Prüfungsanfechtung mit Erfolg? Welche Anforderungen müssen erfüllt sein?

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Von Rechtsanwalt Rolf Tarneden

Das Verwaltungsgericht Hannover hat in seinem Urteil (Geschäftsnummer 6 A 202/03) die Voraussetzungen im Einzelnen dargelegt, die es für erforderlich hält, damit eine Prüfungsanfechtung Erfolg haben kann. Die Kenntnis dieser Rechtsprechungsgrundsätze ist unabdingbare Voraussetzung für die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Anfechtung einer Prüfung, in der sich der Prüfling zu Unrecht bewertet fühlt. Nachstehend wird das Urteil, in dessen zugrunde liegendem Fall der Autor den Kläger vertreten hat, auszugsweise zitiert hinsichtlich seiner Ausführungen, wann eine Prüfungsanfechtung Erfolg haben kann (1) und wann die Prüfungsanfechtung wohl erfolglos bleiben wird (2). Sodann wird das Urteil kommentiert (3). Dabei beschäftigt sich dieser Beitrag nur mit der Frage, wann eine Prüfungsanfechtung Erfolg haben kann, wenn Fragen in der Prüfung richtig oder vertretbar beantwortet sind, aber als falsch bewertet wurden. Verfahrensfehler (z.B. zu kurze oder lange Dauer der Prüfung) werden hier nicht behandelt.

  1. Die Prüfungsanfechtung kann Erfolg haben, wenn.. .

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    "Hinsichtlich der von den Prüfern vorzunehmenden Bewertung der Prüfungsleistung des Prüflings ist hingegen zu unterscheiden: Ein so genannter materieller Prüfungsfehler liegt zwar in jedem Fall vor, wenn der Prüfer das anzuwendende materielle Prüfungsrecht grundsätzlich verkannt hat, von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen allgemeingültige Bewertungsgrundsätze verstoßen oder seiner Bewertung sachfremde Erwägungen zu Grunde gelegt hat."

    [.. .]

    "Der dem Prüfer insoweit zustehende Bewertungsspielraum ist im Wesentlichen nur durch den allgemeinen Bewertungsgrundsatz eingeschränkt, dass bei fachlichen Fragen eine Lösung des Prüflings, die richtig oder wenigstens vertretbar ist, nicht als falsch bewertet werden darf (so genannter Antwortspielraum des Prüflings). Bewertet der Prüfer die Antwort des Prüflings auf eine solche Fachfrage als falsch und macht der Prüfling hinsichtlich dieser Bewertung hinreichend substantiierte Einwendungen, muss das Gericht - notfalls im Wege einer Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - die Frage klären, ob die Antwort des Prüflings nicht doch richtig oder wenigstens vertretbar war."

    [.. .]

    "Darüberhinaus findet der Bewertungsspielraum des Prüfers seine äußerste Grenze nur noch in dem Verbot einer willkürlichen Fehlbewertung (Willkürverbot). Eine solche liegt dann vor, wenn sie einem Fachkundigen als (objektiv) unhaltbar erscheinen muss. Stellt das Gericht nach diesen Grundsätzen [.. .] einen materiellen Prüfungsfehler fest, kann der auf Neubewertung der Prüfungsleistung oder Wiederholung der Prüfung gerichteten Klage des Prüflings schließlich auch nur dann stattgegeben werden, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Fehler auf das Ergebnis der Prüfungsentscheidung ausgewirkt hat."

  2. Die Prüfungsanfechtung wird keinen Erfolg haben, wenn.. .

    "Die Möglichkeiten gerichtlicher Kontrolle stoßen jedoch an ihre Grenzen, soweit die Bewertung selbst in ihrem Kernbreich betroffen ist. Denn es gibt keinen allgemeingültigen Bewertungsgrundsatz, nach dem eine bestimmte Leistung immer mit einer bestimmten Note zu bewerten ist. Die hierfür vorzunehmende Einordnung einer Prüfungsleistung in ein vorgegebenes Notenschema obliegt vielmehr von Rechts wegen grundsätzlich dem Prüfer und seiner subjktiven Einschätzung; sie kann gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüft werden."

    [.. .]

    "Demgegenüber fallen die komplexen prüfungsspezifischen Wertungen, die etwa bei der Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, der Bestimmung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung oder der Würdigung der Qualität der Darstellung erforderlich sind und die im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne Weiteres in einem späteren verwaltungsgerichtlichen Verfahren eines einzelnen Prüflings isoliert nachvollziehen lassen, grundsätzlich in den gerichtlich nicht überprüfbaren Bewertungsspielraum des Prüfers. Lassen sich Fachfragen im Einzelfall nur schwer von prüfungsspezifischen Fragen trennen, sind sie quasi herauszufiltern."

  3. Kommentierung des Urteils und seiner Grundsätze

    Das Urteil unterstreicht den alten Prüfungsgrundsatz: Nur, wenn Richtiges oder Vertretbares als falsch bewertet worden ist, kann die Klage gegen die Prüfung Erfolg haben. Sind jedoch (z.B.) von 5 Fragen nur 2 richtig beantwortet und hält der Prüfling gerade diese 2 für so wichtig, dass er allein mit diesen beiden richtigen Antworten die Prüfung hätte bestehen müssen, so wird die Prüfungsanfechtung voraussichtlich erfolglos bleiben.

    Eine Klage gegen eine Prüfung muss sich also immer intensiv mit der fachlichen Frage auseinandersetzen, ob Richtiges falsch bewertet wurde. Probleme, die dadurch entstehen, dass die entscheidenden Richter fachlich selbst nicht qualifiziert sind, über richtig oder falsch zu entscheiden (z.B. Prüfungsanfechtung im Bereich Medizin (Tiermedizin, Humanmedizin), Architektur, Bauingenieurwesen, Lehramt oder ähnliches), müssen gelöst werden durch die Einholung von Sachverständigengutachten.


Rolf Tarneden
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