Big Brother? Informationsquellen des Finanzamtes

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Die erstaunlichen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung beim Verdacht der Steuerhinterziehung

1. Einleitung

"Wie soll denn das Finanzamt dahinterkommen, dass meine Frau gar nicht im Betrieb arbeitet für dieses üppige Gehalt?". "Erfährt das Finanzamt von der Schenkung meiner Eltern?". "Die merken doch nie, das ich mein Fahrzeug mehr privat als geschäftlich nutze!"

Umso schwerer die Steuerlast, umso größer ist manchmal die Versuchung, sich ein klein bisschen von dieser Last zu erleichtern. Man ist schließlich nur ein kleines Rad im Getriebe, so genau wird das Finanzamt schon nicht hinschauen, die haben viel Wichtigeres zu tun. Und überhaupt: Wie sollen die denn überhaupt auf mich kommen?

Steuerpflichtige neigen dazu, die Ermittlungs- und Erkenntnismöglichkeiten der Finanzverwaltung erheblich zu unterschätzen. Vergangen sind die Zeiten, in denen Finanzbeamte in Ihren Schreibstuben an analogen Schreibmaschinen saßen und die regionalen Stellenanzeigen nach Schwarzarbeitern durchstöberten.

Das Interesse des Staates an seiner verlässlichsten Einnahmequelle ist zu groß, als dass sich hier Blöße gegeben würde. Kaum eine Behörde ist mit so weitreichenden Befugnissen im Hinblick auf fiskale Informationsbeschaffung ausgestattet wie die Finanzverwaltung. Und die verlässlichste Quelle ist immer noch der hintergangene Ehepartner.

2. Überblick über die Erkenntnisquellen des Finanzamtes

a) Private Anzeigen

Näheres Eingehen auf diese simpelste Form der Informationsgewinnung bedarf es kaum. Der gehörnte Ehemann, der entlassene Mitarbeiter, der übertrumpfte Konkurrent: Denunzianten lauern überall. Prominentestes Beispiel: Die legendäre CD der Steuersünder, die der Staatsanwaltschaft von einem Unbekannten zum Kauf angeboten wurde und die zu einer Welle von Selbstanzeigen führte.

b) Betriebsprüfung

In erster Linie für Unternehmer relevant: Das Gesetz sieht im Rahmen der Steuererhebung umfassende Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen vor, die erst da enden, wo der Steuerpflichtige sich einer Straftat bezichtigen würde. Prinzipiell jedem Unternehmen steht in regelmäßigen Abständen eine Betriebsprüfung bevor, bei der sämtliche steuerlich erhebliche Geschäftsvorfälle auf Nachfrage des Prüfers plausibilisiert werde müssen. Nur sorgfältig getarnte Hinterziehungsversuche haben dort eine Chance, unentdeckt zu bleiben.

Doch nicht nur die eigen Betriebsprüfung ist verlässliche Quelle des Finanzamtes über die Geschäftsvorgänge im Unternehmen: Über sogenannte Kontrollmitteilung werden die für einen anderen Steuerpflichtige, also etwa den Lieferanten, zuständige Finanzämter über steuerlich erhebliche Sachverhalte in Kenntnis gesetzt.

c) Kontenabrufverfahren

Durch das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom 23. Dezember 2003 haben Finanzbehörden und bestimmte andere Behörden seit dem 1. April 2005 die Möglichkeit, Bestandsdaten zu Konto- und Depotverbindungen bei den Kreditinstituten über das Bundeszentralamt für Steuern abzurufen.

d) „Xpider“

Xpider (eXtended sPIDER) ist ein Webcrawler , der von der Deutsche Börse Systems entwickelt wurde und selbständig Informationen sammeln und anhand vom Benutzer festgelegter Kriterien auswerten kann. Das Programm wird von der Finanzverwaltung verwendet, um in Internet-Auktionshäusern wie eBay, -Kleinanzeigenmärkten sowie anderen -Verkaufportalen nach Steuerhinterziehern zu fahnden.

e) Datenaustausch mit anderen Behörden

Auf folgende Daten andere Behörden haben die Finanzämter unter anderem Zugriff:

- Daten der Landesmeldeämter

- Daten der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation

- Daten aus dem Gewerberegister und der Landeskriminalämter

- Schufa-Daten

- Daten des Schwarzarbeiterregisters der Zollverwaltung

f) Mitteilungsverpflichtungen

Daneben existiert eine Vielzahl von Mitteilungsverpflichtungen an das Finanzamt, die also nicht einmal eine aktive Informationsbeschaffung erfordern. Insbesondere Notare und Gerichte sind zur Mitteilung über alle Vorgänge verpflichtet, die beurkundungspflichte gesellschaftsrechtliche Themen wie Gründung und Kapitalerhöhung betreffen, die Grundstücke betreffen und die erbschafts- und schenkungssteuerrechtliche Vorgänge betreffen.

Versicherungen haben den Finanzämtern Anzeige anzuzeigen, wenn sie Versicherungssummen etwa aus Lebensversicherungen an andere Personen als den Versicherungsnehmer auszahlen.

Gerichte sind verpflichtet, Verdachtsfälle auf Steuerhinterziehung zu melden, Kreditinstitute müssen Verdachtsfälle auf Geldwäsche anzeigen.

3. Konsequenzen und Fazit

Aus dieser Datenfülle lassen sich oftmals vollständige Rückschlüsse auf die Vermögens- und Lebenssituation des Steuerpflichtigen ziehen, die wiederum in Relation zu den von ihm angegebenen steuerlichen Erklärungen gesetzt werden können. Bei Ungereimtheiten drohen bestenfalls Nachfragen, schlimmstenfalls steuerstrafrechtliche Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung.

Es empfiehlt sich daher unbedingt, der Versuchung, die Steuerlast zu mindern, nicht nachzugeben, sondern legale Wege der Steuervermeidung zu wählen. Es wird immer wahrscheinlicher, dass kleinste Ungereimtheiten und sich widersprechende Erklärungen entdeckt und verfolgt werden.

Leserkommentare
von Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer am 08.02.2014 14:31:36# 1
Beruhigend zu erfahren, dass wir Anwälte noch nicht zum Kreis der Gerichte, Notare, Versicherer und anderer Anzeigepflichtiger bestimmt wurden. Sehr informativ. Mit besten Grüßen.
    
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