Wann liegt eine sexuelle Handlung im Sinne des Strafrechts vor?

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Der Begriff der "sexuellen Handlung" ist das Kernstück des Sexualstrafrechts des Strafgesetzbuches. Im folgenden Artikel wird aufgezeigt, wann von einer "sexuellen Handlung" gesprochen werden kann.

Das Sexualstrafrecht in den §§ 174 ff. verwendet an mehreren Stellen den Begriff der "sexuellen Handlung". Viele Tatbestände setzen die Vornahme oder Duldung " sexueller Handlungen " für eine Strafbarkeit voraus. So z.B. § 174 (sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen), § 176 (sexueller Missbrauch von Kindern), § 177 (sexuelle Nötigung, Vergewaltigung).

Bei welchen Verhaltensweisen liegt eine sexuelle Handlung im Sinne des StGB vor?

Das StGB enthält in § 184g eine scheinbare Definition des Begriffes der sexuellen Handlung. Diese "Definition" ist nur wenig hilfreich, weil dort nicht gesagt wird, was eine sexuelle Handlung ist, sondern nur bestimmt wird, dass im Sinne des Gesetzes nur solche Handlungen sexuelle Handlungen sind, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind.

Der Gesetzgeber geht also eigentlich von einem vorgegebenen Begriff der sexuellen Handlung aus. Die Aufgabe, eine exakte Definition der sexuellen Handlung herauszuarbeiten, ist damit der Rechtsprechung überantwortet.

Eine sexuelle Handlung setzt voraus, dass sie bereits durch ihr äußeres Erscheinungsbild objektiv für das allgemeine Verständnis die Sexualbezogenheit erkennen lässt. Auf die subjektive Motivation des Handelnden kommt es grundsätzlich nicht an. Daher kommt bei äußerlich völlig neutralen Handlungen keine Bedeutung zu; egal von welcher Motivation die Handlung geleitet ist. Voraussetzung ist immer eine nach außen tretender deutlicher geschlechtlicher Bezug erforderlich.

Hinweis: Wenn Ihnen der Vorwurf einer Sexualstraftat gemacht wird, sollten Sie von einem Rechtsanwalt prüfen lassen, ob überhaupt das Tatgeschehen eine Einordnung als sexuelle Handlung rechtfertigt.

Sofern eine Handlung als sexuelle Handlung bewertet werden kann, muss geprüft werden, ob es sich um eine "erhebliche" sexuelle Handlung handelt. Dies ist der Fall, wenn die Handlung einen Grad erreicht, dass sie eine sozial nicht mehr hinnehmbaren Eingriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung darstellt. Bloß anstößige Verhaltensweisen, Takt- und Geschmacklosigkeiten scheiden daher bereits auf Tatbestandsebene aus.

Hinweis: Beim Vorwurf einer sexuellen Handlung, sollte anhand der in der Ermittlungsakte befindlichen Informationen und der konkreten Tatumstände seitens eines Rechtsanwalts geprüft werden, ob die Erheblichkeitsschwelle überschritten worden ist.

Da es sich bei der sog. "Erheblichkeitsschwelle" um einen auslegungsbedürftigen Begriff handelt, bestehen hier weitreichende Argumentations- und Einflussmöglichkeiten. In der Rechtssprechung sind schon einige Verhaltensweisen (wie z. B. kurze, unbedeutende Berührungen, grobe Zudringlichkeiten) als unerheblich beurteilt worden.

Hinweis: Beim Vorwurf eines Sexualdelikts ist es ratsam, zu den Vorwürfen erst einmal zu schweigen und einen Rechtsanwalt mit Ihrer Verteidigung zu beauftragen. Dieser wird zunächst einmal Akteneinsicht beantragen und dann anhand der Akte prüfen, ob eine Strafbarkeit überhaupt in Frage kommt und ob die Tatvorwürfe nachgewiesen werden können.

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