Haftung eines Sachverständigen setzt Rüge des falschen Gutachtens bereits im Prozess voraus

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Ein Vermieter wurde 2003 von seinen Mietern vor dem AG München verklagt. In diesem Prozess erhob er Widerklage, weil er der Meinung war, seine Mieter hätten das Blechdach des Wohnanwesens beschädigt, als sie im ersten Obergeschoss des Hauses einen Mauerdurchbruch vornehmen und ein Fenster installieren ließen. Die Mieter bestritten dies. Der damals zuständige Richter holte zu dieser Frage ein Sachverständigengutachten ein. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Verteilung der Schadstellen eher auf Umweltschäden und nicht auf die Verursachung durch die Bauarbeiten der Mieter schließen lasse. Dieses Gutachten hielten die Vermieter für falsch. Der Sachverständige wurde mündlich angehört. Einen Antrag auf Einholung eines so genannten Obergutachtens, stellte der Vermieter jedoch nicht. Die Widerklage wurde daraufhin abgewiesen.

Im Nachgang hierzu erhob der Vermieter erneut Klage vor dem AG München, und zwar gegen den Sachverständigen auf Schadensersatz in Höhe der Kosten für die Reparatur des Daches. Das Gutachten sei schließlich falsch. Der Sachverständige habe auch grob fahrlässig gehandelt, da er betreffend der Schadensursache ganz naheliegende Überlegungen einfach nicht angestellt habe. Das AG München wies die Klage jedoch ab. Die Haftung eines gerichtlichen Sachverständigen richte sich nach § 839 a BGB. Diese Vorschrift setze voraus, dass ein unrichtiges Gutachten erstellt wurde, dass die Unrichtigkeit auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Gutachters beruhe, dass das unrichtige Gutachten ursächlich für das Urteil war und dass im Ausgangsverfahren mit allen Mitteln versucht wurde, gegen das Urteil vorzugehen.

Der Geschädigte sei gehalten, alle ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel einzulegen und alle notwendigen Anträge zu stellen. Zweck dieser Regelung sei, dass die Klärung von Streitfragen am besten unmittelbar im Ausgangsprozess erfolgen solle, um zu verhindern, dass im Ausgangsverfahren die falsche Partei gewinne und die Streitfragen dann im neuen Prozess erneut aufgerollt werden müssen. Im vorliegenden Fall habe der Kläger zwar im Rahmen der mündlichen Anhörung Ergänzungsfragen gestellt, aber keinen Antrag auf Einholung eines Obergutachtens. Eine sorgfältige Prozessführung setze jedoch voraus, dass noch in der Verhandlung die Einholung eines Obergutachtens beantragt wird. Der Kläger hätte den Antrag auf ein Obergutachten bereits nach Vorliegen des schriftlichen Gutachtens stellen können, spätestens in der mündlichen Verhandlung stellen müssen.

(AG München, Urt. v. 19. 11. 2009 – 281 C 34656/08)