Höchstrichterliche Entscheidung zum "Kissing Spines-Syndrom"

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Hat ein Pferdekäufer bei seinem neu erworbenen Pferd durch eine tierärztliche Untersuchung feststellen müssen, dass dieses unter dem so genannten "Kissing Spines-Syndrom" leidet, so war die Möglichkeit, ein Pferd im Wege des Gewährleistungsrechtes zurückzugeben, abhängig davon, in welchem Bundesland der Verkäufer seinen Wohnsitz hatte.

Während das Oberlandesgericht Celle bereits bei dem Vorliegen eines röntgenologisch festgestellten Befundes in Form eines verkleinerten Zwischenraumes zwischen zwei Dornfortsätzen und einer vorhandenen Randsklerosierung eine Mangelhaftigkeit des Pferdes annahm, waren andere Oberlandesgerichte mit der Anwendung von Gewährleistungsrechten bei einem solchen Befund weitaus sparsamer:

Birgit Raupers
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Diese hielten es für erforderlich, dass zu dem röntgenologischen Befund eine physiologische Beeinträchtigung auftreten müsse, deren Ursache das "Kissing Spine-Syndrom" sei und die zur Beeinträchtigung des Gebrauchs des Pferdes führt.

Eine Krankheitsdisposition bei einem solchen Röntgenbefund ist demnach nur dann als Mangel zu qualifizieren, wenn sie zwingend zu einer Erkrankung führt ( LG Lüneburg, GdL 2005 S. 66; OLG Hamm NJOZ 2006 S. 4207).

Nunmehr hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 07.02.2007 (Az VIII ZR 266/06) entschieden, dass die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt wird, wenn eine Abweichungen von der "physiologischen Norm" vorliegt wie im vorliegenden Fall der röntgenologisch festgestellte Befund der Verschmälerung zwischen zwei Dornfortsätzen mit geringgradigen Randsklerosierungen, welche der Röntgenklasse 2 - 3 einzuordnen sind.

Diese röntgenologischen Befunde sind, wenn nur eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickelt, nicht als Mangel einzustufen, so dass der Käufer das Pferd nicht zurückgeben kann.

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin ein Freizeitpferd erworben, welches sie auch für Distanzritte einsetzen wollte.

Ein paar Monate später wurde durch den behandelnden Tierarzt festgestellt, dass bei dem Tier im Bereich der hinteren Sattellage der Raum zwischen zwei Dornfortsätzen verschmälert ausgeprägt ist und dort bereits geringgradige Randsklerosierungen der Dornfortsätze vorhanden waren. Es wurde weiter festgestellt, dass dieser Zustand bereits bei der Übergabe des Pferdes bestanden hat.

Der Röntgenbefund wurde in die Röntgenklasse 2 - 3 eingeordnet.

Die Klägerin ist vom Vertrag zurückgetreten und verlangt nunmehr die Rückzahlung des Kaufpreise Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Pferdes. Sie machte geltend, dass das Pferd aufgrund des Befundes negativ von der Beschaffenheit abweicht, die bei Pferden dieser Alterklasse üblich ist. Zudem führte sie an, dass Preisabschläge beim Weiterverkauf des Pferdes zu befürchten sind, die darauf zurückzuführen sein, dass "der Markt" bei der Preisfindung von einer besseren als der tatsächlich üblichen Beschaffenheit eines solchen Pferdes ausgeht.

Zukünftig reicht allein das Vorliegen eines „Kissing-Spines Syndroms" (welches in der Verkäufersphäre auch schon mal als „Kaufreuesyndrom" bezeichnet wird), ohne zusätzliche klinische Befunde nicht aus, Gewährleistungsrechte aus dem Kaufvertrag geltend zu machen.


Birgit Raupers
(Rechtsanwältin)

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Birgit Raupers-Weller
Rechtsanwältin
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