§ 315c StGB: Gefährdung des Straßenverkehrs

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Fragen zum Strafverfahren

§ 315c StGB: Gefährdung des Straßenverkehrs

Von Rechtsanwalt Rolf Tarneden

§ 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) ist eine der wichtigsten Strafvorschriften im Verkehrsstrafrecht. Dabei ist die Grundstruktur des Straftatbestandes recht schwierig. Alle Fälle haben eines gemeinsam: Nur bei einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutenden Wert oder Leib oder Leben einer anderen Person ist eine Strafbarkeit möglich. Zu unterscheiden sind jedoch grundsätzlich die Handlungen, die zu dieser Gefahr geführt haben.

Dies ist zum einen die Teilnahme am Straßenverkehr im Zustand der Trunkenheit, unter Einfluss berauschender Mittel oder bei bestehenden geistigen oder körperlichen Mängeln.

Rolf Tarneden
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Zum anderen ist es die Begehung besonders schwerer, im Gesetz benannter Verkehrsverstöße, die hier einmal zur Vereinfachung die „Todsünden" im Straßenverkehr genannt werden sollen.

Hat die eine oder die andere Handlung zu der eingangs beschriebenen Gefahr geführt, ist der Straftatbestand vom äußeren Tatbestand her gegeben.

Um einen Überblick über die Problemstellungen dieses Straftatbestandes zu geben, ist dieser Beitrag geschrieben. Er ist ein Ratgeber für die Personen, die Beschuldigte dieses Tatbestandes sind. Im Mittelpunkt stehen dabei folgende Fragestellungen:

1. Wann ist die Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) verwirklicht?

2. Welche Strafen drohen mir bei Verurteilung wegen § 315c StGB?

3. Wie kann ich mich gegen die mir drohende Strafe verteidigen?



  1. Wann ist die Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) verwirklicht?

    Wie eingangs ausgeführt, muss jeder Betroffene zunächst unterscheiden, ob ihm vorgeworfen wird, eine Gefahr für fremde Sachen oder Leib oder Leben eines anderen Menschen herbeigeführt zu haben durch die Teilnahme am Straßenverkehr in verkehrsuntauglichem Zustand (Alkohol, berauschende Mittel, geistige oder körperliche Mängel) (nachfolgend a) oder durch die Begehung der „Todsünden" im Straßenverkehr (nachfolgend b).

    1. Gefahr durch Teilnahme am Straßenverkehr in verkehrsuntauglichem Zustand

      In dieser Konstellation wird der Vorwurf vermehrt auf Teilnahme am Straßenverkehr unter Einfluss von Alkohol oder Drogen (z.B. Kokain) gestützt werden. Die bloße Teilnahme am Straßenverkehr unter Einfluss von Alkohol oder anderen berauschen Mitteln – auch ohne dadurch veranlasste Gefahr – kann schon unter Strafe stehen. Dies ist im Einzelnen in § 316 StGB (Trunkenheit im Straßenverkehr) unter Strafdrohung gestellt. Die wesentlichen Fragestellungen zu § 316 StGB finden Sie in meinem Artikel „Trunkenheitsfahrt: § 316 StGB – Fragen zum Strafverfahren" hier auf 123recht.

      Für eine Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) muss daneben noch die konkrete Gefährdungslage eingetreten sein, dazu nachfolgend c)

    2. Gefahr durch schwere Verkehrsverstöße (Todsünden)

      Diese hier der Einfachheit halber so genannten „Todsünden" im Straßenverkehr sind nach der gesetzlichen Bestimmung dann verwirklicht, wenn der Beschuldigte – so § 315 c StGB -

      grob verkehrswidrig und rücksichtslos

      1. die Vorfahrt nicht beachtet, 
      2. falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt, 
      3. an Fußgängerüberwegen falsch fährt, 
      4. an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt, 
      5. an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält, 
      6. auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder 
      7. haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist.

      Es handelt sich dabei um besonders schwere Verstöße gegen die allgemeinen Verkehrsvorschriften. Die Verletzung dieser Verstöße allein erfüllt regelmäßig bereits den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit.

      Tritt infolge dieser schweren Verkehrsverstöße die nachfolgend beschriebene Gefahr hinzu, droht eine Bestrafung nach § 315c StGB.

    3. Konkrete Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert oder fremde Menschen

      Aufgrund der Teilnahme am Straßenverkehr in verkehrsuntüchtigem Zustand (a) oder der Begehung einer der „Todsünden" im Straßenverkehr (b) muss es zu einer konkreten Gefährungslage gekommen sein.

      Diese Gefährdungslage liegt nur dann vor, wenn andere Personen oder in fremdem Eigentum stehende Gegenstände gefährdet oder gar verletzt/beschädigt worden sind.

      Die beschriebene Gefahr muss sich darin verwirklichen, dass entweder fremde Sachen von bedeutendem Wert oder Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet werden.

      Fremde Sachen von bedeutendem Wert sind dann gefährdet, wenn Gegenstände, die aus Tätersicht in fremdem Eigentum stehen, gefährdet werden. Wichtig ist dabei, wann von „bedeutendem" Wert ausgegangen werden kann. Die Werthöhe ist gesetzlich nicht bestimmt. Nach der Rechtsprechung dürfte die Wertgrenze bei 750,00 € beginnen. Je nach Lage des Falles kann also bei Gefährdung minderwertiger Gegenstände eine Strafbarkeit ausgeschlossen sein.

      Eine Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen liegt vor, wenn entweder dessen körperliche Integrität oder aber sogar dessen Leben durch den Vorfall gefährdet werden.

      Der Begriff der Gefahr sorgt dann noch insoweit für eine gewisse Verwirrung, als er die Gefährdung unter Strafe stellt, jedoch offen lässt, wie zu entscheiden ist, wenn sich die Gefahr in einer tatsächlichen Verletzung (Beschädigung, Körperverletzung, Tötung) verwirklicht hat. In diesem Fall ist jedoch „erst recht" von einer Gefahr auszugehen. Gefahr in diesem Sinne bedeutet also entweder den „Beinaheunfall" oder eben den tatsächlich erfolgten Unfall.

      Schwierigkeiten kann zudem das Erfordernis der Kausalität bereiten. Dies besagt, dass eine Strafbarkeit nur dann vorliegt, wenn gerade aufgrund des Verstoßes (Trunkenheit/Todsünde) die Gefahr eingetreten ist. Für die Verteidigung ist dabei besonderes Augenmerk auf den Umstand zu richten, dass auch nüchternen Fahrern Fahrfehler passieren oder dass selbst bei verkehrsordnungsgemäßem Verhalten der Unfall eingetreten wäre. Ist dies der Fall, kann eine Strafbarkeit wegen § 315c StGB unter Umständen ausgeschlossen sein.

  2. Welche Strafen drohen mir bei Verurteilung wegen § 315c StGB?

    Im Verkehrsstrafrecht allgemein sind grundsätzlich zwei Arten der Strafe zu unterscheiden, die regelmäßig beide bei einer Verurteilung ausgesprochen werden. Neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe kommt es zur Entziehung der Fahrerlaubnis.

    1. Entziehung der Fahrerlaubnis

      Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist die nach dem Gesetz als regelmäßige Folge vorgesehene Sanktion. Selbst bei Ersttätern und geringer Gefährdungslage muss mit einer Mindestsperre von einem Jahr gerechnet werden. Die Möglichkeiten der Verteidigung gegen führerschein- oder fahrerlaubnisbezogene strafprozessuale Maßnahmen sind ausführlich dargestellt in meinem Artikel „Trunkenheitsfahrt § 316 StGB: Fragen zum Strafverfahren" hier auf 123recht.

    2. Geld- oder Freiheitsstrafe

      Das Gericht muss daneben bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe verhängen. So sieht es das Gesetz vor. Bei Ersttätern und geringer Gefährdungslage wird es in der Regel bei einer Geldstrafe bleiben. Sind hingegen größere Schäden entstanden (Verletzte, Tote, große Sachschäden) drohen Freiheitsstrafen. Dabei kommt es natürlich auch nachhaltig darauf an, ob die Tat vorsätzlich oder bloß fahrlässig (also gleichsam versehentlich) begangen worden ist.

  3. Wie kann ich mich gegen die mir drohende Strafe verteidigen?

    Kaum eine Vorschrift aus dem Verkehrsstrafrecht bietet so vielfältige Möglichkeiten der Verteidigung. Dies ist bedingt durch die zahlreichen und differenzierten Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um eine Strafbarkeit zu begründen. Ein weiterer – bislang hier nicht erwähnter – Anknüpfungspunkt für die Verteidigung ist die innere Tatseite, also die Gesinnung des Täters bei Tatbegehung. Hier unterscheidet das Gesetz bis ins Detail die möglichen Einstellungen des Beschuldigten zur Tat. Im Kern geht es darum, ob der Täter die Handlung einerseits (also Trunkenheit oder Todsünde) und andererseits die Gefährdung vorsätzlich oder bloß fahrlässig (also gleichsam versehentlich) begangen hat. Ist beides bloß fahrlässig begangen, fällt die Strafe natürlich geringer aus, als wenn den Täter der Vorwurf trifft, beides vorsätzlich begangen zu haben.


Rolf Tarneden
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