Sind Zahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Oder-Konto Schenkungen?

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Der BFH hatte die Frage zu klären, ob eine Zahlung auf ein gemeinsames Konto eine "freigiebige Zuwendung", und damit eine Schenkung darstellt - und wer die Beweislast trägt; BFH Az. II R 33/10

Die Leitsätze des Bundesfinanzhofes:

1. Wird die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder-Konto) der Eheleute als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten der Schenkung-steuer unterworfen, trägt das FA die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlich sind, also auch dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann.

Sandro Dittmann
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2. Gibt es hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die
Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.

Im zu entscheidenden Sachverhalt hat die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Oder-Konto eröffnet, über das die Ehegatten jeweils allein und unbeschränkt verfügen konnten.

Eingezahlt wurde zunächst allerdings nur vom Ehemann, der das (erhebliche) Guthaben unter anderem zum Kauf von Wertpapieren, zum Erwerb eines Grundstücks sowie zum Lebensunterhalt der Familie nutzte.

Das Finanzamt hat die Einzahlung als Schenkung an die Klägerin behandelt und Schenkungssteuer festgesetzt – dies hat die Klägerin erwartungsgemäß anders gesehen und nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage eingereicht.

Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung zunächst klargestellt, dass die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto beider Ehegatten durchaus eine Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – und damit eine „Schenkung" – sein kann.

Von einer Bereicherung des anderen Ehegatten kann jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn und soweit dieser im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei über das Guthaben verfügen kann. Die Zuwendung muss zudem unentgeltlich erfolgt sein, dieser darf also keine Gegenleistung gegenüberstehen.

Zivilrechtlich ist das Oder-Konto an § 430 BGB zu messen. Die Ehegatten sind Gesamtgläubiger und damit im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt - soweit nicht ein anderes bestimmt wurde.

Im Regelfall fehlen bei Ehegatten schriftliche Vereinbarungen. Damit muss aus dem tatsächlichen Verhalten der Eheleute auf die Vereinbarung geschlossen werden.

Greift also auch der Ehegatte, der keine Einzahlungen auf das Konto geleistet hat, auf das Konto zu, ist dies ein Indiz dafür, dass beide Ehegatten über einen hälftigen Anteil am Kontoguthaben tatsächlich und rechtlich frei verfügen können. Je häufiger ein Zugriff erfolgt, umso stärker kann von einer Mitberechtigung beider Ehegatten zu gleichen Teilen ausgegangen werden.

Auch für den Fall, dass die tatsächliche Handhabung nicht aufgeklärt werden kann, hat der BFH Anhaltspunkte festgeschrieben:

Zunächst ist von der Auslegungsregel des § 430 BGB auszugehen – beide Ehegatten sind zu gleichen Teilen beteiligt. Das Finanzamt trägt zunächst die Feststellungslast für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung.

Gibt es allerdings hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte für eine gleiche Beteiligung der Eheleute am Kontoguthaben, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis der Eheleute nur der einzahlende Ehegatte berechtigt gewesen sein soll.

Praxishinweis

Der Sachverhalt ist sehr häufig anzutreffen – beide Ehegatten eröffnen ein gemeinsames Konto und nur ein Ehegatte zahlt einen hohen Betrag ein. Um Schwierigkeiten zu vermeiden und insbesondere eine Schenkungssteuerpflicht auszuschließen sollte das
Innenverhältnis zur Vermeidung von Schwierigkeiten schriftlich vereinbart werden. Diese schriftliche Vereinbarung kann auch im Falle des Ablebens eines Ehegatten herangezogen werden. 

Rechtsanwalt Sandro Dittmann
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