Wann ist eine Sperrzeit durch die Bundesagentur für Arbeit gerechtfertigt?

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Die richtige Reaktion als Arbeitsloser bei ungerechtfertigter Sperrzeit

Die Bundesagentur für Arbeit verhängt gegen Arbeitslose oft Sperrzeiten. Begründet wird dies damit, dass der Arbeitslose vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die Verhängung von Sperrzeiten ist aber an strenge Voraussetzungen geknüpft. Der Beitrag soll informieren, wann Sperrzeiten verhängt werden können und wann es sich lohnt sich gegen die Verhängung einer Sperrzeit zu wehren.

Wann darf eine Sperrzeit von der BA ausgesprochen werden?

Nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III kann eine Sperrzeit von 12 Wochen in mehreren Fällen verhängt werden:

René Piper
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- Bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers

- bei einer verhaltenbedingten Kündigung des Arbeitgebers

- bei Mitwirkung des Arbeitnehmers an einem Aufhebungsvertrag

Keine Sperrzeit bei wichtigem Grund für Kündigung

Die Sperrzeit darf allerdings nicht verhängt werden, wenn der Arbeitslose einen wichtigen Grund für die Kündigung bzw. sein Verhalten anführen kann. Das ist z.B. der Fall, wenn ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde, nachdem der Arbeitgeber bereits gekündigt hat. Das BSG hat für diesen Fall entschieden, dass die Arbeitgeberkündigung einen wichtigen Grund darstellt.

Nimmt der Arbeitslose eine rechtswidrige Kündigung des Arbeitgebers einfach hin, ohne Klage zu erheben darf keine Sperrzeit verhängt werden.

Auch ein arbeitsgerichtlicher Vergleich darf zu keiner Sperrzeit führen.

Bei einer drohenden Arbeitgeberkündigung und dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags liegt ein wichtiger Grund vor, wenn:

- eine Kündigung des Arbeitgebers mit großer Gewissheit eingetreten wäre

- die Kündigung des Arbeitgebers auf betriebliche Gründe gestützt wird

- der Aufhebungsvertrag nicht eher zur Arbeitslosigkeit führt als die Kündigung

- bei einer AG-Kündigung die Kündigungsfrist eingehalten würde

- Zahlung einer Abfindung im Rahmen des § 1a KSchG

Eine Sperrzeit darf keinesfalls bei personenbedingten Kündigungen (z.B. Krankheit, mangelnde Eignung, Low-performing) verhängt werden.

Der Zuzug des Arbeitslosen mit dem minderjährigen Kind zum nichtehelichen Partner kann einen wichtigen Grund bilden, wenn Gründe des Kindeswohls dies erfordern. Das ist z.B. dann der Fall, wenn eine Verbesserung der Unterbringung, Verpflegung oder Betreuung des Kindes gewährleistet ist.

Betroffene sollten im Zweifel Widerspruch gegen Sperrzeit erheben

Es gibt noch zahlreiche weitere Aspekte die einen wichtigen Grund rechtfertigen und eine Sperrzeit verbieten. Arbeitslose die meinen, eine Sperrzeit sei zu Unrecht verhängt worden, sollten gegen die Sperrzeit Widerspruch erheben (Frist 1 Monat ab Zugang des Bescheids). Es ist empfehlenswert schon im Widerspruchsverfahren einen Anwalt, welcher sich auf das Sozialrecht spezialisiert hat zu Rate zu ziehen. Dieser verfügt über Erfahrung und kann bereits den Widerspruch begründen und rechtlich ausschmücken. Im Falle des Obsiegens muss die Behörde den Anwalt zahlen. Aber auch beim Unterliegen haben Arbeitslose oftmals Anspruch auf Beratungs- bzw. Prozesskostenhilfe, d.h. die Kosten für den Anwalt trägt zunächst der Staat. Sehr oft lohnt es sich gegen eine Sperrzeit rechtlich vorzugehen - notfalls bis vor das Sozialgericht.

Rechtsanwalt René Piper

an diesem Artikel wirkte Rechtsreferendar Jan Bergmann mit.

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