Also doch 97a UrhG: Anwaltskosten der Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung an Musik-CD-Album durch Filesharing nur 100 Euro

Mehr zum Thema: Urheberrecht - Abmahnung, Filesharing, Abmahnung
3,25 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
12

In einem durch RA Sven Hezel vertretenen Fall, Terminsvertretung durch RA Dr. Gernot Schmitt-Gaedke, hat das AG Frankfurt (Az 30 C 2353/09-75, Urteil vom 01.02.2010) rechtskräftig die Klage einer Abmahnungskanzlei auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten iHv 651,80 EUR für eine der berüchtigten Filesharing-Abmahnungen (wegen Urheberrechtsverletzung in P2P-Tauschbörsen) größtenteils abgewiesen.

Statt der vom Kläger geforderten 651,80 EUR hat das Gericht gem. § 97a UrhG die zulässigen Abmahnungskosten auf 100,00 EUR festgesetzt. Im Ergebnis musste der Beklagte somit deutlich weniger an den Kläger bezahlen, als dieser in der Abmahnung gefordert hatte.

In der Begründung des Urteils wurde festgestellt, was seitens bekannter Abmahnungskanzleien immer wieder vehement abgestritten wird: Es handelt sich – bei einmaligen Vorfällen von Urheberrechtsverletzung an Musik-CD-Alben durch Filesharing - um „einfach gelagerte Fälle mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs". Auch das Stichwort „Massenabmahnungen" ist in der Urteilsbegründung gefallen.

Dieses bahnbrechende Urteil sollte zeigen, dass Empfänger von Abmahnungen nicht schutzlos sind, sondern rechtliche Hilfe vieles bewirken kann. 

Dies gilt auch und gerade für die derzeit gängigen Abmahnungswellen im Namen der Rechteinhaber und Interpreten bushido, David Vogt, Styleheads, Cascada, Culcha Candela, Uptunes, Matthew Tasa, etc., da dort die abgemahnte Urheberrechtsverletzung sich meist sogar nur jeweils auf ein einziges Lied bezieht. Wenn aber beim filesharing eines ganzen Musik-CD-Albums ein einfach gelagerter Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs vorliegen kann, sollte dies erst recht für das Filesharing eines einzigen Liedes gelten. Ergo sind auch in diesen Fällen die „Vergleichsangebote" der Abmahnungskanzleien von 350 – 450 EUR lange nicht so entgegenkommend, wie diese glauben machen wollen.

Leserkommentare
von Rechtsanwalt Sven Hezel am 28.04.2010 16:02:05# 1
UPDATE DES AUTORS: Ich habe Hinweise aus der Kollegenschaft, dass der Urteilstenor bzgl. einer "Tonaufnahme" auch als Single-Musikstück zu verstehen sein kann. Ich erlaube mir dazu den Hinweis, daß auf S.5 der Urteilsbegründung wiederum von einer "CD" die Rede ist. Aus dem Verfahren kann ich berichten, daß die Klägerin selbst von "der streitgegenständlichen CD" spricht. Wie dem auch sei, ist natürlich festzuhalten, daß dieses Urteil nicht allgemeinverbindlich ist und daher weder ich noch sonst ein Kollege garantieren kann, daß das nächste Urteil ebenso "freundlich" ausfallen wird. Diese Einschränkung gilt selbst für zukünftige Verfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt selbst, da dieses sehr groß ist und bekanntlich jeder Richter unabhängig ist. In diesem Sinne bitte ich, das vorgestellte Urteil nicht als totale Kehrtwende der Rechtsprechung mißzuverstehen. Es könnte ein Anfang sein -oder Ausnahme bleiben. Hoffen wir ersteres. gez. RA Hezel
    
von guest-12302.06.2011 00:25:21 am 16.12.2010 20:37:21# 2
Tipp: Es ist immer sinnvoll zu ergründen: was wollte der Gesetzgeber! So wie jetzt einige interessierte Kreise argumentieren, daß von UrhG § 97a (2) praktisch nur der Fall umfasst sei, wenn z. B. jemande auf seiner Homepage einen Kartenausschnitt veröffentlichte ist bewusste, interessenorientierte Wahrheitsverdrehung. Es war doch niemals ein Problem mit Abmahnungen gegen Webseiten-Inhaber. Das Problem wurde virulent mit dem Entdecken durch schlecht laufende Kanzleien, wie man sein Überleben retten kann - indem man Filesharer kriminellst abzockt. Es muß nämlich mal klar gesagt weden: im Vergleich zu den sittenwidrigen Honoraren und Schadensersatzforderungen ohne jeglichen Nachweis, des wirklichen Schadens - er ist zweifelsohne 1/10 des immer behaupteten - werden Familien in den Konkurs gestürzt, ja einige mussten ihr Haus verkaufen !!!!!!!!! - dagegen ist Filesharing Kinkerlitzchen. Der Umsatzrückgang kommt nämlich nicht vom sondern !trotz! Filesharing. So hat Microsoft bewusst den illegalen Vertrieb seines betriebssystems geduldet und nur dadurch heute eine weltweite Abdeckung des Marktes erreicht!
Und angesichts dieses Desasters hat die Justizministerin in diversen TV-Sendungen klipp und klar auf das Filesharing Bezug genommen, als sie die Gesetzesreform ankündigte!