ALG II: Keine Unterhaltsvermutung bei Wohngemeinschaft zwischen Verwandten

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Rechtsgebiet: Sozialrecht

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes („Hartz 4") erhält grundsätzlich nur derjenige, der seinen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält.

Michael Vogt
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Leben Hilfebedürftige in einer Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten, so besteht nach § 9 Abs. 5 SGB II eine Vermutung dahingehend, dass sie von ihren Verwandten Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

Diese Regelung führte in der Praxis dazu, dass von den Trägern der Sozialleistungen bereits beim bloßen Zusammenwohnen von Verwandten in einer Wohnung unterstellt wurde, dass der Hilfebedürftige Leistungen von seinen Verwandten erhält und ihm demgemäß ein fiktives Einkommen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wurde. Hierbei oblag es nach Ansicht der Leistungsträger dem jeweiligen Bürger, zu beweisen, dass er von seinen Verwandten keine Leistungen erhielt.

Dieser Praxis wurde nun durch das Bundessozialgericht ein Riegel vorgeschoben.

So hat das BSG jetzt entschieden, dass es für die Unterhaltsvermutung gerade nicht ausreicht, wenn Verwandte oder Verschwägerte in einem Haushalt lediglich zusammen wohnen. Es muss vielmehr eine über eine bloße Haushaltsgemeinschaft hinausgehende, so genannte Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen.

Hierzu ist es erforderlich, dass die Verwandten oder Verschwägerten aus einem Topf wirtschaften. Hierzu reicht es nach Ansicht des Bundessozialgerichts jedoch nicht aus, dass die Verwandten gemeinsam das Bad, die Küche oder sonstige Gemeinschaftsräume nutzen. Auch der gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- oder Sanitärartikeln aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet nach dieser Entscheidung noch keine Haushaltsgemeinschaft. (BSG, Urteil vom 27.01.2009, B 14 AS 6/08 R)

Darüber hinaus muss nach dieser Entscheidung die Behörde beweisen, dass eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt.

Zusammenfassend kann daher allen Personen, die in einer Wohngemeinschaft mit Verwandten leben und denen deswegen in den letzten Jahren ein fiktives Einkommen angerechnet wurde, nur empfohlen werden, die entsprechenden Bescheide nochmals durch die Behörde überprüfen zu lassen. Dies ist auch nach Ablauf der jeweiligen Widerspruchsfristen noch möglich.

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