Der Ablauf des Strafverfahrens im Überblick

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Hilfreiche Hinweise für Beschuldigte und Betroffene

Der Ablauf des Strafverfahrens richtet sich im Wesentlichen nach den Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) und des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). Es beginnt mit dem Ermittlungsverfahren, hierauf folgt gegebenenfalls das gerichtliche Zwischenverfahren, die Hauptverhandlung und in manchen Fällen ein Rechtsmittelverfahren in Form einer Berufung oder Revision.

1. Ermittlungsverfahren, §§ 160ff. StPO

Liegt ein Anfangsverdacht für eine Straftat vor, ermittelt die Staatsanwaltschaft mithilfe der Polizei den Sachverhalt, §152 Abs. 2 StPO. Hierbei wird sie entweder von Amts wegen oder aufgrund einer Strafanzeige durch den Betroffenen oder andere Bürger tätig. Bei bestimmten Straftaten ist ein Strafantrag zwingend erforderlich, in solchen Fällen (zum Beispiel bei Diebstahl innerhalb der Familie) muss der Antrag durch den Verletzten – also das Opfer – selbst gestellt werden.

Marko Liebich
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Im Rahmen Ihrer Ermittlungen sammeln Polizei und Staatsanwaltschaft Indizien und Beweise, indem Sie zum Beispiel Zeugen verhören oder Tatbeteiligte zum Geschehen vernehmen. Hierbei haben Sie den gesetzlichen Auftrag, sowohl belastende, als auch entlastende Tatsachen zu ermitteln. In der Praxis ist dies bei Weitem nicht immer der Fall – speziell die Polizei ist in einigen Fällen leider geneigt, entlastende Umstände entweder gar nicht oder nur eingeschränkt zu ermitteln, um zeitnah einen Täter überführen zu können.

Für einen Beschuldigten ist es in dieser Phase des Strafverfahrens das Sinnvollste, gegenüber den Ermittlungsbehörden zu schweigen oder jedenfalls keine Aussage ohne seinen Verteidiger abzugeben, da diese in einer Hautverhandlung unter Umständen gegen ihn verwendet werden kann.

Sind die Ermittlungen abgeschlossen, so kann Einsicht in die Ermittlungsakten genommen werden. Dieses Recht steht jedoch im Wesentlichen nur dem Verteidiger zu, § 147 Abs. 1 StPO. Der Beschuldigte selbst kann nur unter den Voraussetzungen des § 147 Abs. 4 StPO auf seinen Antrag hin Auskünfte und Abschriften aus den Akten erhalten, soweit dies zu einer angemessenen Verteidigung erforderlich ist, der Untersuchungszweck – auch in einem anderen Strafverfahren – nicht gefährdet werden kann und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen. In der Praxis wird daher eine umfassende Wahrnehmung des Rechts auf Akteneinsicht und damit die erfolgversprechende Planung der Verteidigung in der Regel nur möglich sein, wenn ein Strafverteidiger damit beauftragt wird.

Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens sind im Strafverfahren drei Szenarien möglich: Einstellung des Verfahrens, Erlass eines Strafbefehls oder die Erhebung einer Anklage vor dem Strafgericht.

1.1 Einstellung des Verfahrens

Eine Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft kann zum Einen gem. § 170 II StPO erfolgen, wenn keine ausreichenden Beweise für die Straftat vorliegen. Dies ist die für den Beschuldigten günstigste Variante der Beendigung eines Strafverfahrens.

Sollte die Beweislage eine Einstellung des Verfahrens aus Mangel an Beweisen nicht zulassen, so kann der Verteidiger bei geringfügigen Verstößen eine Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 Abs. 1 StPO) oder gegen Auflagen (§ 153a StPO) beantragen. Als Auflagen kommen zum Beispiel ein sog. Täter-Opfer-Ausgleich, eine Geldzahlung an gemeinnützige Einrichtungen oder die Staatskasse, sowie das Erbringen von gemeinnützigen Leistungen in Betracht.

In jedem Fall hat eine Einstellung des Verfahrens – selbst wenn sie unter Auflagen erfolgt – den Vorteil, dass keine Anklage und damit keine (öffentliche) Hauptverhandlung zu befürchten ist. Zudem wird auch eine Zustimmung zur Einstellung gegen Auflagen (§ 153a StPO) nicht als Schuldeingeständnis gewertet. Der Beschuldigte gilt daher weiterhin als nicht vorbestraft, eine Eintragung ins Bundeszentralregister oder das polizeiliche Führungszeugnis erfolgen nicht.

1.2 Der Strafbefehl

Statt einer Anklageerhebung und der anschließenden Hauptverhandlung kann die Staatsanwaltschaft auch beim Strafgericht den Erlass eines Strafbefehls beantragen. Ein solcher wird ohne mündliche Verhandlung – also ohne Anhörung des Betroffenen – erlassen und hat dieselben Auswirkungen wie ein Strafurteil. Hierfür darf es sich jedoch um keine schwerwiegende Straftat handeln, es muss also maximal eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu erwarten sein. Ergeht ein solcher Strafbefehl, so kann der Angeschuldigte innerhalb von 2 Wochen nach seinem Erlass Einspruch beim zuständigen Strafgericht erheben. In diesem Fall wird über den Sachverhalt dann im Rahmen eines Strafverfahrens mit mündlicher Verhandlung vor Gericht entschieden.

2. Anklage / Zwischenverfahren

Entscheidet sich die Staatsanwaltschaft gegen eine Einstellung des Verfahrens oder die Beantragung eines Strafbefehls, so erhebt sie Anklage beim zuständigen Strafgericht. In der Regel wird dies das Amtsgericht als unterste Instanz sein, bei schweren Straftaten erfolgt die Anklage beim Landgericht oder in bestimmten Fällen – wie zum Beispiel dem NSU-Prozess – vor speziellen Strafsenaten der Oberlandesgerichte.

Mit Eingang der Anklageschrift beginnt das sog. Zwischenverfahren, in welchem das Gericht die Anklage und die vorgelegten Beweismittel für die Schuld des Betroffenen überprüft. Bevor es zur Eröffnung des Hauptverfahrens und damit zu einer Verhandlung kommt, wird dem Betroffenen und seinem Verteidiger die Anklageschrift zugestellt, § 201 Abs. 1 StPO. Auch in diesem Stadium ist eine Einflussnahme auf das Strafverfahren durch entsprechende Anträge oder die Vorlage entlastender Beweismittel möglich und kann zu einer Einstellung des Verfahrens oder einer Beschränkung der Anklage führen.

3. Hauptverfahren / Hauptverhandlung

Eröffnet das Strafgericht das Hauptverfahren und lässt die Anklage zu, so wird ein Termin für die Hauptverhandlung bestimmt. Diese kann – je nach Komplexität des angeklagten Sachverhalts – innerhalb von wenigen Stunden erledigt sein, sich aber auch über Wochen oder sogar Monate hinziehen. Der konkrete Ablauf der Hauptverhandlung ist durch die Strafprozessordnung (StPO) vorgegeben und gestaltet sich wie folgt.

Das Gericht beginnt mit Fragen zur Person des Angeklagten, woraufhin die Verlesung der Anklage durch den Vertreter der Staatsanwaltschaft erfolgt. Sodann wird der Angeklagte dahingehend befragt, ob er sich zum Anklagevorwurf und seinen persönlichen Verhältnissen äußern möchte. Hierauf erfolgt dann gegebenenfalls die Vernehmung des Angeklagten durch das Gericht. Allerdings steht es diesem auch frei, sich zu den gegen Ihn erhobenen Vorwürfen nicht zu äußern – nachteilige Schlüsse darf das Gericht hieraus von Gesetzes wegen in keinem Falle ziehen.

Auf die Einlassung des Angeklagten bzw. deren Verweigerung erfolgt die Beweisaufnahme durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, die Verlesung von Schriftstücken oder richterliche Inaugenscheinnahme. Hierbei hat das Gericht von Gesetzes wegen die Verpflichtung, zur Erforschung des Sachverhalts, die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, welche für seine Entscheidung von Bedeutung sind, § 244 Abs. 2 StPO. Demnach muss das Gericht allen erkennbaren und sinnvollen Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts nachgehen (Amtsermittlungsgrundsatz). Hierbei kommt dem Beweisantragsrecht des Angeklagten bzw. der Verteidigung zentrale Bedeutung zu, denn das Gericht hat nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, einen Beweisantrag abzulehnen, § 244 StPO.

Auf die Beweisaufnahme folgen die abschließenden Plädoyers der Staatsanwaltschaft sowie der Verteidigung. Das letzte Wort vor der Beratung des Gerichts zur Urteilsfindung hat in jedem Fall der Angeklagte. Hierauf erfolgt die Verkündung des Urteils durch das Gericht. Dieses kann sowohl einen Freispruch des Angeklagten, als auch eine Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe beinhalten. Auch sog. Nebenstrafen wie der Entzug der Fahrerlaubnis oder die Erteilung eines Fahrverbots sind möglich.

4. Berufung und Revision

Grundsätzlich ist nach Erlass des Urteils im Strafprozess der Rechtsweg noch nicht erschöpft. Der Betroffene hat die Möglichkeit Rechtsmittel, d.h. Berufung oder Revision einzulegen. Der Unterschied zwischen diesen besteht darin, dass im Rahmen der Berufung der komplette Prozess noch einmal wiederholt wird, d.h. es können zum Beispiel neue Beweise in den Prozess eingeführt werden. Das Berufungsgericht ist zudem nicht an die tatsächlichen Feststellungen des Ausgangsgerichts gebunden. Bei einer Revision wird hingegen nur das Urteil der ersten Instanz auf Rechtsfehler – also Verfahrensfehler oder Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts – überprüft.

Bei Urteilen des Amtsgerichts als erste Instanz ist sowohl die Berufung zum Landgericht als auch die Revision zum Oberlandesgericht (Sprungrevision) möglich. Fand der erste Prozess vor dem Landgericht statt, so steht das Rechtsmittel der Berufung nicht offen, allerdings kann in jedem Falle eine Revision eingelegt werden.

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