Die wirksame Eigenbedarfskündigung

Mehr zum Thema: Mietrecht, Pachtrecht, Mietrecht, Sozialrecht, Vermieter, Mieter, Eigenbedarf, Kündigung
4,83 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
6

Welchen wirksamen Schutz gibt es vor der wirksamen Kündigung wegen Eigenbedarf?

Welchen Schutz kann ein Mieter in Anspruch nehmen, wenn die Eigenbedarfskündigung tatsächlich wirksam ist?

Überblick über die Schutzmöglichkeiten des Mieters bei wirksamer Eigenbedarfskündigung

Damit der Mieter vor der Eigenbedarfskündigung geschützt ist, muss er je nach Verfahrensstand bestimmte „Verfahrensrechte" wirksam für sich ausüben. Er muss mindestens einen der Härtefälle mit allen Voraussetzungen für sich benennen können. Es muss dann im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung geprüft werden, ob im Einzelfall ausnahmsweise auch bei berechtigter Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter den Mieterinteressen Vorrang eingeräumt werden muss. D.h. es müssen auch die Vermieterinteressen geprüft und abgewogen sein.

Elisabeth Aleiter
Partner
seit 2013
Rechtsanwältin
Schubertstraße 6
80336 München
Tel: 089/ 29161431
Tel: 089 / 29161423
Web: http://www.kanzlei-aleiter.de
E-Mail:
Wirtschaftsrecht, Strafrecht, Erbrecht, Familienrecht, Arbeitsrecht

I. Mieterschutz

  • Widerspruchsrecht § 574 BGB: Der Mieter muss seinen Widerspruch schriftlich und bis 2 Monate vor dem Ende des Mietverhältnisses gemäß der Kündigung (tatsächliches Ende) erklären, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn, seine Familie oder sonstige Mitbewohner eine Härte bedeuten würde, die eine Kündigung des Vermieters nicht rechtfertigen würde. Liegen die Voraussetzungen vor und übt der Mieter sein Recht richtig aus, so hat der Mieter einen Anspruch auf begrenzte Fortsetzung des Mietverhältnisses. Der Mieter muss dann noch mit dem Vermieter eine entsprechende Vereinbarung treffen. Kommt die Vereinbarung nicht zustande, muss nach gerichtlichem Antrag durch den Mieter durch Urteil entschieden werden.

  • Räumungsfrist § 721 ZPO: Hat der Mieter keinen Erfolg mit seinem Widerspruch oder hat er diesen gar nicht oder nicht form- und fristgerecht eingelegt, so kann er im Verfahren bei Gericht den Antrag auf eine Räumungsfrist stellen. Das Gericht kann diese auch von Amts wegen erteilen. Diese Frist kann bis zu einem Jahr gewährt werden. Hier wird das Mietverhältnis nicht fortgesetzt, sondern die Vollstreckung des Räumungsurteils wird hinausgeschoben.

  • Vollstreckungsschutz § 765 a ZPO: Wenn die Räumung des Mieters kurz bevor steht, kann dieser noch Räumungsschutz beantragen, wenn eine Räumung eine Härte bedeuten würde, die nicht mit den guten Sitten vereinbar ist. Hier sind meist nur Fälle von Lebensgefahr und der Gefahr von erheblichen Gesundheitsgefahren Gründe, die eine Vollstreckung noch aufhalten können.

II. Härtefälle

Es werden aus Platzgründen nur die wichtigsten Gründe aufgeführt.

1. Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Verwurzelung und hohes Alter

Einer dieser Gründe alleine stellt keinen Härtegrund dar, aber wenn weitere Gründe wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Verwurzelung hinzukommen, ist durchaus ein Härtefall möglich. Krankheiten oder Pflegebedürftigkeit müssen an Hand von aussagekräftigen Attesten, Gutachten von Ärzten oder dem medizinischen Dienst nachgewiesen werden.

2. Aufwendungen des Mieters auf die Mietsache

Wenn der Mieter im Vertrauen auf die länger andauernde Mietzeit erhebliche Aufwendungen auf die Mietsache macht, für die er bei Auszug keinen Ersatz verlangen kann und die auch noch nicht abgewohnt sind.

3. Ausbildung / berufliche Gründe

Ein Wohnungswechsel während Prüfungen, z.B. Examen, Diplomarbeit, oder eine Vorbereitung auf eine wichtige Prüfung stellt unter Umständen eine Härte für den Mieter oder seine Familienmitglieder oder Haushaltsangehörige dar. Auch wenn der Mieter durch den Wohnungswechsel in seiner Berufsausübung gehindert ist, weil er sonst seinen Arbeitsplatz nicht erreichen oder seinen Beruf nicht ausüben kann.

4. Fehlender Ersatzwohnraum

Ein ganz wichtiger und damit häufiger Grund. Findet der Mieter keinen angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen, obwohl er alle für ihn persönlich und wirtschaftlich zumutbaren Bemühungen unternommen hat, stellt diese eine Härte dar. Hier gilt es, die Bemühungen genau darzustellen und mit Belegen aufzubewahren.

5. Krankheit

Eine physische oder psychische Krankheit von einiger Intensität kann eine Beendigung des Mietverhältnisses unzumutbar machen, wenn z.B. eine Umgewöhnung in eine neue Umgebung den Gesundheitszustand massiv verschlechtern würde oder z.B. Umzugsbemühungen gar nicht aufgenommen werden können, weil die Gesundheit zu sehr eingeschränkt ist. Das kann jedoch nicht einfach behauptet werden. Auch hier ist ein Gang zum Facharzt, ausführliches Attest, Gutachten oder ähnliches unerlässlich.

6. Suizidgefahr

Auch dies kann eine Härte darstellen. Aber auch hier muss diese genau herausgearbeitet und mit Attesten, Gutachten etc. belegt werden. Meist werden hier noch andere Fragestellungen wie Verwurzelung, Krankheit etc. weitere Anknüpfungspunkte bilden. Auch kommt man hier ohne eine sehr ausführliche Interessenabwägung nicht aus.

Was dann noch zu erfolgen hat, ist eine ausführliche Interessenabwägung zwischen den Vermieter- und den Mieterinteressen. Erst wenn hier ein Vorrang der Mieterinteressen herausgearbeitet werden kann, bestehen Erfolgsaussichten.

Fazit

Der Erhalt einer Kündigung wegen Eigenbedarf ist für viele Mieter ein schwerer Schlag.

Dieser Überblick setzt sich weniger mit den Fragestellungen der wirksamen Eigenbedarfskündigung an sich auseinander. Denn auch die Eigenbedarfskündigung selbst bietet vielerlei Angriffsmöglichkeiten. Doch gerade in Fällen, in denen die Eigenbedarfskündigung eigentlich erfolgreich ist, gibt es für den Mieter noch viele Möglichkeiten wichtige Aufschübe oder einen Härtefall für sich zu erreichen, der eine Kündigung sogar zu Fall bringen kann.

Für die Mieter gilt: Kühlen Kopf bewahren, zum Mieterverein bzw. engagierten Rechtsanwalt gehen und die Eigenbedarfskündigung und weitere Voraussetzungen aller Einwendungen und Härtefallregelungen kritisch prüfen und sich ausführlich beraten lassen. Im Zweifel sollte man unbedingt versuchen, Zeitaufschübe oder auch eine außergerichtliche Einigung zu erwägen. Oft ist es so, dass Vermieter auch Unterstützung bei den Umzugs- und Renovierungskosten bieten oder Abfindungen zahlen.

Rechtsanwältin Elisabeth Aleiter
Schubertstraße 6 / an der Oktoberfestwiese

80336 München
Tel.: 089/29161431
Fax: 089/29161437

E-Mail:elisabeth.aleiter@kanzlei-aleiter.de
Web: http://www.kanzlei-aleiter.de
Leserkommentare
von Spezi-2 am 25.04.2015 13:41:34# 1
Als Erstes hätte ich vermutet, dass es den Ratschlag gibt, schon bei Abschluss des Mietvertrages eine Klausel in den Vertrag aufnehmen zu lassen, wonach der Vertrag zwar auf unbestimmte Zeit läuft, eine Kündigung wegen Eigenbedarf oder fehlender wirtschaftlicher Verwertung jedoch ausgeschlossen ist.
Für mich ist dies der stärkste Schutz vor einer Eigenbedarfskündigung.
    
Das könnte Sie auch interessieren
Mietrecht, Pachtrecht Ein Mietvertrag auf Lebenszeit kann zulässig sein