Zwangsräumung der Mietwohnung

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Möglichkeiten des Mieters bei angekündigter Zwangsräumung der Wohnung

Auch wenn eine Zwangsräumung nur selten vollkommen überraschend angedroht wird, sind die meisten Mieter von dem Schreiben eines Gerichtsvollziehers, mit dem ein Termin für die Zwangsräumung angekündigt wird, überrumpelt. Gerade deshalb ist es umso wichtiger, jetzt einen „kühlen Kopf“ zu bewahren.

1. Vollstreckungstitel

Für das Tätigwerden des Gerichtsvollziehers ist u.a. ein sog. Vollstreckungstitel erforderlich. Dies kann z.B. ein Gerichtsurteil oder ein Prozessvergleich sein. In diesem Titel muss die zu räumende Wohnung mit Anschrift und Zimmeranzahl möglichst genau bezeichnet sein.

Darüber hinaus muss ein entsprechender Titel grundsätzlich gegen jeden Bewohner existieren. Ausnahmen gelten jedoch beispielsweise bei minderjährigen Kindern. Fehlt der erforderliche Titel, so ist die Zwangsräumung gegen den jeweiligen Mieter unzulässig.

2. Räumungsfrist

Oftmals enthält bereits der zugrunde liegende Titel eine Räumungsfrist, die bewilligt wurde, um in dieser Zeit eine anderweitige Wohnung zu finden. Vor dem Ablauf dieser Frist darf nicht zwangsgeräumt werden!

Sollte innerhalb dieses Zeitraums keine Wohnung gefunden werden, kann die einmal bewilligte Räumungsfrist unter Umständen verlängert werden.

Allerdings ist hierfür die Ausschlussfrist des § 721 Abs. 3 ZPO zu beachten. Eine (weitere) Verlängerung ist demnach ausgeschlossen, wenn der Antrag nicht spätestens zwei Wochen vor Ablauf der eigentlichen Räumungsfrist gestellt wird.

3. Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO

Auch wenn die o.g. Frist bereits verstrichen sein sollte, gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, die bevorstehende Zwangsräumung zumindest zeitweise zu verhindern. Mithilfe des sog. Vollstreckungsschutzantrages nach § 765a ZPO kann eine (teilweise) Aufhebung, Untersagung oder einstweilige Einstellung erreicht werden.

Da dieser Antrag allerdings tatsächlich das letzte Mittel darstellt, hat er nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Zwangsräumung wegen ganz besonderer Umstände eine sittenwidrige Härte darstellen würde. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Ersatzwohnung gefunden wurde, diese jedoch erst einige Tage nach dem eigentlichen Räumungstermin bezogen werden kann (vgl. LG Stuttgart in: Rpfleger 85,71), da ein mehrmaliger Umzug innerhalb kürzester Zeit in der Regel nicht zumutbar ist (vgl. LG Braunschweig in: WuM 73, 82). Ebenso kann Sittenwidrigkeit anzunehmen sein, wenn eine Entbindung unmittelbar bevorsteht (vgl. OLG Frankfurt in: Rpfleger 81, 24) oder der Mieter lebensbedrohend erkrankt ist (vgl. BVerfG in: NJW 04, 49).

Unbedingt zu beachten ist, dass auch dieser Antrag fristgebunden ist. Nach § 765a Abs. 3 ZPO ist der Antrag spätestens zwei Wochen vor dem im Schreiben des Gerichtsvollziehers festgesetzten Räumungstermin zu stellen. Nur in Ausnahmefällen kann der Antrag auch noch nach Ablauf dieser Frist zulässig sein – beispielsweise, wenn der Antragsgrund erst kurzfristig entstanden ist (z.B. plötzliche schwere Erkrankung des Mieters etc.).

4. Praxistipps

Sobald feststeht, dass Sie die Wohnung räumen müssen, sollten Sie sich so früh wie möglich intensiv um eine Ersatzwohnung bemühen. Bewahren Sie entsprechende Belege zum Nachweis Ihrer Bemühungen auf. Prüfen Sie bei Eingang des Schreibens des Gerichtsvollziehers, ob tatsächlich gegen sämtliche Personen, die Mitbesitz an der Wohnung haben, ein Vollstreckungstitel vorliegt.

Auch wenn es sich um eine emotionale Stresssituation handelt: Behalten Sie stets die o.g. Fristen im Auge!

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