EU-Fahrerlaubnis

Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, EU-Fahrerlaubnis, Fahrerlaubnis, Führerschein
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Wann ist der Führerschein aus einem EU-Mitgliedstaat in Deutschland anzuerkennen?

Die Regelungen der 2. Führerscheinrichtlinie und die teilweise kontroverse Behandlung von EU Führerscheinen in Deutschland führt bei Inhabern einer solchen zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Anhand der jüngst ergangenen Entscheidungen soll mit diesem Artikel nochmals eine Darstellung erfolgen, wann die deutschen Behörden einen Führerschein anerkennen müssen und wann eine Ablehnung der Anerkennung erfolgen darf.

1. EU-Fahrerlaubnis mit eingetragenem Wohnsitz des Ausstellerstaates

Nach einem Beschluss des OVG Saarlouis vom 23.01.2009 dürfen deutsche Behörden die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis nicht mit der Begründung verweigern, der Fahrerlaubnisinhaber habe nach Erkenntnissen der deutschen Behörden nur einen Scheinwohnsitz im Ausland begründet, um sich in Deutschland der vorgesehenen Eigungsprüfung zu entziehen.

Stefanie Helzel
Partner
seit 2007
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Verkehrsrecht
Elbinger Str. 11
90491 Nürnberg
Tel: 0911/95699944
Web: http://www.verkehrsrecht-nuernberg.eu
E-Mail:
Verwaltungsrecht, Ordnungswidrigkeiten, Strafrecht, Reiserecht

Der Fahrerlaubnisinhaber hatte zwar einen Wohnsitz in Deutschland, jedoch war in der im Jahr 2008 erworbenen tschechischen Fahrerlaubnis ein tschechischer Wohnsitz eingetragen. Die deutschen Behörden hatten den Entzug der Fahrerlaubnis damit begründet, dass nach ihrer Kenntnis der Fahrerlaubnisinhaber weiterhin einen dauerhaften Wohnsitz in Deutschland hatte.

In der o. g. Eilentscheidung (über das Hauptsacheverfahren ist noch nicht entschieden) hat das Oberverwaltungsgericht Saarlouis dem Betroffenen das Recht zugesprochen, weiterhin von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen. Der Führerschein darf nicht deshalb entzogen werden, weil der Fahrerlaubnisinhaber nach Auffassung der deutschen Behörden weiterhin auch einen Wohnsitz im Inland hatte. Solange in der Fahrerlaubnis ein tschechischer Wohnsitz eingetragen ist und die tschechischen Behörden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis als gegeben angesehen haben, steht es den deutschen Behörden nicht zu die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Dies gilt unabhängig davon, ob der Führerscheinerwerber tatsächlich einen Wohnsitz im EU Ausland begründet hat, oder ob es sich lediglich um einen „Scheinwohnsitz“ handelte.

2. EU-Fahrerlaubnis mit eingetragenem Wohnsitz im Inland

Die am 1. Mai 2004 neu aufgenommenen EU-Staaten haben nach der Kapper-Entscheidung oftmals Führerscheine ausgestellt, in die ein deutscher Wohnsitz eingetragen war. Allerdings war das Wohnsitzprinzip damals zum Teil noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Z.B. in Tschechien erfolgte die Umsetzung erst im Jahr 2006. Dies hatte damals zur Folge, dass die Führerscheine von Tschechien überhaupt nicht zurückgenommen werden konnte, denn bei der Erteilung wurde das nationale Recht beachtet.

Im Juni letzten Jahres hat der EuGH entschieden, dass Führerscheine, in die ein deutscher Wohnsitz eingetragen ist, in Deutschland nicht anerkannt werden müssen, wenn die deutsche Fahrerlaubnis zuvor in Deutschland entzogen wurde.

3. Erwerb der EU-Fahrerlaubnis während einer Sperrfrist

Mit Beschluss vom 03.07.08 hat der EuGH klargestellt, dass eine EU-Fahrerlaubnis, die während einer in Deutschland verhängten Sperrfrist im EU-Ausland erworben wurde, von den deutschen Behörden ebenfalls nicht anerkannt werden muss. Auch nach Ablauf der Sperrfrist muss eine Anerkennung nicht erfolgen. Weiter hat der EuGH mit Urteil vom 20.11.2008 entschieden, dass eine Fahrerlaubnis nicht anzuerkennen ist, wenn diese während eines in Deutschland laufenden Verfahrens zur Entziehung der Fahrerlaubnis, erworben wurde.

4. Erneute Auffälligkeit nach dem Erwerb einer EU-Fahrerlaubnis

Die Erteilung einer ausländischen Fahrerlaubnis stellt keinen grundsätzlichen Freifahrtschein dar. Wird der Führerscheininhaber nach Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis erneut im Straßenverkehr auffällig, dürfen die deutschen Behörden dies zum Anlass nehmen, Maßnahmen zum Nachweis der Eignung anzuordnen. Bei erneuter Auffälligkeit kann der Gebrauch von der EU Fahrerlaubnis untersagt werden, eine MPU oder ein ärztliches Gutachten kann angeordnet werden.

Fazit:

Nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich zur gegenseitigen Anerkennung der von anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig ausgestellten Fahrerlaubnisse verpflichtet. Stellt ein (Aussteller-)Mitgliedsstaat fest, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis einschließlich des Wohnsitzerfordernisses erfüllt sind, ist die Fahrerlaubnis in Deutschland anzuerkennen. Die deutschen Behörden dürfen eigene Zweifel nicht zum Anlass eigener Ermittlungen nehmen.

Eine Überprüfung der Eignung in Deutschland ist nur dann zulässig, wenn der Betroffene nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis, durch ein Fehlverhalten erneute Eignungszweifel aufkommen lässt.

Ich bitte die Leser zu beachten, dass sich diese Ausführungen ausschließlich auf Fahrerlaubnisse beziehen, die vor dem 19.01.2009 erworben wurden.

3. Führerscheinrichtlinie - Nach dem 19.01.2009 erworbene Fahrerlaubnisse

Das OVG Saarlouis hat in seinem Beschluss vom 23.01.2009 ausgeführt, dass die Auslegung der neuen Führerscheinrichtlinie dahingehend umstritten ist, ob die Vorschrift - wie nach Art. 18 Abs. 2 RL 2006/126/EG anzunehmen ist - ab dem 19.01.2009 gilt oder ob sie gemäß Art. 13 Nr. 2 der Richtlinie erst ab dem 19.01.2013 Wirkung entfaltet.

Gemäß Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie müssen seit dem 19.01.2009 im EU Ausland erworbene Fahrerlaubnisse in Deutschland nicht mehr anerkannt werden. Dagegen bestimmt Artikel 13 der Richtlinie:

„Eine vor dem 19. Januar 2013 erteilte Fahrerlaubnis darf aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie weder entzogen noch in irgendeiner Weise eingeschränkt werden.“

Bis zur Klärung der Auslegung der Richtlinie durch die nationalen bzw. europäischen Gerichte bleibt unklar, ob aufgrund dieser Vorschrift Fahrerlaubnisse die nach dem 19.01.2009 erworben wurden, in Deutschland nicht mehr anerkannt werden.

Aufgrund der bestehenden großen Rechtsunsicherheit und der damit verbundenen Gefahr einer Strafverfolgung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie möglicher Nachteile beim Versicherungsschutz, ist nach derzeitiger Rechtslage von einem Erwerb einer Fahrerlaubnis in einem EU-Mitgliedstaat abzuraten.

Das könnte Sie auch interessieren
Verkehrsrecht Rückerstattung gezahlter Reparaturkosten bei Gewährleistungsschaden
Verkehrsrecht EU-Führerschein