Strafrestaussetzung

Mehr zum Thema: Strafrecht, Reststrafentaussetzung, Kriminalitätsprognose, Tataufarbeitung, Schuldaufarbeitung
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Kriminalitätsprognose

Strafrestaussetzung zur Bewährung: Kriminalitätsprognose unter Berücksichtigung der Tat- und Schuldaufarbeitung des Verurteilten;

OLG Hamm, 2. Strafsenat, Beschluss v. 17.02.2010, Az. : 2 Ws 32/10

Janine-Daniela Wagner
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Strafrecht, Familienrecht

Bei Verurteilungen, die im Zusammenhang mit Gewalttaten oder Delikten gegen die
sexuelle Selbstbestimmung erfolgten, kommt eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung nur in Betracht, wenn dies im Hinblick auf die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortet werden kann, da § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Reststrafenaussetzung zur Bewährung verlangt.

Zwar muss keine Gewissheit bestehen, dass der Verurteilte in Freiheit künftig straffrei bleibt, es müssen jedoch eindeutige positive Anhaltspunkte vorliegen, die es wahrscheinlich machen, dass der Verurteilte die Probe in der Freiheit besteht und während seiner Bewährungszeit straffrei bleiben wird.

Solche Anhaltspunkte sind regelmäßig dann nicht gegeben, wenn der Verurteilte sich nicht mit der Tat und deren Folgen auseinander setzt bzw. auseinander gesetzt hat.
Für einen solchen Fall wäre eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung nichtmal dann möglich, wenn zu Gunsten des Verurteilten sein erstmaliger Aufenthalt in Haft sowie ein anstandsloses Vollzugsverhalten sprechen.

Allerdings kann man nicht für alle Fallvarianten einheitlich beurteilen, inwiefern eine unzureichende Tataufarbeitung gleichzeitig auch eine negative Prognose hinsichtlich der zukünftig zu erwartenden Straffreiheit ist.
Schließlich gibt es verschiedene Ursachen: Manch einer schämt sich für die begangene Tat und möchte deshalb nicht darüber reden.

Ist jedoch die fehlende Aufarbeitung der Tat krankheitsbedingt oder ist sie auf ein Persönlichkeitsdefizit zurückzuführen und besteht deswegen die Sorge, dass der Verurteilte nicht straffrei bleiben wird, wenn er diese Defizite nicht aufgearbeitet hat, ist immer eine therapeutische Aufarbeitung und Auseinandersetzung der Tat erforderlich.

Der Verurteilte muss sich also mit der Frage befassen, welche Charakterschwächen zur Tatbegehung geführt haben. In einem zweiten Schritt muss er Tatsachen schaffen, die für die Beseitigung des Defizits sprechen und die es wahrscheinlich machen, dass der Verurteilte zukünftigen Anreizen zur Tat widerstehen wird.

Wichtig im Hinblick auf die positive Prognose für die Strafaussetzung ist die emotionale Haltung des Verurteilten:

Ist er von der Tat noch immer betroffen und erschüttert oder steht er dieser ruhig und distanziert gegenüber?
Sucht er den Grund für seine Straffälligkeit bei sich selber oder verharmlost er die Tat und weist die Schuld dem Opfer zu?
Als ungünstig sind dabei solche Fälle anzusehen, in denen eine aggressive Handlungsbereitschaft des Verurteilten durch eine gute Vollzugsanpassung verdeckt wird oder in denen der Gefangene - ohne dass über Jahre eine Veränderung festzustellen ist - seine Sichtweise beibehält.