Tatvorwurf Kinderpornographie

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Rechtsanwalt zum Vorwurf: Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften gemäß § 184b StGB

Das Sexualstrafrecht ist eines unserer Spezialgebiete. Der Vorwurf des Umgangs mit kinderpornographischen Schriften gemäß § 184b Strafgesetzbuch (StGB) ist hier besonders häufig anzutreffen. Da wir schon zahlreiche Mandate aus diesem Bereich betreut haben, wollen wir im Folgenden einmal wesentliche Themen, die immer wieder eine Rolle spielen, wenn Mandanten mit dem Vorwurf des Umgangs mit kinderpornographischen Schriften konfrontiert sind, zusammenfassen.

Einleitung eines Strafverfahrens wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften

Die Fallgestaltungen bei Strafverfahren wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz von kinderpornographischen Schriften sind zu unterschiedlich, als dass eine allgemeine Regel aufgestellt werden könnte. Häufig geraten die Mandanten in das Visier der Ermittlungsbehörden, weil bei jemand anderem, bei dem eine Durchsuchung stattgefunden hat, kinderpornographisches Material gefunden wurde, und der Mandant als Chatpartner oder ähnliches auf dem sichergestellten bzw. beschlagnahmten Rechner ausfindig gemacht werden konnte.

Auch kann die Überprüfung des Zahlungsverkehrs (Kreditkarten o.ä.) den Taterdacht des Umgangs mit kinderpornographischem Material begründen oder Hinweise von Bekannten (häufig zerstrittene Ex-Partner) oder von überführten Produzenten von Kinderpornos. Nicht selten wird auch aufgrund anderer Delikte gegen den Mandanten ermittelt und das kinderpornographische Material bei einer Hausdurchsuchung eher „zufällig" gefunden.

Aber auch der Konsum legaler Erwachsenenpornografie birgt Gefahren. So zum Beispiel, wenn unter ganz unverfänglichen Suchbegriffen (teen, amatauer etc.) Dateien „gedownloaded" werden, ohne dass man sich diese zuvor angeschaut hat und auch danach nichts von deren Existenz auf dem Computer weiß.

Die Reihe ließe sich fortführen. Fakt ist, dass die Tätigkeiten der Ermittlungsbehörden hier deutlich zugenommen haben und damit die Gefahr größer wurde, wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften verfolgt zu werden.

§ 184b StGB Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften

Wer pornographische Schriften, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zum Gegenstand haben (kinderpornographische Schriften),

  1. verbreitet,
  2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder
  3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,

wird gemäß § 184b Absatz 1 StGB mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird gemäß Absatz 2 bestraft, wer es unternimmt, einem anderen den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Nach § 184b Absatz 4 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer es unternimmt, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Ebenso wird bestraft, wer die in Satz 1 bezeichneten Schriften besitzt.

Der Gesetzgeber wollte mit dieser Norm Kinder davor schützen, im Rahmen der Herstellung pornografischer Schriften missbraucht zu werden, sowie Anreiz- und Nachahmungswirkung auf Grund der Verbreitung solcher Schriften entgegentreten.

Was ist Kinderpornografie?

Wenn die abgebildete Person tatsächlich unter 14 Jahre alt ist, liegt stets eine sexuelle Handlung eines Kindes vor, dies gilt sogar dann, wenn der Täter, der die Aufnahmen hergestellt hat, davon ausgeht, der Betrachter werde die Person nicht mehr als Kind ansehen oder er versucht, den Betrachter hierüber zu täuschen (vgl. BGHSt 47, S. 55, (61 f.). Auch, wenn die dargestellte Person tatsächlich älter als 14 Jahre ist, aber jünger wirken soll (BGHSt 47, S. 55), ist der Straftatbestand erfüllt.

Posing-Fotos als sexuelle Handlungen von Kindern i.S.d. § 184b Absatz 1 StGB?

Ob eine Handlung von, an oder vor einem Kind als sexuelle anzusehen ist, lässt sich in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle eindeutig feststellen. Lange Zeit umstritten war dies jedoch für so genannte „Posing"-Fotos. „Posing"-Fotos sind Fotos mit Abbildungen von Kindern, die ihre unbedeckten Genitalien oder ihr unbedecktes Gesäß „aufreizend zur Schau stellen" (BGHSt 50, S. 370 (371)). Der Bundesgerichtshof hatte zur bisherigen, bis 4. 11. 2008 geltenden Fassung des § 184b StGB, die Auffassung vertreten, dass das Verbreiten von „Posing"-Bildern nicht strafbar ist (BGHSt 50, S. 370 ff.). Mit dem „Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie" vom 31. 10. 2008 (BGBl I 2008, S. 2149) ist § 184b Absatz I StGB novelliert worden. Mit der Novelle sollte unter anderem die vom Bundesgerichtshof festgestellte Gesetzeslücke geschlossen werden. Seit dem der neue § 184b StGB am 05.11.2008 in Kraft getreten ist, fallen unter das Tatbestandsmerkmal „sexuelle Handlung von einem Kind"  i.S.d. § 184b Absatz 1 auch „Posing"-Fotos: Hierbei kommt es weder darauf an, ob eine Manipulation des Körpers erfolgt, noch darauf, ob das Kind zu dieser Handlung i.S.d. § 176 IV Nr. 2 StGB von einem anderen bestimmt worden ist.

Besitz verschaffen oder Besitz von Kinderpornografie i.S.d. § 184b IV StGB

Der Täter muss sich hierfür den Besitz von kinderpornografischen Schriften verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben - oder solche Schriften besitzen. Besitz bedeutet tatsächliche Verfügungsmacht, die gegeben ist, wenn die Schrift sich im Herrschaftsbereich einer Person befindet. Wenn Daten, die aus dem Internet gezogen wurden, auf festen Medien gespeichert werden (Festplatte, CD, Datenstick, etc.), ist dieses Tatbestandsmerkmal unstreitig erfüllt. Nach wie vor Unklarheit herrscht jedoch für den Fall, in dem die Bilder lediglich betrachtet und nicht gespeichert werden. Das Oberlandesgericht Hamburg möchte in diesem Fall genügen lassen, dass die entsprechenden Daten in den Cache-Speicher des Rechners geladen wurden (Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 15. Februar 2010 – 2-27/09 (REV)). Allerdings kann es nach einer anderen Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg am Besitzwillen und somit am Vorsatz fehlen, wenn ein Angeklagter unmittelbar nach dem Betrachten die Bilder aus dem Browser-Cache löscht oder dies vorhat (OLG Hamburg, StV 2009, S. 469).

Durchsuchung oder erkennungsdienstliche Behandlung

Wenn wegen Verbreitung, Erwerb oder Besitz kinderpornografischer Schriften ermittelt wird, wird es typischerweise zur Durchsuchung des Hauses, der Wohnung oder des Arbeitsplatzes des Beschuldigten kommen.

Wie Sie sich in diesem Falle verhalten sollten, können Sie in unserem Artikel Durchsuchungen von Wohnungen oder anderen Räumen nachlesen.

Meistens werden in diesem Falle sämtliche Rechner und Speichermedien sichergestellt bzw. beschlagnahmt. Die Auswertung dieser Medien kann lange Zeit in Anspruch nehmen, weil die Asservatenkammer der Polizeibehörden randvoll sind mit vermeintlichem Beweismaterial und trotz „Outsourcen" der Auswertung von Datenspeichern die Ermittlungsbehörden ob der Datenmenge schlicht überfordert sind.

Häufig folgte die Aufforderung, sich zwecks erkennungsdienstlicher Behandlung gemäß § 81b StPO in ein Polizeipräsidium zu begeben, weil bei Vorwürfen aus dem Sexualstrafbereich reflexartig von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen wird. Auch hier lohnt indes, den Rat eines Strafverteidigers einzuholen. So hat beispielsweise das Verwaltungsgericht Saarlouis entscheiden, dass die allgemeine kriminalistische Erfahrung, dass bei Sexualstraftaten eine neigungsbedingte Wiederholungsgefahr besteht, für sich genommen für die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nicht ausreiche. Es müsse hinzukommen, dass sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalles in tatsächlicher Hinsicht ein Verdacht einer entsprechenden sexuellen Neigung belegen lässt (Urteil vom 21.01.2010 – 6 K 860/08).

Absage des Termins bei der Polizei und Akteneinsicht

Sofern Sie einen Rechtsanwalt mit Ihrer Verteidigung beauftragt haben, wird dieser – bevor irgendwelche Angaben gemacht werden – zunächst einmal den Anhörungstermin bei der Polizei für Sie absagen und Einsicht in die Ermittlungs- und Beweismittelordner nehmen. Nach Akteneinsichtsnahme wird Ihr Rechtsanwalt das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen. In der Regel empfiehlt es sich für den Rechtsanwalt, in Fällen des Vorwurfs des Umgangs mit kinderpornografischen Schriften mit der Staatsanwaltschaft Kontakt aufzunehmen, um mittels Darstellung des Sachverhalts aus Sicht des Beschuldigten die Entscheidung der Staatsanwaltschaft zu beeinflussen. Dies hat weit überwiegend großen Erfolg.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie der Vorwurf gemäß § 184b StGB erledigt werden kann. Die Fälle und zugrundeliegenden Sachverhalte sind zu unterschiedlich, um pauschal Antwort darauf zu geben, ob der jeweilige Fall bestraft werden wird, und wenn ja, mit welchen Konsequenzen der Beschuldigte zu rechnen hat.

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 170 II Strafprozessordnung (StPO)), wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO) oder nach Leistung einer Auflage (§ 153a StPO) eingestellt wird. Der größte Vorteil einer Einstellung – neben dem, dass keine Gerichtsverhandlung durchgeführt wird – ist, dass eine solche Entscheidung nicht in das Führungszeugnis aufgenommen wird, man insofern weiterhin als nicht vorbestraft geführt wird.

Nicht immer lässt sich aber eine Einstellung erreichen. Insbesondere dann nicht, wenn die aufgefundene Kinderpornografie umfangreich ist oder harte Pornografie darstellt. Mit welcher Strafhöhe in diesen Fällen zu rechnen ist, insbesondere ob mit einer Freiheitsstrafe oder, im Falle des § 184b IV StGB, noch mit einer Geldstrafe, lässt sich ohne Kenntnis des Einzelfalls nicht beantworten. Die Einflussmöglichkeiten eines erfahrenen Strafverteidigers sind jedoch auch in diesen Fällen groß.

Führungszeugnis

Ein Eintrag in das Führungszeugnis folgt ab einer Geldstrafe von über 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von über drei Monaten, sofern im Register keine weitere Strafe eingetragen ist (§ 32 BZRG). Deshalb kann sich als nicht vorbestraft bezeichnen, wer nicht zu 91 Tagessätzen oder mehr verurteilt wurde, auch wenn andere Eintragungen im Bundeszentralregister vermerkt sind, denn maßgeblich ist, dass laut Führungszeugnis keine Vorstrafe gegeben ist.

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