Erkennungsdienstliche Behandlung § 81b StPO: FAQ vom Rechtsanwalt

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Erkennungsdienstliche Behandlung § 81b StPO: FAQ vom Rechtsanwalt

Viele Beschuldigte in einem Strafverfahren bekommen eine Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung. Bei näherer Betrachtung der Ladung wird auf § 81b der Strafprozessordnung (StPO) verwiesen. Wer in § 81b StPO nachliest, findet nur ein kurzes Gesetz, das ihm auch nicht viel weiter hilft. Am Ende der Ladung heißt es zumeist, dass bei Nichtbefolgung der Ladung, die Ladung mit Zwang durchgesetzt wird, sprich, dass die Polizei den Betroffenen von zuhause abholt. Für die Betroffenen stellen sich viele Fragen: Muss ich mich erkennungsdienstlich behandeln lassen? Kann ich mich dagegen wehren? Ist die Anordnung überhaupt zulässig? Darauf gibt dieser Beitrag Antworten anhand folgender Fragestellungen:

  1. Was ist eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b StPO?
  2. Was kann ich gegen eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b StPO tun?
  3. In welchen Fällen kann Rechtsschutz gegen eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO Erfolg haben?
  4. Was kostet mich der Rechtsanwalt?

1. Was ist eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b StPO?

Rolf Tarneden
Partner
seit 2004
Rechtsanwalt
Köbelinger Str. 1
30159 Hannover
Tel: 0511. 220 620 60
Web: http://www.tarneden.de
E-Mail:
Ausländerrecht, Strafrecht, Hochschulrecht, Verkehrsrecht

In der Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung wird zumeist recht genau beschrieben, welche Maßnahmen erfolgen sollen. Typisch sind:

  • Abnahme von Fingerabdrücken
  • Abnahme von Handflächen- und Handkantenabdrücken
  • Aufnahme von Lichtbildern
  • Feststellung äußerer körperlicher Merkmale (z.B. Erfassung von Narben oder Tätowierungen)
  • Messungen
  • Andere Maßnahmen (z.B. Schriftproben usw.)

Es werden also höchstpersönliche Daten von der Polizei erfasst. Diese bleiben dort zu Verfahrenszwecken und für Zwecke des Erkennungsdienstes gespeichert. Ein solch massiver Eingriff in Grundrechte bedarf strenger gesetzlicher Regelungen. Diese finden sich in dem (recht knapp gefassten) § 81b StPO. Nach ihm ist in zwei Fällen die erkennungsdienstliche Behandlung zulässig: Einmal für die Zwecke des Erkennungsdienstes § 81b Alt. 2 StPO (nachfolgend 1.1.) und einmal für Verfahrenszwecke nach § 81b Alt. 1 StPO (nachfolgend 1.2.).

1.1. Erkennungsdienstliche Behandlung für Zwecke des Erkennungsdienstes § 81b Alt. 2 StPO

Diese Variante ist aus meiner Sicht der erheblichere Eingriff. Die erhobenen Daten (Fingerabdrücke usw.) werden im Computer gespeichert. Wird irgendwo anders in Deutschland eine Tat begangen, wo (z.B.) Fingerabdrücke genommen werden und wird von dort aus ein Datenabgleich durchgeführt, so kann mit den hier erhobenen Daten ein Datenabgleich vorgenommen werden.

Die meisten Menschen wären wohl nicht einverstanden, wenn ihre persönlichen körperlichen Merkmale (wie z.B. Fotos und Fingerabdrücke) für den Datenabgleich in Strafverfahren in Deutschland zur Verfügung stehen.

Genau dies ist aber die Folge dieser Art der erkennungsdienstlichen Behandlung.

Sie dient also im Wesentlichen der Verhinderung und Aufklärung von anderen Straftaten.

1.2. erkennungsdienstliche Behandlung für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens nach § 81b Alt. 1 StPO

Diese Variante ist aus meiner Sicht die harmlosere von beiden Eingriffsmöglichkeiten. Ein Beispiel verdeutlicht den Sinn:

An einer Tat sind drei Beschuldigt. Es gibt keine Tatzeugen. Die drei Beschuldigten schweigen. Es geht um eine Messerstecherei. An dem Messer sind Fingerabdrücke gesichert worden.

Hier greift diese Variante der erkennungsdienstlichen Behandlung ein. Die Polizei muss aufklären können, ob der Fingerabdruck von einem der Beschuldigten herrührt. Dazu kann – wenn ausreichend Verdachtsmomente gegen die Beschuldigten vorliegen – angeordnet werden, dass von ihnen die Fingerabdrücke genommen werden.

Entscheidender Vorteil gegen über der anderen Variante: Die Datenerhebung ist auf dieses Strafverfahren begrenzt. Ist der Fall abgeschlossen, erfolgt keine weitere Verwendung.

2. Was kann ich gegen eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b StPO tun?

Hier kommt es darauf an, um welche Art der erkennungsdienstlichen Behandlung es sich handelt: Bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung für die Zwecke des Erkennungsdienstes (§ 81b Alt. 2 StPO) – also zur Aufklärung und Verhinderung anderer Straftaten - finden Sie dazu Informationen nachstehend unter 2.1.. Für die erkennungsdienstliche Behandlung für Verfahrenszwecke (§ 81b Alt. 1 StPO) – also zur Aufklärung der anlassbezogenen Straftat – finden Sie Informationen unter 2.2.

2.1. Rechtsschutz gegen die erkennungsdienstliche Behandlung für Zwecke des Erkennungsdienstes gemäß § 81b Alt. 2 StPO

Diese Art der erkennungsdienstlichen Behandlung dient – s.o. – der Aufklärung und Verhinderung anderer Straftaten. Gegen diese Art der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist entweder Widerspruch oder Klage einzulegen. In Niedersachsen – dem Bundesland meines Kanzleisitzes – ist Klage zu erheben, da das Widerspruchsverfahren abgeschafft ist. In den Bundesländern, in denen es das Widerspruchsverfahren noch gibt, wäre Widerspruch einzulegen. Je nach Verfahrensgang ist es evtl. zusätzlich erforderlich, einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen.

2.2. Rechtsschutz gegen die erkennungsdienstliche Behandlung für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens nach § 81b Alt. 1 StPO

Diese Art der erkennungsdienstlichen Behandlung dient – s.o. – der Aufklärung der anlassbezogenen Straftat. Hier ist die Beschwerde das einzulegende Rechtsmittel. Hier ist zu prüfen, ob die Datenerhebung ein für die Ermittlungszwecke verhältnismäßiges Mittel ist.

3. In welchen Fällen kann Rechtsschutz gegen die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO Erfolg haben?

Aus meiner Sicht ergeben sich besonders gute Chancen gegen eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO in folgenden Fällen (es sollte dabei weder eine gewerbsmäßige oder gewohnheitsmäßige Tatbegehung vorliegen):

  • Der Beschuldigte ist noch nicht strafgerichtlich verurteilt worden
  • Der Beschuldigte ist Ersttäter
  • der Beschuldigte ist Jugendlicher oder Heranwachsender
  • gesichertes soziales Umfeld (der Beschuldigte kommt aus einem guten Elternhaus) und überschaubarer Tatvorwurf
  • überschaubarer Tatvorwurf (z.B. geringfügige Sachbeschädigung, jugendtypische Verfehlungen z.B. Körperverletzung, Diebstahl, Betrug)
  • alternative Aufarbeitung des Geschehens (in der Schule, mit dem Jugendamt)
  • bereits erfolgte Schadenwiedergutmachung oder Entschuldigung

Zumindest ein vorstehendes Merkmal sollte zu bejahen sein. Liegen gleich mehrere vor, steigen die Chancen noch weiter. Aufgrund der Erfahrungen der von mir geführten Prozesse sind die Erfolgsaussichten in den genannten Fallgruppen besonders positiv zu bewerten. Eine konkrete Analyse muss aber immer dem Einzelfall vorbehalten bleiben.

4. Was kostet mich der Rechtsanwalt?

Die anwaltliche Vertretung für die Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels in den Fällen der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO (also für die Verhinderung und Aufklärung von anderen Straftaten) verursacht zumindest Kosten in Höhe von rund 500,00 €. Je nach Verfahrensablauf können die Kosten auch höher ausfallen. Auch kommen ggf. Gerichtskosten hinzu. Bei Obsiegen sind die Kosten von der Polizei zu erstatten. Näheres erfahren Sie gern auf Anfrage.

Wer rechtsschutzversichert ist, bekommt ggf. eine Deckungszusage von seiner Rechtsschutzversicherung.

Anwaltliche Vertretung wegen der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 1 StPO (also zur Aufklärung der anlassbezogenen Straftat) erfolgt zumeist einheitlich mit einer bereits übernommenen Verteidigung in der Strafsache selbst und muss dann dort im Rahmen der Verteidigungskosten abgerechnet werden.

Rolf Tarneden
Rechtsanwalt

www.tarneden-inhestern.de
tarneden@tarneden-inhestern.de

Tel: 0511. 220 620 60
Fax: 0511. 220 620 66

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Köbelinger Str. 1 (Nähe Marktkirche)
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