Erbrecht Spanien

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Spanisches Erbrecht: Die erbrechtlichen Ansprüche von Kindern und Abkömmlingen

Dieser rechtlichen Darlegung wird die Anwendung des spanischen nationalen Rechts des Código Civil zugrundegelegt. Dieses gelangt zur Anwendung, wenn keine Foralerbrechte aufgrund der Vecindad Civil, der Gebietszugehörigkeit, Anwendung finden.

1. Die gesetzliche Erbenstellung von Kindern und Abkömmlingen:

Das spanische Zivilgesetzbuch (Código Civil, im Folgenden CC) regelt die gesetzliche Erbfolge in seinen Artikeln 657 ff. CC. Ebenso wie das deutsche Erbrecht wird zwischen verschiedenen Erbordnungen unterschieden, wobei Erben einer höheren Ordnung die Erben der niedrigeren Ordnungen ausschließen. Erben erster Ordnung sind die Kinder und Abkömmlinge des Erblassers und schließen die Erben der weiteren Ordnungen aus. Auch in Spanien wird nach Stämmen vererbt. So wird der Erblasser von seinen Enkeln beerbt, sofern seine Kinder verstorben sind. Beachtenswert ist, dass der überlebende Ehegatte gemäß Artikel 834 CC neben Kinder und Abkömmlingen kein gesetzlicher Erbe wird. Er erhält in diesem Fall jedoch den Nießbrauch an einem Drittel des Nachlasses.

Robert Engels
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2. Kinder und Abkömmlinge als Pflichtteilsberechtigte:

Auch nach dem spanischen Erbrecht existieren die Begriffe des „Erben“ und des „Pflichtteilsberechtigten“. Im Unterschied zu der deutschen Normierung hat der Pflichtteilsberechtigte in Spanien keinen Anspruch gegen den Erben auf Zahlung eines finanziellen Betrages. Ihm steht jedoch das Recht zu, mit einem Mindestanteil an dem Nachlass beteiligt zu werden. Sein Erbteil darf nicht über die Beschränkungen der Artikel 808 ff. CC hinaus gemindert werden. Das Pflichtteilsrecht der Kinder und Abkömmlinge gemäß Artikel 808 CC beinhaltet die Besonderheit, dass der Nachlass nach spanischem Recht, anders als in Deutschland, nicht als eine unteilbare Vermögensmasse, sondern als ein in Drittel aufgeteiltes Vermögen betrachtet wird. In Artikel 808 CC heißt es:

„Artikel 808 CC:

Der Pflichtteil der Kinder und Abkömmlinge beträgt 2/3 des Nachlasses des Vaters und der Mutter.

Diese können aber über einen der beiden Teile, die den Pflichtteil ausmachen in der Weise verfügen, dass dieser als Verbesserung (mejora) zugunsten ihrer Kinder oder Abkömmlinge verwendet wird.

............

Der übrige dritte Teil ist zur freien Verfügung.“

Es wird also zwischen folgenden Dritteln des Nachlasses unterschieden:

  • Das Drittel des Zwangspflichtteils („legitima forzosa“): Dieses Drittel kann den Erben weder durch Schenkungen noch durch testamentarische Verfügungen entzogen werden und muss zwingend zu gleichen Teilen an die Kinder vererbt werden.
  • Das Drittel der Verbesserung („mejora“): Dieses Drittel kann der Erblasser an einen/mehrere seiner Kinder und Abkömmlinge zuungunsten anderer Kinder/Abkömmlinge vererben oder verschenken, wenn er dies ausdrücklich in einem Testament oder Schenkungsvertrag bezeichnet. Dies ergibt sich aus Artikel 825 CC.
  • Das Drittel zur freien Verfügung („de libre disposición“): Dieses Drittel kann der Erblasser jeder beliebigen Person durch Schenkungen zu Lebzeiten oder durch testamentarische Verfügungen zuwenden.

Das Pflichtteilsrecht wird durch die Artikel 815, 817 CC geschützt. Artikel 815 CC beinhaltet einen „Pflichtteilsergänzungsanspruch“ für den Fall, dass der Erblasser ihn unrechtmäßig benachteiligt hat:

„Artikel 815 CC:

Der Zwangserbe (Pflichtteilsberechtigter) dem der Testamentsersteller in irgendeiner Form weniger hinterlassen hat als er fordern kann, kann die Ergänzung verlangen.“

Weiterhin beschränkt Artikel 817 CC die Möglichkeit der wirksamen Verfügung von Todes wegen, wenn dieses gegen die Pflichtteilsrechte verstoßen würde:

„Artikel 817 CC:

Testamentarische Verfügungen, welche das Pflichtteilsrecht der Zwangserben mindern, sind auf deren Antrag hin insoweit herabzusetzen, soweit sie dieses schmälern.“

3. Die Berücksichtigung von Schenkungen:

Der Nachlass beeinhaltet alle Vermögenswerte des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes. Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten sind dann zu berücksichtigen, wenn sie sich nicht lediglich auf das Drittel, das zur freien Verfügung des Erblassers bestimmt ist, beziehen, bzw. wenn darüber hinausgehende Schenkungen zugunsten bestimmter Abkömmlinge nicht mit der ausdrücklichen Bestimmung, dass diese durch das Drittel der Verbesserung erfüllt werden, versehen sind. Beeinträchtigen Schenkungen des Erblasser zu Lebzeiten den Erben über die Maße des frei verfügbaren Drittels bzw. ohne entsprechende Bestimmung auch über das Drittel der Verbesserung hinaus, sind diese auszugleichen. Artikel 818 CC bestimmt in Satz 2:

„Zu dem Liquidierungswert des Erbschaftsvermögens werden die ausgleichspflichtigen Schenkungen hinzugerechnet.“

Als Wert der Schenkungen ist immer der Wert des verschenkten Objektes im Zeitpunkt des Versterbens des Erblassers anzusetzen.

4. Beispielhafte Sachverhalte:

Die folgenden Beispiele gehen von einem Nachlasswert von 90.000,00 EUR und drei Kindern des Erblassers aus:

a) Für den Fall, dass der Erblasser keine Schenkungen vorgenommen und kein Testament erstellt hat, erhalten alle Kindern Anteile am Nachlass i.H.v. 30.000,00 EUR und der überlebende Ehepartner Nießbrauch an dem Drittel der Verbesserung.

b) Der Erblasser kann bis zu 30.000,00 EUR frei an jede beliebige Person und weitere 30.000,00 EUR mit entsprechender Bestimmung der Verbesserung an ein bestimmtes Kind vererben. Die übrigen 30.000,00 EUR würden dann anteilig zwischen allen Kindern aufgeteilt, so dass alle Kinder mit 10.000,00 EUR beteiligt würden. Ebenso sähe die Lage bei entsprechenden Schenkungen zu Lebzeiten aus.

c) Der Erblasser verschenkt an ein Kind 45.000,00 EUR ohne diese Schenkung als Verbesserung zu bezeichnen. Sein Vermögen im Zeitpunkt des Versterbens beläuft sich daher auf 45.000,00 EUR. Von den verschenkten 45.000,00 EUR konnte er 30.000,00 EUR frei verschenken, die übrigen 15.000,00 EUR sind jedoch in den Nachlass einzubeziehen. Der zugrunde zulegende Nachlasswert beträgt daher 60.000,00 EUR. Jedes Kind hat erbrechtliche Ansprüche i.H.v. 20.000,00 EUR. Von den im Todeszeitpunkt dem Erblasser gehörenden 45.000,00 EUR erhalten die Kinder, die nicht beschenkt wurden, jeweils 20.000,00 EUR, das bereits beschenkte Kind 5.000,00 EUR.

d) Der Erblasser verschenkt an ein Kind 60.000,00 EUR ohne diese Schenkung als Verbesserung zu bezeichnen. Sein Vermögen im Zeitpunkt des Versterbens beläuft sich daher auf 30.000,00 EUR. Von den verschenkten 60.000,00 EUR konnte er 30.000,00 EUR frei verschenken, die übrigen 30.000,00 EUR sind jedoch in den Nachlass einzubeziehen. Der zugrunde zulegende Nachlasswert beträgt daher 60.000,00 EUR. Jedes Kind hat erbrechtliche Ansprüche i.H.v. 20.000,00 EUR. Von den im Todeszeitpunkt dem Erblasser gehörenden 30.000,00 EUR erhalten die Kinder, die nicht beschenkt wurden, jeweils 15.000,00 EUR, das bereits beschenkte Kind erhält nichts. Weiterhin ist das beschenkte Kind den anderen gegenüber i.H.v. jeweils 5.000,00 EUR ausgleichspflichtig.

FAZIT:

Das spanische gesetzliche Erbrecht und das sich daraus ergebende Pflichtteilsrecht der Abkömmlinge unterscheidet sich deutlich von dem deutschen Erbrecht. Dies kann insbesondere für deutsche Erblasser, die ihren Wohnsitz in Spanien haben, sowie für deren Kinder Relevanz erlangen, wenn ab dem 17.08.2015 das Recht des Wohnsitzes das auf einen Erbfall anzuwendende Erbrecht bestimmt. Die Folgen können nicht gewollte gesetzliche Erbfolgen, die fehlende erbrechtliche Beteiligung des Ehegatten, die mögliche Unwirksamkeit von Testamenten und die nicht erwartete Berücksichtigung von bereits vorgenommenen Schenkungen sein.

Bitte beachten Sie, dass die obigen rechtlichen Ausführungen keine erbrechtliche Beratung im Einzelfall ersetzen kann und dass es sich lediglich um Grundzüge des spanischen Erbrechts handelt. Ebenso wie das deutsche Erbrecht ist das spanische Erbrecht sehr komplex gestaltet. Eine vollständige Darstellung ist an dieser Stelle daher nicht möglich. Weiterhin sind möglicherweise von den obigen Grundlagen abweichende erbrechtliche Foralrechte zu beachten.

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Robert Engels
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
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