Teil 2: Abmahnung oder Rechnung von Getty Images erhalten ?

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Teil 2: Abmahnung oder Rechnung von Getty Images erhalten ?

Die amerikanische Bildagentur Getty Images - der Autor berichtete bereits am 31.10.2007
(Abmahnung oder Rechnung von Getty Images erhalten?) - hat in den vergangenen Monaten zahlreiche Rechnungen wegen unberechtigter Bildnutzung verschickt.

In den Fällen, in welchen eine sofortige Zahlung der geforderten Lizenzgebühr nicht erfolgt, wird die Angelegenheit an eine in München ansässige Rechtsanwaltskanzlei übergeben. Diese ist beauftragt, die Nutzer der Bilder abzumahnen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung einzufordern.

Im Zusammenhang mit diesen Abmahnungen stellt sich die Frage, inwieweit die hiermit verbundenen Rechtsanwaltskosten (vierstellige Abmahnkosten sind möglich) von den Abgemahnten zu ersetzen sind. Denn die Abmahnungen selbst gleichen sich in den dem Autor bekannten Fällen inhaltlich nahezu vollständig. Es werden lediglich die fallbezogenen Daten (Name, Adresse, betroffene Fotos) ausgetauscht. Im Endergebnis handelt es sich um eine „Musterabmahnung", welche lediglich individualisiert wird.

Die obergerichtliche Rechtsprechung in Wettbewerbssachen verneint die Notwendigkeit von Rechtsanwaltskosten bei Serienabmahnungen regelmäßig, wenn der Verletzte seine Rechte auch ohne anwaltliche Hilfe selbst hätte durchsetzen können.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im Fall „FTP-Explorer" mit Urteil vom 20.02.2001, Az. 20 U 194/00, zur Frage, inwieweit die Rechtsanwaltskosten der Abmahnung im Falle einer Serienabmahnung durch den Abgemahnten zu ersetzen sind, wie folgt ausgeführt:

„Es handelt sich um eine Vielzahl gleichgelagerter Verstöße, bei denen immer wieder die aus den USA stammende Software "FTP-EXPLORER" von Internet-Nutzern wie der Klägerin auf ihrer Internet-Seite zur Übernahme angeboten wird. In der mündlichen Verhandlung war unwidersprochen von etwa 80 gleichgelagerten Fällen die Rede, deren Ermittlung mit Hilfe von Suchmaschinen zu Serienabmahnungen der Beklagten bzw. ihres Hausanwaltes geführt habe. Da sich die Anbieter des Programms im Markenrecht regelmäßig nicht auskennen, geben sie - wie die Klägerin - nahezu alle auf Abmahnung sofort die geforderte Unterlassungserklärung ab. Einziger Streitpunkt ist regelmäßig nur die Kostennote des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten.

Ein derartiges "Massengeschäft" erfordert auch im Bereich des Markenrechts nicht die Einschaltung eines Rechtsanwalts. Eine schematische Zuerkennung von Aufwendungen für Rechtsanwaltskosten ist auch hier abzulehnen (vgl. Pastor/Ahrens/Scharen, a.a.O.; Baumach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. UWG, Rdnr. 555). Vielmehr entfällt ein Ersatzanspruch, weil die Beklagte aufgrund ihrer Erfahrung zu einer Abmahnung selbst im Stande war (Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., vor § 13, Rdnr. 194). Für die Beklagte handelte es sich um eine alltägliche Routineangelegenheit, bei der die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht geboten war (vgl. Teplitzky, a.a.O., Kap. 41, Rdnr. 82; auch Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 60, Rdnr. 33).

Dabei muss man besonders hier den Zweck der Abmahnung im Auge behalten, den oft rechtsunkundigen Verletzer über die Rechtslage zu belehren, mit seiner Unterlassungserklärung einen Rechtsstreit zu vermeiden und so die Belastung der Gerichte gering zu halten (vgl. Teplitzky, a.a.O., Kap. 41, Rdnr. 3).

Die anwaltlichen Abmahnungen der Beklagten erreichen offensichtlich das Gegenteil. Zwar unterwerfen sich die Abgemahnten in aller Regel sofort, es kommt jedoch zu zahlreichen Prozessen über die Anwaltskosten, weil sie aus verständlichen Gründen deren Notwendigkeit bezweifeln. Die Beklagte könnte sich, wie die Klägerin schon in erster Instanz vorgetragen hat, ohne weiteres einen Musterbrief für ihre Abmahnungen fertigen oder fertigen lassen. Auch ihr Anwalt verwendet unstreitig Abmahnschreiben mit Textbausteinen und legt die Vollmacht der Beklagten nur in Kopie vor. Übernähme die Beklagte diese Serienabmahnungen selbst, dann würden als zu ersetzende Kosten regelmäßig nur die reinen Portokosten und Kosten für Papier etc. entstehen (vgl.

Pastor/Ahrens/Scharen, a.a.O., Kap. 18, Rdnr. 18). Die Kosten könnten sogar, wie die Klägerin ebenfalls bereits in erster Instanz vorgetragen hat, mit Hilfe des Internet noch niedriger gehalten werden, was bei Markenverletzungen im Internet und hier besonders naheliegt. Da es sich bei der Beklagten um ein Software-Haus handelt, und die Verletzer sämtlich über einen Internet-Anschluss mit "E-Mail-Adresse" verfügen, könnte die Abmahnung per "E-Mail" praktisch kostenlos erfolgen. Damit könnte die Beklagte ihre markenrechtliche Position eben so gut wahren, weil sich die Abgemahnten unstreitig in der Regel unterwerfen; in den übrigen Fällen könnte sie immer noch ihren Anwalt mit der Rechtsverfolgung beauftragen.

Auf der anderen Seite würde das Interesse der Abgemahnten berücksichtigt, nicht trotz ihrer umgehenden Unterwerfung mit von der Beklagten leicht zu vermeidenden Kosten belastet zu werden. Die Beklagte hat sich gemäß § 670 BGB am Interesse der Abgemahnten und daran zu orientieren, ob und inwieweit die Aufwendungen für die Abmahnung angemessen sind und in einem vernünftigen Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts und zum angestrebten Erfolg stehen (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 670, Rdnr. 4). Die Beklagte hätte berücksichtigen müssen, dass die Abmahnung aufgrund ihrer Erfahrung mit diesen Serienabmahnungen ein einfaches Geschäft war, das die Einschaltung ihres Rechtsanwalts nicht erforderte."

Das vorstehend zitierte Urteil ist ursprünglich zu Problemkreisen des Wettbewerbs- und Markenrechts ergangen. Die darin enthaltene Argumentation zur Ersatzfähigkeit von Rechtsanwaltskosten ist nach Meinung des Autors jedoch auf den Bereich des Urheberrechts übertragbar.

Die Firma Getty Images hätte sich daher von den sie vertretenden Rechtsanwälten gegen entsprechende Gebühr ein Musterschreiben entwerfen lassen können, welches sie unter Beibehaltung der jeweiligen Textbausteine selbst an die abgemahnten Personen hätte verschicken können. Durch diese Vorgehensweise hätte die Firma Getty Images den Anfall von gesondert entstehenden und beizutreibenden Rechtsanwaltskosten für jeden Einzelfall vermieden und wäre ihrer Schadensminderungspflicht hinreichend nachgekommen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum für jeden Einzelfall erneute Rechtsanwaltskosten entstehend sollen, wenn sich die Abmahnschreiben inhaltlich lediglich dadurch unterscheiden, dass fallbezogene Daten ausgetauscht werden.

Gleichwohl ist den Abgemahnten dringend davon abzuraten, sich ohne anwaltliche Hilfe auf eine Auseinandersetzung mit Getty Images einzulassen. Die Komplexität des Urheberrechts, die Anzahl der - zum Teil stark voneinander abweichenden - Gerichtsentscheidungen und das hohe finanzielle Risiko sind von einem juristischen Laien nicht zu überblicken. Jeder Betroffene sollte sich im Falle einer Abmahnung unverzüglich anwaltlicher Hilfe bedienen.

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