Was ein Vermieter wissen sollte: Teil 1: Die Urkundenklage

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Das deutsche Mietrecht ist von dem Gedanken geprägt, dem Mieter einen möglichst weitgehenden Schutz einzuräumen. Die Rechte der Vermieter bleiben hierbei manchmal - so scheint es zumindest - auf der Strecke. Ob es nun um die Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten oder die Formalien einer Mieterhöhung geht - stets gehen formale Fehler zu Lasten des Vermieters. 

Dennoch steht auch der Vermieter keineswegs rechtslos dar. Der vorliegende Artikel stellt daher den Auftakt zu einem mehrteiligen Leitfaden für Vermieter dar, in dessen Rahmen der ein andere Tipp angesprochen werden soll, der es dem Vermieter ermöglicht, seine Rechte einfacher und zielgerichteter durchzusetzen.

Maximilian A. Müller
Partner
seit 2007
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rathausplatz 1
76829 Landau
Tel: 06341 - 91 777 7
Web: http://www.seither.info
E-Mail:
Aufenthaltsrecht, Internetrecht, Miet- und Pachtrecht, Wohnungseigentumsrecht

Im ersten Teil soll auf die sogenannte "Urkundenklage" gemäß §§ 592 BGB hingewiesen werden.

Was es hiermit auf sich hat ist schnell erklärt. Bei dem Urkundenprozess handelt es sich um eine besondere Form des Zivilprozesses. In diesem Verfahren sind in einem ersten Stadium lediglich Urkunden als Beweismittel zugelassen. Sämtliche weiteren Beweismittel, die das "normale" Verfahren so kennt (v.a. Zeugen, Sachverständigen etc.) sind nicht zugelassen. In diesem ersten Stadium trifft das Gericht auf der Basis der vorgelegten Urkunden ein Vorbehaltsurteil. Erst im zweiten Stadium, dem "Nachverfahren" wird das Vorbehaltsurteil sodann auf der Grundlage von sämtlichen Beweismitteln überprüft. Das entscheidende hierbei ist, dass das Vorbehaltsurteil bereits vollstreckbar ist. Auch wenn es noch überprüft wird, muss dieses daher bereits befolgt werden.

Ihr Nutzen als Vermieter:

Für Sie als Vermieter kann der Urkundenprozess ein wirksames Mittel sein, um Mietrückstände geltend zu machen. Der Mietvertrag wird nämlich als Urkunde anerkannt. Alleine aus dem Mietvertrag ergibt sich, dass Ihr Mieter die dort festgesetzten MIetzahlungen zu leisten hat (mündliche Vereinbarungen müssen hierbei selbstverständlich unberücksichtigt bleiben).

Als Vermieter können Sie daher alleine auf der Grundlage des Mietvertrages eine Urkundenklage anstrengen. Der Mieter kann sich hiergegen zumindest im ersten Stadium kaum wehren. Nur wenn er selbst Urkunden vorlegen kann (z.B. vom Vermieter unterzeichnete erklärungen über die Reduzierung der Miete o.ä.), kann er ein Vorbehaltsurteil abwehren. In aller Regel liegen solche Unterlagen nicht vor. Der Mieter wird daher - in verhältnismäßig kurzer Zeit - vom Amtsgericht verurteilt. Er muss die offenstehende Miete zahlen.

Besonders interessant kann dieses Vorgehen dann sein, wenn der Mieter die Miete mindert, zum Beispiel weil Schimmel in der Wohnung vorhanden ist. Im Rahmen eines normalen Prozesses müsste eine umfangreiche Beweisaufnahme stattfinden. Ein Sachverständiger müsste die SChimmelursache klären. Wenn dann nach mehreren Monaten das Gutachten vorliegen sollte, wird eine Entscheidung verkündet. Bis dahin ist der Mietrückstand möglicherweise bereits auf mehrere 1000 € angewachsen. Der Vermieter kann hier schnell seinerseits in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Erhebt der Vermieter zuvor eine Urkundenklage, so wird der Mieter sämtliche Mietrückstände begleichen müssen. Erst anschließend wird die Frage des SChimmels im Prozess geklärt. Sollte der Mieter Recht bekommen, wird der Vermieter die Mieteinnahmen wieder zu erstatten haben. Sollte der Vermieter sich mit seiner ANsicht durchgesetzt haben, darf er nicht nur die Miete behalten, er hat auch verhindert, über längere Zeit auf die Miete warten zu müssen.

Darüber hinaus darf auch die psychologische Wirkung nicht außer acht gelassen werden. Gerade bei einer Mietminderung werden häufig Mängel vorgetragen, die tatsächlich nicht oder zumindest nicht in der behaupteten Schwere vorliegen. Der MIeter spart sich auf diesem Wege die Miete. In einem Prozess spielt die Zeit sodann für den Mieter. Dauert das Verfahren, spart er sich zunächst weitere Miete, dem Vermieter fehlen die Einnahmen. Ist der Mieter hingegen durch eine Urkundenklage und ein entsprechendes Vorbehaltsurteil zur Zahlung verpflichtet, so hat er selbst ein Interesse daran, dass das Verfahren zügig bearbeitet wird. Auch steigert die Zahlung die Vergleichsbereitschaft des Mieters. Schließlich geht es für ihn nun nicht mehr darum, etwas an dem Vermieter nachzahlen zu müssen, sondern darum, von dem Vermieter wieder etwas Geld zurückzuerhalten.

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob auch Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen im Wege der Urkundenklage geltend gemacht werden können. Verschiedene Urteile halten dies allerdings für unzulässig, so dass ich hieron derzeit abraten würde.

Und die Kosten?

Mit der Urkundeklage entstehen Gerichts- und Anwaltskosten, deren Höhe sich nach dem Gegenstandswert (= dem Wert der eingeklagten Mietrückstände) richtet. Die Kosten sind letztlich von dem Mieter zu tragen, wenn er die Miete nicht rechtzeitig gezahlt hat und er auch letztlich keinen Grund vorweisen konnte, weshalb die Miete nicht gezahlt wurde.

Fazit:

Die Urkundeklage stellt ein gutes Mittel dar, um Mietrückstände geltend zu machen. Insbesondere kann auf diesem Wege einer MIetminderung des Mieters entgegen getreten werden. Um die Mietrückstände nicht zu stark anwachsen zu lassen ist bei einem ohnehin problematischen Mietverhältnis zu empfehlen, Mietrückstände stets zeitnah geltend zu machen. Dies verhindert auf der einen Seite, dass der Mietausfall immer weiter anwächst, zum anderen werden auch die Kosten des gerichtlichen Verfahrens reduziert.

RA Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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Der vorstehende Artikel erhebt nicht den Anspruch, eine abschließende rechtliche Beratung darzustellen. Fragen, Lob, Kritik und sonstige Anregungen zu dem Artikel sind gerne gesehen.
Leserkommentare
von Rechtsanwalt Maximilian A. Müller am 14.01.2011 11:56:45# 1
Es ist sicherlich richtig, dass ein gerichtliches Verfahren gegen Mieter nur dann Sinn macht, wenn der Vermieter davon ausgeht, dass die MInderung nicht oder zumindest nicht in der vorgenommenen Höhe rechtmäßig ist. Diese Problematik stellt sich allerdings auch bei einem "normalen" Verfahren.

Übrigens muss nicht der Vermieter beweisen, dass die Mietminderung unberechtigt ist. Vielmehr muss der Mieter beweisen, dass seine Minderung rechtmäßig ist. Daher muss er auch entsprechende Beweismittel anbieten.
    
von Tueffi78 am 17.01.2014 10:02:01# 2
Sehr geehrter Herr Müller,

bei einer ausstehende Mietforderung von 735 Euro, was glauben Sie, wird mich so eine Urkundenklage voraussichtlich kosten?

Für eine kurze unverbindliche Info bedanke ich mich bereits jetzt

Freundliche Grüße
    
von Rechtsanwalt Maximilian A. Müller am 17.01.2014 10:29:28# 3
Sehr geehrter Tueffi78,

vielen Dank für Ihren Kommentar.

Die Gebühren für eine Klage, auch für eine Urkundenklage sind im RVG und dem GKG geregelt. Die Höhe der Kosten orientiert sich hierbei an dem Gegenstandswert.

Dieser beträgt vorliegend 735,00 €.

Die Gerichtskosten belaufen sich auf 159,00 €.

Sollten Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, so würden weitere Kosten entstehen. Hierzu empfehle ich Ihnen einen dervielen Prozesskostenrechner im Internet, Sie können sich gerne auch unter Mueller@seither.info mit mir in Verbindung setzen.

Die Kosten sind hierbei grundsätzlich von dem Verlierer des Verfahrens an den Gewinner zu erstatten.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
    
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