Gericht weist Filesharing-Klage ab

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Das Amtsgericht Frankfurt hat mit einer aktuellen Entscheidung die Zahlungsklage eines Musikunternehmens gegen den Inhaber eines Internetanschlusses abgewiesen

Dem Rechtsstreit war eine Abmahnung wegen einer vermeintlichen Urheberrechtsverletzung im Internet vorausgegangen.

Ein Musikunternehmen, welches nach eigenem Bekunden zu den "führenden deutschen Tonträgerherstellern" zählt, warf dem betroffenen Anschlussinhaber vor, dass er ohne Einwilligung der Rechteinhaber Tonaufnahmen des Künstlers Jan Delay im Internet angeboten habe. Mit dem Abmahnungsschreiben forderte das Musikunternehmen die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit einer festen Vertragsstrafe in Höhe von 5.001,00 Euro. Gleichzeitig behaupteten die abmahnenden Rechtsanwälte, dass dem Musikunternehmen ein Schadensersatzanspruch in Höhe von mehreren tausend Euro gegen den Anschlussinhaber zustünden. Es wurde jedoch angeregt, den Rechtsstreit gegen Zahlung einer Vergleichssumme in Höhe von 1.200,00 Euro gütlich beizulegen.

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Der Abgemahnte war zum Tatzeitpunkt auf Reisen

Zur Verhinderung eines drohenden einstweiligen Verfügungsverfahrens im Hinblick auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gab der Anschlussinhaber rasch eine sogenannte abgeänderte Unterlassungserklärung ab. Diese wurde von der Gegenseite akzeptiert. Die vermeintlichen Zahlungsansprüche wurden jedoch zurückgewiesen. Schließlich war zweifelhaft, ob die behauptete IP-Adressen-Ermittlung überhaupt richtig war. Zudem befand sich der Anschlussinhaber zum Zeitpunkt der fraglichen Verletzungshandlung auf einer Geschäftsreise in Spanien.

Dennoch erhob das Musikunternehmen Klage gegen den betroffenen Anschlussinhaber und verlangte vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main die Zahlung von insgesamt 3.879,80 Euro. Durch den Musiktausch sei ein Schaden in Höhe von 2.500,00 Euro entstanden. Zudem seien alleine für die Verfassung des außergerichtlichen Abmahnungsschreibens Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.379,80 Euro entstanden.

Gericht wies die Klage ab

Das Amtsgericht Frankfurt hat die Klage zurückgewiesen, da eine Täterschaft des Beklagten nicht bewiesen werden konnte. Sämtliche Kosten des Verfahrens wurden der Klägerin auferlegt.

In der Entscheidung betont das Amtsgericht Frankfurt insbesondere die folgenden rechtlichen Aspekte:

In Filesharing-Fällen spricht die bereits alleine die bloße Annahme einer richtig ermittelten IP-Adresse für eine Täterschaft des Anschlussinhabers (sog. Anscheinsbeweis). Dies bedeutet, dass die klagende Partei ein tatsächliches Verschulden des Anschlussinhabers zunächst gar nicht nachweisen muss!

Der Anschlussinhaber kann sich jedoch von der Vermutung seiner Täterschaft entlasten, indem er einen möglichen alternativen Geschehensablauf dargelegt. Hierzu genügt die überprüfbare Behauptung, dass auch andere Personen zum fraglichen Zeitpunkt auf den Internetanschluss zugreifen konnten. Dies ist in vielen Fällen einfach möglich, da die meisten Internetanschlüsse im Familienverbund, im Rahmen von Wohngemeinschaften, durch Gäste oder oft auch geschäftlich von Mitarbeitern genutzt werden. Wichtig ist, dass der Anschlussinhaber nur die theoretische Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs darlegen muss.

Er ist nicht gehalten, eigene Nachforschungen anzustellen, Familienmitglieder zu befragen oder gar zu beweisen, dass ein Dritter die vermutete Tat begangen hat. Daher ist es in vielen Verfahren möglich, den betroffenen Anschlussinhaber zu entlasten, ohne dabei Dritte (insbesondere Familienmitglieder, seien sie auch minderjährig) zu belasten und damit in die Gefahr einer eigenen gerichtlichen Inanspruchnahme zu drängen.

Kompliziertes Rechtsgebiet bietet viele Verteidigungsmöglichkeiten

Filesharing-Klagen der Musik- und Filmwirtschaft beinhalten meist eine sehr umfangreiche Klagebegründung. In dem vorliegenden Fall umfasste die Klageschrift alleine 27 Seiten. Hinzu kamen eine Sammlung umfangreicher Anlagen, sowie weitere Schriftsätze. Die meisten Ausführungen beschäftigten sich dabei allerdings mit reinen Rechtsfragen.

Bereits diese Notwendigkeit der klagenden Partei, seitenstarke rechtliche Ausführungen zu machen, belegt, dass der Streitstand in Wahrheit nicht einfach, sondern vielmehr rechtlich höchst kompliziert ist. Diese rechtliche Problematik dient wiederum häufig dem Vorteil des Beklagten. Ihm stehen viele rechtliche Verteidigungsmöglichkeiten und Chancen offen. Selbst wenn eine Tat im Einzelfall tatsächlich bewiesen werden kann, sind die hohen Zahlungsansprüche nicht ohne weiteres auch betragsmäßig begründet. Zudem ist auch eine tatsächliche Entlastung des Beklagten und damit ein Prozessgewinn in vielen Verfahren möglich. Dies zeigt die aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main.

Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 27.9.2013 – 29 C 275/13 (85) im Volltext

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