Kurze Kündigungsfrist für Wohnraummieter mit „Altmietverträgen"

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Seit dem Inkrafttreten der Mietrechtreform am 01.09.2001 gilt für Wohnraummieter grundsätzlich, unabhängig von der Wohnzeit, eine kurze Kündigungsfrist von drei Monaten.

Heftig umstritten war in der Folge die Frage, welche Kündigungsfristen bei vor dem 01.09.2001 abgeschlossenen Wohnraummietverträgen gelten, in denen – entsprechend der zuvor geltenden gesetzlichen Regelung – für den Mieter eine wohnzeitabhängige Verlängerung der Kündigungsfristen von bis zu 12 Monaten in einer Formularklausel ausdrücklich vereinbart war.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zwischenzeitlich entschieden, dass nach Auslegung der Überleitungsvorschrift Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB die im Formularvertrag genannte Verlängerung der Kündigungsfristen weitergilt. Der Argumentation der Gegenansicht, die Verlängerung der Kündigungsfristen gelte – entsprechend der Begründung des Gesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren - bei „Altverträgen" nur, wenn diese individuell ausgehandelt worden, und nicht lediglich in einer einseitig gestellten Formularklausel enthalten sei, ist der BGH nicht gefolgt. Der BGH argumentierte dabei streng am Wortlaut der Überleitungsvorschrift, die vorsieht, dass die im Vertrag enthaltene Verlängerung gilt „wenn die Kündigungsfristen vor dem 1. September 2001 durch Vertrag vereinbart worden sind". „Durch Vertrag vereinbart" seien auch Formularklauseln und nicht nur individuelle Vereinbarungen. Auf die Begründung des Gesetzgebers könne nicht zurückgegriffen werden, da diese im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze finde.

Wer nun jedoch geglaubt hatte, mit den hierzu ergangenen Urteilen des BGH sei die Frage der Verlängerung der Kündigungsfristen in „Altmietverträgen" für die Zukunft geklärt, täuscht sich. Die Fälle, über die der BGH zu entscheiden hatte, bezogen sich auf Kündigungen, die nach Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 01.09.2001 aber vor dem 01.01.2003 ausgesprochen worden sind.

Mit dem seit 01.01.2002 geltenden Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sind neue Überleitungsvorschriften in Kraft getreten, die für Dauerschuldverhältnisse – und damit auch für Mietverhältnisse - ab dem 01.01.2003 generell die Geltung des BGB in der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung vorsehen. Und da das Gesetz in dieser Fassung stets eine dreimonatige Kündigungsfrist unabhängig von der Wohnzeit und den vertraglichen Vereinbarungen vorsieht, müsste bei wortlautgetreuer Auslegung der neueren Überleitungsvorschrift jetzt stets die dreimonatige Kündigungsfrist für Mieter gelten.

Diese Problematik hat - trotz der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung für Vermieter und Mieter - bisher kaum Beachtung gefunden. Die Interessenverbände der Wohnungswirtschaft haben verständlicherweise wenig Interesse, diesen Streitfall zu publizieren, da die BGH-Rechtsprechung zu den Überleitungsvorschriften für die Mietrechtsreform die Vermieterseite begünstigte. Die Interessenverbände der Mieter gehen mit dieser Frage sehr zurückhaltend um und ziehen es vor, den Gesetzgeber zu veranlassen, hier für eine Klarstellung zu sorgen.

Solange eine solche Klarstellung nicht erfolgt, wird man sich darüber streiten müssen, ob für Mietverhältnisse – anders als für andere Dauerschuldverhältnisse – die vorherige Überleitungsvorschrift zur Mietrechtsreform (Art. 229 § 3 EGBGB) als speziellere Vorschrift auch nach Inkrafttreten der neueren Überleitungsvorschrift zur Schuldrechtsmodernisierung (Art. 229 § 5 EGBGB) weiter gilt. Die Vertreter dieser Ansicht führen als Hauptargument an, dass Art. 229 § 3 EGBGB für die Überleitung zum Teil Fristen vorsieht, die lange nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes enden. Weiter wird angeführt, dass die neuere Überleitungsvorschrift die ältere ausdrücklich hätte aufheben müssen, um auch für Mietverhältnisse Geltung zu erlangen.

Überzeugend sind diese Argumente nach meinem Dafürhalten nicht. Denn dass in einer Überleitungsvorschrift eine andere Überleitungsvorschrift ausdrücklich aufgehoben werden müsse, um Geltung zu erlangen, lässt sich keiner Auslegungsregel entnehmen und widerspricht letztlich auch der Natur einer Überleitungsvorschrift. Vielmehr ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, weshalb vorliegend von dem Grundsatz abgewichen werden könnte, dass die neuere Regelung die bis dahin geltende Regelung ersetzt. Argumentiert man – wie dies der BGH bei den Überleitungsvorschriften zur Mietrechtsmodernisierung getan hat – streng am Wortlaut, so gilt die Überleitungsvorschrift zur Schuldrechtsmodernisierung für alle Dauerschuldverhältnisse und damit auch für Mietverhältnisse mit der Folge, dass seit dem 01.01.2003 alle Wohnungsmieter mit einer Frist von drei Monaten ihr Mietverhältnis kündigen können.

In entsprechender Weise hat auch das Amtsgericht Bückeburg (Aktenzeichen 31 C 365/03) entschieden und einen Vorrang des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB bejaht .


Falk Brorsen
Rechtsanwalt

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