Fahren unter Drogen – Keine Strafbarkeit bei sog. Drogenfahrten wegen Zeitablaufes

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1. Einleitung
Es kommt vor, dass Konsumenten von weichen oder harten Drogen unter Drogeneinfluss mit dem Auto fahren. Bekanntlich ist dieses Vorgehen bei „harten" Drogen nahezu immer sofort bzw. bei „weichen" Drogen wie etwa Marihuana bei Überschreiten etwas toleranterer Grenzwerte gemäß § 24a StVG mit Bußgeld und Fahrverbot zu ahnden. So regelt § 24a StVG nämlich.

dass unter anderem ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Ferner heißt es, dass ordnungswidrig (auch) handelt, wer die Tat fahrlässig begeht.

Ich möchte mich nachfolgend auf die Folgen konzentrieren, die sich ergeben, wenn der Konsumakt lange vor der Fahrt gelegen hat bzw. die Blutkonzentration des Drogenwirkstoffes gering ist. Wichtig ist dabei regelmäßig, wann genau der Betroffene welche Menge konsumiert hat bzw. welche Blutkonzentration (man misst dabei ng/ml THC) dadurch erreicht wurde. Es ist so, dass sich bei hinreichend zeitlichem Abstand von Konsum und Autofahrt die Frage stellt, ob der Betroffene die notwendige Drogenwirkung vorhersehen konnte. Andererseits stellt sich die Folgefrage, bis zu welchem Grenzwert an THC im Blut eine spürbare Wirkung und damit ein Verschulden des Betroffenen verneint werden kann. Die genannten Probleme werden von den Gerichten unterschiedlich gesehen.

Regelmäßig begehen hier Betroffene schon die ersten Fehler, wenn sie von der Polizei angehalten werden und freimütig Angaben zum Konsumverhalten machen bzw. freiwillig (ohne richterliche Anordnung) Blutproben entnehmen lassen. Allzu oft machen diese Spontanäußerungen eine an den Messergebnissen orientierte Verteidigung unmöglich!

Neben der vom Unterzeichner erstrittenen Entscheidung des OlG Celle (Beschluss vom 9.12.08, 322 SsBs 247/08) hat nunmehr das genannte OLG Frankfurt am Main eine Entscheidung aufgehoben, die nach deutlichem zeitlichen Abstand und geringer THC-Konzentration zu einer erstinstanzlichen Verurteilung des Betroffenen geführt hatte.

2. Die Entscheidung
In Frankfurt lag ein Fall zur Entscheidung vor, bei dem der Betroffene mit 4,6 ng Thc-Wirkstoff (aus hiesiger Sicht schon ein höherer Wert) und ca. 24 h vor der Autofahrt (oder noch länger) Marihuana konsumiert hatte. Das OLG hat unter Hinweis auf andere Oberrechtsprechung ausgeführt, dass für den Vorwurf von Fahrlässigkeit beim Führen eines Fahrzeugs unter berauschenden Mitteln der Nachweis erforderlich sei, dass der Betroffene die Möglichkeit fortdauernder Wirkung des berauschenden Mittels entweder erkannt hat oder zumindest hätte erkennen können und müssen.

Im Gegensatz zur üblichen Praxis der Amtsgerichte erteilte das Gericht der Auffassung eine klare Absage, wonach es für Fahrlässigkeit von ausreichen soll, wenn beim Betroffenen eine Wirkstoffkonzentration über dem Grenzwert (mehr als 1 ng THC etwa) nachgewiesen wird. Tatsächlich sei die Vorstellung des Betroffenen unter Würdigung sämtlicher zur Verfügung stehender Beweismittel vom Tatgericht festzustellen. Insbesondere könne es an der Erkennbarkeit der fortwährenden Wirkung des Rauschgiftes fehlen, wenn zwischen Drogenkonsum und Fahrt eine größere Zeitspanne liege. Auch bei einem verhältnismäßig geringen Messwert (hier: 4,6 ng/mg THC) könne nicht einfach auf die Voraussehbarkeit der Tatbestandsverwirklichung geschlossen werden. Darum hob das OLG die Entscheidung auf und verwies zurück.

3. Resümee
Es ist bekannt und auch entschieden, dass die zeitliche Spanne zwischen Drogenfahrt und Konsum und das Vorstellungsbild des Betroffenen für eine Verurteilung entscheidend sind. Gerade bei Zeitläufen über 16 h waren schon bisher Freisprüche erreichbar. Allerdings ist eine gute Verteidigung zum Scheitern verurteilt, wenn der Betroffene schädigende Einlassungen abgibt!

Frankfurt hat zu Recht bestätigt, was so mancher Richter nicht verinnerlicht hat. Dass es nämlich keine automatische Folgerung vom Drogenkonsum auf das Verschulden gibt, wenn die Betroffenen etwa 16-24h oder gar mehr vor Fahrtantritt gewartet haben. Neu ist aus hiesiger Sicht aber auch, dass nun ein Gericht bei einem Wert von 4,6 ng noch von einer sehr geringen Konzentration ausgegangen ist, die noch zu einer Urteilsaufhebung führte. Und dies trotz äußerer Anzeichen, die zu Lasten des Betroffenen vorlagen (etwa gerötete Augen). Hiesige Amtsrichter sind da zum Teil (noch) ganz anderer Auffassung, wenn Blutkonzentrationen von über 1,6 ng/ml vorliegen.

Die Verteidigung in diesen Fällen ist trotz der geklärten rechtlichen Fragestellung und trotz der genannten Entscheidungen kompliziert. Es gibt eine Reihe von Fallstricken, die selbst viele unerfahrene Kollegen bei der prozessualen Verteidigung nicht kennen. Insbesondere ist viel Augenmerk auf die Sachverständigen zu richten. Der Unterzeichner hat selbst schon einiges vor Gericht erlebt und kennt außerdem die grundsätzlich konservative Haltung der Richterschaft in derartigen Angelegenheiten.

Von daher kann nur dringend abgeraten werden, sich selbst zu verteidigen. Sollten Sie betroffen sein, verbietet sich ein freizügiges Gespräch mit der Polizei oder etwa eine Zustimmung zur Blutentnahme. Bestehen Sie auf eine richterliche Anordnung und machen sofort von ihrem verfassungsrechtlich geschützten Schweigerecht als Betroffener Gebrauch! Fehler in diesem Bereich sind hinterher nicht mehr zu korrigieren und machen eine sachgerechte und erfolgreiche Verteidigung unmöglich.

Dies gilt umso mehr, da auch die Führerscheinbehörde über die Sache sowie Ihre Äußerungen informiert wird. Es ist unerfreulich, wenn nach einem Monat Fahrverbot danach eine MPU angeordnet wird oder aber ohne Umschweife der Führerschein entzogen wird. Mit der richtigen Verteidigung und dem richtigen Verhalten ist dies vermeidbar!

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