Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Sekundenschlafs

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Geständnis und Reue ließen eine Führerscheinentziehung von knapp sieben Monaten ausreichen

AG Leverkusen, Urteil vom 22.01.2013, Az: 53 Ds 227/12

Führerscheinentziehung nach Sekundenschlaf und übereiltes Geständnis am Unfallort

In einem vom Verfasser als Verteidiger tätigen Strafverfahren hat das Amtsgericht Leverkusen in der Hauptverhandlung die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben. In dem genannten Fall, fuhr der Angeklagte gegen 02.00 Uhr mit seinem Pkw auf der Autobahn. Vor ihm fuhr ein LKW. Infolge Übermüdung und eines sogenannten Sekundenschlafs fuhr der Angeklagte in das Heck des vorausfahrenden LKWs rein. Von den beiden Unfallbeteiligten wurde keiner verletzt. An dem Fahrzeug des Angeklagten entstand ein erheblicher Sachschaden. Wenige Minuten später traf die Polizei am Unfallort ein.

Serkan Kirli
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Übereiltes Geständnis

Nach erfolgter Belehrung gab der Angeklagte gegenüber dem Polizeibeamten folgendes an: "Ich war auf der rechten Spur. Dann sind mir die Augen zugefallen und es gab einen Knall." Daraufhin wurde der Führerschein des Angeklagten sichergestellt. Mit Beschluss des AG Köln vom 28.06.2012 wurde die Fahrererlaubnis vorläufig entzogen.

In der Hauptverhandlung vom 22.01.2013 zeigte sich der Angeklagte voll geständig und einsichtig. Er gab an, seine Übermüdung unterschätzt zu haben. Er habe gedacht, dass er die letzten 15-20 Minuten noch unfallfrei bis nach Hause fahren könne, weil er zuvor am späten Nachmittag ungefähr eine Stunde geschlafen habe.

Der Angeklagte wurde zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50,-€ verurteilt. Gleichzeitig wurde der Beschluss des AG Köln hinsichtlich der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben. Der Strafrichter hielt eine knapp siebenmonatige Entziehung der Fahrerlaubnis für ausreichend.

Fazit

Der oben genannte Fall ist sowohl aus verkehrsstrafrechtlichen Gründen, als auch aus strafprozessualen Gründen interessant. Zum einen ist zu beachten, wie ein frühes Geständnis gegenüber der Polizei die Verteidigungstaktik des späteren Verteidigers in erheblicher Weise einschränken kann. Zum anderen sollte der Betreffende in Abstimmung mit seinem Verteidiger und nach erfolgter Akteneinsicht klären, ob ein Abstreiten der Tat überhaupt zielführend ist. In dieser Phase des Verfahrens müssen nämlich die Weichen für die bevorstehende Verteidigungsstrategie gestellt werden. Nach sorgfältiger Überprüfung der Aktenlage kann es sogar nützlicher sein, von Anfang an auf eine milde Strafe hinzuwirken.

Rechtliche und tatsächliche Würdigung eines Sekundenschlafs im Lichte der medizinischen Erkenntnisse

Entscheidet man sich in einem vergleichbaren Fall dafür, den Sekundenschlaf abzustreiten, so muss man einen atypischen Lebenssachverhalt vortragen können. Nach gefestigter Rechtsprechung, welche sich auf die derzeitigen medizinischen Erkenntnisse beruft, kommt es nämlich in aller Regel nicht zu einem Einnicken bzw. Sekundenschlaf ohne vorherige Ermüdungserscheinungen.

Relevante Vorschriften: § 315 C StGB, § 136 StPO

§ 315 c StGB

(1) Wer im Straßenverkehr
1. ein Fahrzeug führt, obwohl er
a) infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b) infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2. grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a) die Vorfahrt nicht beachtet,
b) falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c) an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d) an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e) an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f) auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g) haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1
1. die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2. fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 136 StPO

(1) Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Er ist ferner darüber zu belehren, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

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