vergessen bzw. zu gering abgerechnet werden. Aus diesem Grunde ist dem von Haftpfichtversicherungen betriebenen „Schadensmanagement“ mit Vorsicht zu begegnen.

Bei Fahrzeugschäden ab etwa EUR 700,00 ist das Honorar für einen Sachverständigen ersatzfähig. Der Umfang von Bagatellschäden ist dagegen über einen Kostenvoranschlag zu ermitteln.

Muss Ihr Fahrzeug zur Reparatur in die Werkstatt, steht Ihnen für die Dauer des Nutzungsausfalls ein Mietwagen oder eine Entschädigung zu. Sofern Sie beim Unfall verletzt wurden, suchen Sie bitte kurzfristig einen Arzt auf. Ohne Attest sind Ansprüche wegen Personenschäden und Schmerzensgeld schwer durchsetzbar.

Informieren Sie bitte den Anwalt, wenn Sie Ersatzansprüche an die Reparaturwerkstatt oder den Sachverständigen abtreten. Legen Sie ihm ferner Belege über alle Kosten, die durch den Unfall entstanden sind, vor (Abschleppkosten, Sachverständiger, Werkstatt, Taxi, Abmeldung des KFZ, ärztliche Behandlung, etc.).

2. Verhalten im Bußgeld- oder im Strafverfahren

Wenn gegen Sie ein Bußgeld- oder ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, sollten Sie umgehend mit einem Anwalt Kontakt aufnehmen und sich vorab gegenüber der Bußgeldbehörde bzw. der Polizei nicht zur Sache äußern. Einer Ladung zur Vernehmung durch die Polizei müssen Sie nicht folgen. Sie können ohne Nachteile den Termin selbst oder über den Verteidiger absagen. Eine Ladung zur Staatsanwaltschaft ist jedoch zu beachten. Zu einer Aussage sind Sie aber auch dort nicht verpflichtet.

Die Kosten der Verteidigung tragen Sie als Auftraggeber des Rechtsanwalts. Bei einem Freispruch werden diese im notwendigen Umfang von der Staatskasse erstattet, nicht dagegen bei einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens. Wird wegen des Verdachts einer fahrlässig begangenen Tat ermittelt, tritt ggf. Ihre Verkehrsrechtsschutzversicherung ein.

Ohne Rechtsschutz sind Sie möglicherweise unsicher, ob sich unter Kostenerwägungen eine Verteidigung „lohnt“. Vor einer Einsicht in die Bußgeld- oder Ermittlungsakte ist für Sie eine Entscheidung über Ihr weiteres Vorgehen schwierig. In diesem Fall kommt vielleicht folgender Weg für Sie in Betracht:Sie können die Akten über einen Anwalt einsehen lassen, der Ihnen Kopien überlässt, damit Sie sich ein Bild vom Tatvorwurf und den Beweismitteln (Zeugenaussagen, Fotos, etc.) machen können. Damit haben Sie die Möglichkeit, zunächst zu prüfen, ob und wieweit eine weitere Verteidigung sinnvoll ist.

Bei negativem Ergebnis tragen Sie zwar die Kosten, die aber moderat sind. Kommen Sie zum Schluss, dass die Verteidigung ratsam ist, werden in der Regel bei weiterer Beauftragung des Anwalts bisher angefallene Gebühren angerechnet.

Wenn Sie sich für ein solches Vorgehen entscheiden, sollten Sie mit dem Anwalt ein derart beschränktes Mandat zu Beginn der Kontaktaufnahme vereinbaren.

Rechtsanwalt Bernhard J. Faßbender, München
www.ra-fassbender.de