Handy am Steuer - Rechtsprechung wird schärfer

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Als Fahrer dürfen Sie weder telefonieren, noch einen Anruf wegdrücken, oder die Navi-App benutzen

Eines Vorweg: Während der Fahrt Hände weg vom Mobiltelefon. Solange der Motor läuft, darf es nicht berührt werden. Auch nicht an der roten Ampel, auch nicht um es von hier nach dort zu bewegen. Die Rechtsprechung wird immer schärfer:

• Alleine das Nutzen des Handys als Navigationsgerät ist eine Nutzung i.S. des § 23Ia STVO. (OLG Hamm, Beschluss vom 18.02.2013 III 5 RBs 11/13). Begründet wird das damit, dass das Handy berührt wird, um Daten abzufragen.

• Selbst die kurze Berührung, um das Telefon einzuschalten oder die Karte einzustecken (trotz Freisprechers!) genügt für den Pflichtenverstoß. (OLG Hamm, Beschluss vom 23.01.2007 – 2 Ss Owi 25/07)

• Selbst das Telefonieren an einer roten Ampel oder im Stau kann als Pflichtenverstoß gelten, da ja der Motor läuft und das Fahrzeug nur einen Moment nicht bewegt wird. Es gibt hier Ausnahmen und gnädige Richter. Darauf sollte man sich aber nicht verlassen.

• Das OLG Köln hat mit Beschluss vom 9.02.2011, III-1 RBS 39/12 entschieden, dass bereits das Wegdrücken des ankommenden Anrufs vom Begriff der Benutzung eines Mobilfunktelefons umfasst ist. Das Gericht stellt klar, dass die manuelle Bestätigung zur Abweisung eines Anrufers (Wegdrücken) einen direkten Bezug zur Funktion des Mobilfunktelefons hat. Das Wegdrücken vor Herstellung einer Verbindung sei eine Benutzung wie auch das Beenden eines Gesprächs oder des Ein- und Ausschaltens des Telefons.

• Besonders wichtig: Wer das Handy während der Fahrt irgendwie benutzt und es kommt zu einem Unfall, kann der Fahrer - unabhängig vom Verschulden – zumindest mit einer Quote haften. Das betrifft vor allem die Vollkaskoversicherung. Wer erwischt wird, riskiert ab 01. Mai 1 Punkt in Flensburg und 60 EUR Bußgeld (Auf die Eintragung der Punkte kann verzichtet werden, wenn der Richter das Vergehen "in den eintragungsfreien Bereich" setzt). Im Wiederholungsfalle wird es teurer und kann irgendwann sogar den Führerschein kosten (sog. beharrlicher Pflichtenverstoß).

Doch bisweilen erwischt es auch den Falschen:

Die Polizei winkt einen unschuldigen Verkehrsteilnehmer heraus und hält ihm die ordnungswidrige Benutzung seines Mobiltelefons während der Fahrt vor. Das "hätten soeben zwei Kollegen" 30 Meter entfernt beobachtet und per Funk durchgegeben.

Der Fahrer protestiert. Er habe nicht telefoniert, er besitze eine Freisprecheinrichtung mit Sprachsteuerung, er kenne die Regeln.

Die Polizei bleibt hart. Ein paar Wochen später kommt der Bußgeldbescheid. Es folgt der Gang zum Anwalt.

Der macht ein langes Gesicht, verweist auf fehlende Zeugen und schlechte Chancen, legt aber trotzdem Einspruch ein und beantragt Akteneinsicht. Bereits auf Seite eins der Akte steht zu lesen: "Nach Aktenlage Einspruch aussichtslos".

Eine rechtsstaatlich höchst bedenkliche Phrase, die einer Vorverurteilung gleich kommt. Trotzdem versucht der Verkehrsteilnehmer sein Glück und will kämpfen.

Vor Gericht immer dasselbe Ritual: Die Beamten erinnern sich so halbwegs, der Richter hält deren Protokoll vor, was dann von den Zeugen bestätigt wird. Der betroffene Bürger regt sich auf und verweist auf seine Freisprecheinrichtung, ja streitet ab, das Handy überhaupt benutzt zu haben. Was tun?.

Wer unschuldig ist, muss bereits vor Ort aktiv werden

• Steigen Sie aus und stellen Sie die Beamten zur Rede, die sie gesehen haben wollen. Das sind oft nicht die, die sie anhalten. Merken Sie sich genau, mit wem Sie es da zu tun haben. Keine Diskussionen, aber verstärkte Höflichkeit.

• Merken Sie sich genau deren Standort, die Witterungsverhältnisse und den Straßenverlauf.

• Bemühen Sie sich um Zeugen. Oftmals werden Polizeikontrollen von Dritten beobachtet. Aber auch der Mitfahrer im Auto ist wichtig.

• Sollten Sie über den Freisprecher telefoniert haben, notieren Sie Sich den Gesprächspartner und die Zeit. Oftmals hat der mitbekommen, dass frei gesprochen wurde und kann das bezeugen.

• Zeigen Sie den aufnehmenden Beamten Ihre Freisprechanlage und lassen Sie deren Funktionstüchtigkeit im Protokoll festhalten.

• Wenn Sie an einer roten Ampel standen oder gar der Motor aus war, sollte das ins Protokoll.

Solchermaßen gerüstet ist es möglich den Richter zu überreden, nur einen fahrlässigen Pflichtenverstoß anzunehmen. Es kostet weniger und es gibt keinen Punkt. Am Schluss kurioses: Es gab Zeitgenossen, die angaben, eine Mittelohrentzündung gehabt zu haben. Das Handy sollte nur wärmen. Das hat bisweilen geholfen, aber eher selten. Wer sich am Steuer rasiert oder ein Nasenspray benutzt, hat auch gewisse Chancen. Bisweilen sind Kollegen sehr kreativ.

Generell gibt es aber den Trend, dass die Hände ans Steuer gehören und die Augen auf die Straße. Nachdem sich jetzt auch noch Versicherungen anschließen, sollte man sich daran halten. So sehr es manchmal auch juckt, ein entspanntes Telefonat mit seiner Liebsten oder ein gewinnbringendes mit Kunden zu genießen.

Wir beraten Sie gerne - auch telefonisch, sofern Sie rechts ran fahren...

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