Die Anerkennung australischer Gerichtsentscheidungen in Deutschland

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Was muss beachtet werden

I. Überblick

Das grundsätzliche Verfahren bei der Anerkennung australischer Gerichtsentscheidungen führt über ein entsprechendes Anerkennungsverfahren gemäß § 328 ZPO geregelt. Die Anerkennung der Gerichtsentscheidung in Deutschland ist Voraussetzung für die efoderlich werdende Vollstreckung und damit der Durchsetzung des durch ein australisches Gericht zugesprochenen Anspruchs. Die Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung in Deutschland setzt voraus, dass ihre Zulässigkeit zuvor durch ein Vollstreckungsurteil (§ 722 Abs. 1 ZPO) ausgesprochen worden ist. Dabei wird geprüft, ob das ausländische Urteil gemäß § 328 ZPO anerkannt werden kann. Dies ist erforderlich, da zwischen Deutschland und Australien kein Abkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen besteht, wie z.B. das EuGVO. Dieses sieht für EU-Staaten ein vereinfachtes Verfahren vor.

II. Das Anerkennungsverfahren nach § 328 ZPO

1. Einleitung

In diesem Verfahren wird zwar nicht die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung überprüft (§ 723 Abs. 1 ZPO). Das Gericht stellt jedoch fest, ob Anerkennungshindernisse i.S.d. § 328 Abs. 1 ZPO dem Erlass eines Vollstreckungsurteils entgegenstehen. Ferner muss die zu vollstreckende Entscheidung nach dem australischen Recht bereits Rechtskraft erlangt haben (§ 723 Abs. 2 ZPO). Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des deutschen Gerichts bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln der ZPO (vgl. § 722 Abs. 2 ZPO). Die Bedeutung des Urteils liegt darin, dass die ausländische Entscheidung im Inland für vollstreckbar erklärt und damit gleichzeitig anerkannt wird. Das Vollstreckungsurteil wirkt damit rechtsgestaltend. Nach ganz überwiegender Ansicht ist außerdem weiterhin eine selbständige Klage auf den durch das ausländische Urteil festgestellten Anspruch möglich. Auch macht die Vollstreckungsklage den sachlichrechtlichen Anspruch nicht rechtshängig. Deshalb greift die Rechtshängigkeit gegenüber einer neuen Leistungsklage nicht durch. Das Zwangsvollstreckungsverfahren selbst erfolgt nach Maßgabe der deutschen Regeln, d.h. in Anlehnung an §§ 704 ff ZPO.

2. Verfahren

Streitgegenstand des Verfahrens ist die Zulässigkeit der deutschen Zwangsvollstreckung aus dem australischen Gerichtsurteil. In dem sich anschließenden Urteilsverfahren prüft das Gericht ausschließlich, ob es sich bei dem anzuerkennenden Urteil um ein solches in einer Zivil- oder Handelssache handelt, das anzuerkennende Urteil in Australien bereits Rechtskraft erlangt hat und ob ein Anerkennungshindernis im Sinne des § 328 ZPO besteht.

III. Anerkennungshindernisse nach § 328 ZPO

Das deutsche Recht ist grundsätzlich anerkennungsfreundlich. Allerdings werden auch australische Gerichtsentscheidungen nur anerkannt, wenn keine Anerkennungshindernisse vorliegen. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach der in § 328 Abs. 1, Nr. 1-5 ZPO getroffene Auswahl an möglichen Hindernisgründen.

1. § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO

Gemäß § 328 Abs. 1, Nr. 1 ZPO ist die Anerkennung ausgeschlossen, wenn das entscheidende australische Gerichte nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig wäre. Es geht um eine hypothetische Anwendung der ZPO, die sich auf die internationale Zuständigkeit bezieht. Es darf kein ausschließlicher deutscher Gerichtsstand bestehen.

2. § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO

Nach § 328 Abs. 1, Nr. 2 ZPO ist einem australischen Urteil die Anerkennung zu versagen,

wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen bzw. „verteidigt" hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück (Klage, Antrag) nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Es muss sich auf diese Rechtsverletzung berufen werden, da ansonsten ein Verzicht auf das rechtliche Gehör anzunehmen ist.

3. § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO

§ 328 Abs. 1, Nr. 3 ZPO schließt die Anerkennung eines Urteils aus, wenn es mit einem in Deutschland erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrundeliegende Verfahren mit einem früher in Deutschland rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist. Es geht hierbei um die Beachtung einer anderweitigen Rechtskraft oder Rechtshängigkeit, um widersprechende Gerichtsentscheidungen zu vermeiden.

4. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO

Gemäß § 328 Abs. 1, Nr. 4 ZPO kann ein Urteil nicht anerkannt werden, wenn es zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere den Grundrechten, offensichtlich unvereinbar ist. Wesentliche deutsche Rechtsgrundsätze sind verletzt, wenn die Entscheidung mit den Grundlagen der deutschen rechtsstaatlichen Ordnung und den Grundwerten der deutschen Rechtsordnung unvereinbar ist.

5. § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO

§ 328 Abs 1 Nr. 5 ZPO versagt die einer Anerkennung eines australischen Urteils, wenn die Gegenseitigkeit der Anerkennungspraxis nicht verbürgt ist. Dies bedeutet, dass deutsche Gerichturteile von gleicher Art unter gleichwertigen Bedingungen auch in Australien anerkannt und in  der Folge vollstreckbar sind. Nach dem in Australien geltenden Anerkennungsrecht kann davon ausgegangen werden, dass für deutsche Entscheidungen in Australien im Wesentlichen die gleichen Bedingungen gelten wie umgekehrt. Dieser Verhinderungsgrund ist somit der einzige Grund, der nicht am konkreten Einzelfall geprüft werden muss, sondern einer generellen Beurteilung zugänglich ist.

IV. Fazit

Die Entscheidung, ob eine australische Gerichtsentscheidung in Deutschland anerkannt werden kann, hängt im Wesentlichen von der Prüfung des Einzelfalls ab. Obwohl das deutsche Anerkennungsrecht grundsätzlich als anerkennungsfreundlich bewertet werden kann, ist hier dennoch auf die Details und Besonderheiten des Einzelfalls abzustellen und entsprechend zu prüfen.

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