Abschlepp-Abzocke: Abschleppkosten von einem privaten Grundstück – Wer muss zahlen?

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Der BGH hatte jüngst über einen Abschleppfall zu entscheiden, bei dem ein Fahrzeughalter sein KFZ auf den Kundenparkplatz eines Einkaufsmarktes abstellte, auf dem ein gut sichtbares Schild angebracht war, das das dortige Parken nur als Kunde und nur mit Parkscheibe für längstens 1,5 Stunden erlaubte.

Weil der Halter eines der dort parkenden Fahrzeuge weder Kunde war, noch eine Parkscheibe angebracht hatte, wurde das Fahrzeug von einem vertraglich beauftragten Abschleppunternehmen abgeschleppt, obwohl noch andere Parkplätze frei waren und der Grundstücksbesitzer das Abschleppen des konkreten Fahrzeugs nicht direkt sondern nur ganz allgemein angeordnet hatte. Es bestand nämlich lediglich ein Vertrag zwischen dem Grundstücksbesitzer und dem Abschleppunternehmen, dass dem Abschleppunternehmen beim Zutreffen der o.g. Kriterien erlaubte, eigenständig, also ohne weitere Anordnung des Grundstückbesitzers Fahrzeuge abzuschleppen.

Sein Fahrzeug erhielt der KFZ-Halter erst nach Zahlung von 150,00 € vom Abschleppunternehmen zurück. Dieses Geld verlangt er jetzt vom Parkplatzbesitzer zurück, weil das Abschleppen unverhältnismäßig gewesen sei und zudem noch genügend andere freie Parkplätze zur Verfügung gestanden hätten. Im Übrigen sei es Abschlepp-Abzocke wenn nicht der Parkplatzbesitzer selbst, sondern ein Unternehmen den Auftrag zum Abschleppen sich eigenständig erteile.

Damit der Fahrzeughalter einen Anspruch auf Rückerstattung der Abschleppkosten hat, dürfte es aber keinen Rechtsgrund für das Abschleppen gegeben haben, das Abschleppen also unzulässig gewesen sein.

Allerdings ist nach ganz herrschender Meinung das Abschleppen eines fremden KFZ vom eigenen Grundstück als eine (fremde) Geschäftsbesorgung einzuordnen, da den Halter eine Pflicht zur Beseitigung / Unterlassung trifft. Diese Pflicht resultiert daraus, dass das unberechtigte Abstellen eines KFZ auf einem fremden Grundstück verbotene Eigenmacht, also eine (teilweise) Besitzentziehung und Besitzstörung darstellt. Im Rahmen einer fremden Geschäftsbesorgung steht aber dem Geschäftsführer, mithin dem Grundstücksbesitzer ein Aufwendungsersatz für die Geschäftsbesorgung, hier dem Abschleppen zu.  

Dass das Abschleppen weder dem wirklichen noch dem mutmaßlichen Willen des Abgeschleppten entsprochen haben dürfte, steht dem Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten nicht entgegen, da das Abschleppen als Maßnahme der Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Interesse liegt. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist nämlich nicht nur auf öffentlichen Plätzen geschützt, sondern richtet sich gegen jeden Verstoß der objektiven Rechtsordnung. Selbst wenn man hier entgegen der Auffassung des BGH die öffentliche Sicherheit und Ordnung wegen des privaten Besitzes des Grundstücks ablehnen würde, bestünde immer noch der Rechtsgrund der deliktischen Handlung und somit ein Schadensersatzanspruch.

Im Übrigen steht dem Besitzer auch ein Selbsthilferecht gegen die Besitzstörung zu!

Das Abschleppen war auch nicht unverhältnismäßig, da vorliegend keine weniger schwer wiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des Besitzers ebenso gut Rechnung getragen hätten.

Zwar gilt grundsätzlich das Gebot der schonendsten Sanktion, z.B. dann wenn der KFZ-Halter eine Telefonnummer hinterlegt und deshalb angerufen werden kann um sein Fahrzeug selbst wegzufahren.

Da aber der KFZ-Halter weder im dortigen Kaufhaus anwesend, noch eine Telefonnummer hinterlegt war, konnte die Besitzstörung nur durch das Abschleppen beseitigt werden.

Dies gilt auch hinsichtlich der Tatsache, dass noch andere Parkplätze frei waren, denn der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht unabhängig davon erwehren, welches Ausmaß sie hat. Mit anderen Worten, egal wie viel Besitz unrechtmäßig gestört oder entzogen wird, es besteht immer ein Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung dieser Störung / Entziehung.

Auch ist es nicht zu beanstanden, wenn die Entscheidung über das Abschleppen einem Dritten, hier dem Abschleppunternehmen selbst überlassen wird, da ein solches Vorgehen weder rechtswidrig noch rechtsmissbräuchlich ist, zumal das Abschleppunternehmen nur unter den vorher mit dem Grundstücksbesitzer vereinbarten Kriterien abschleppen durfte.

Zusammenfassend bleibt also festzuhalten, dass ein Halter, der sein KFZ ohne Erlaubnis auf ein privates Grundstück abstellt, damit verbotene Eigenmacht begeht. Hiergegen kann der Grundstücksbesitzer vorgehen, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt. Die Kosten hierfür trägt grundsätzlich der Halter des abgeschleppten KFZ. Dass noch andere freie Parkplätze vorhanden gewesen wären, ändert daran Nichts.

Achtung:

Völlig unabhängig von den Schadensersatzansprüchen sollte man sich unbedingt vor Augen führen, dass beim unberechtigten Parken auf fremden Grund und Boden noch weitere Ansprüche auf einen zukommen können:

So besteht ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, ein Zurückbehaltungsanspruch bis zur Begleichung der Abschleppkosten und ggf. Nutzungsersatzansprüche.

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