Der Räumungsprozess – Teil 1 (Kündigung)

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Vor einer Räumungsklage und Zwangsräumung muss die wirksame Kündigung erfolgt sein

„Raus und zwar sofort, sonst hole ich die Polizei!“ „Aber warum?“ „Weil ich Sie nicht mag.“

Die Beendigung unbefristeter Wohnraummietverhältnisse

So einfach kann man natürlich in Deutschland nicht aus seiner Wohnung geworfen werden. Die Polizei räumt im Auftrag des Vermieters keine Wohnungen. Wenn es der Vermieter selbst oder mit eigenen Helfern gegen den Willen des Mieters versucht, macht er sich strafbar (Hausfriedensbruch, Nötigung u. a.). Aktualisierung (Stand: 01.05.2013)

Jürgen Vasel
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Aber wie geht es überhaupt? Welche Rechte hat der Vermieter, welche der Mieter?

Gegen den Willen des Mieters kann dessen Wohnung nur nach einem Räumungsprozess aufgrund eines Räumungsurteils oder Räumungsvergleichs zwangsgeräumt werden. Ein Räumungsurteil setzt mindestens eine Räumungsklage voraus, diese wiederum, dass dem Mieter wirksam die Kündigung erklärt wurde und eine etwaige Kündigungsfrist abgelaufen ist.

Es gilt also folgende Reihenfolge:

  1. Kündigung
  2. Räumungsklage
  3. Räumungsurteil

Die Kündigung des Mieters als zwingende Voraussetzung einer Räumungsklage

Die Kündigung eines Wohnraummietvertrages muss schriftlich erfolgen. Die Kündigung muss vom Vermieter begründet werden (Ausnahme: sog. erleichterte Vermieterkündigung, s. u.).

Als Kündigungsgründe für eine ordentliche, fristgemäße Kündigung sind folgende (und ähnlich schwer wiegende) zulässig:

  1. Mieter verletzt seine Vertragspflichten schuldhaft nicht unerheblich (z. B. beharrliche Verstöße gegen die Hausordnung, aber auch ständig unpünktliche Mietzahlungen trotz Abmahnung),
  2. Eigenbedarf des Vermieters (auch für entferntere Angehörige, wenn enge persönliche Bindung besteht)
  3. angemessene wirtschaftliche Verwertung des (Haus-)Grundstücks wird durch die Vermietung verhindert (Beispiel: Verkauf, Neubau)

Die ordentliche Kündigung - fristgemäß

Die Kündigungsfrist ist wie folgt bestimmt: Bis zum 3. Werktag eines Monats zum Ablauf des übernächsten Monats.

Beispiel: Kündigung geht Mieter zu am Dienstag, 04.12.2012, zu. Kündigungsfrist läuft am 28.02.2013 ab. (Samstag, der 01.12.2012, gilt als Werktag. Nur Sonntag, der 02.12.2012, ist kein Werktag.)

Die Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich um jeweils 3 Monate nach 5 bzw. 8 Jahren seit Überlassung der Wohnung.

Beispiel: Die Wohnung wurde am 01.12.2004 bezogen. Kündigung geht Mieter zu am Dienstag, 04.12.2012, zu. Kündigungsfrist läuft am 31.08.2013 ab.

Der Mieter kann gegen eine ordentliche Kündigung aus sozialen Gründen Widerspruch erheben, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine unverhältnismäßig Härte darstellen würde. Die Einlegung des Widerspruchs hindert die Erhebung der Räumungsklage nicht, kann aber dazu führen, dass das Gericht, das den Widerspruch würdigen muss, die Räumungsklage abweist.

Trotzdem sollte der Vermieter den Mieter schon in der Kündigung auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinweisen. Nur dann muss der Widerspruch spätestens 2 Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist erhoben werden. Sonst kann der Mieter noch im Räumungsrechtsstreit den Sozialwiderspruch erheben.

Die außerordentliche Kündigung - fristlos

Eine außerordentliche, fristlose Kündigung durch den Vermieter ist zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der es unter Berücksichtigung aller Umstände unzumutbar macht, das Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.

Ein solch wichtiger Grund liegt insbesondere dann vor, wenn der Mieter

  1. die Mietsache erheblich gefährdet oder unbefugt einem Dritten überlässt, den Hausfrieden nachhaltig stört,
  2. an 2 aufeinanderfolgenden Terminen mit mehr als einer Monatsmiete in Verzug ist,
  3. über einen längeren Zeitraum mit einem Betrag von mindestens 2 Monatsmieten in Verzug gerät,
  4. mit der Zahlung der vereinbarten Mietsicherheit (Kaution) in Höhe von mindestens zwei Kaltmieten in Verzug ist.

Auch bei einer fristlosen Kündigung muss dem Mieter noch eine sog. „Ziehfrist“ gewährt werden. Je nach Größe des Hausstandes beträgt diese 1-2 Wochen.

Wichtig ist, dass die vorgenannten Kündigungen sorgfältig begründet werden müssen, um wirksam zu sein.

Beispiel: Als Begründung für eine fristlose Kündigung wegen erheblicher Störung des Hausfriedens reicht nicht, folgendes auszuführen: „Nach allem, was in den letzten Monaten vorgefallen ist (Sie wissen genau, was ich meine), kündige ich Ihnen hiermit fristlos wegen erheblicher Störung des Hausfriedens.“ Hier müssten die einzelnen „Vorfälle“, welche die Kündigung begründen sollen, möglichst detailliert und mit Orts- und Zeitangaben dargestellt werden.

Das sog. „Nachschieben“ von Kündigungsgründen im Prozess ist nur sehr eingeschränkt möglich. Man sollte daher auf jeden Fall die Kündigung umfassend begründen. Als Vermieter sollten Sie daher bereits zur Abfassung der Kündigung einen Rechtsanwalt hinzuziehen.

Als Mieter sollten Sie, wenn Sie das Mietverhältnis fortsetzen möchten, nach Erhalt einer Kündigung ebenfalls unbedingt einen Rechtsanwalt beauftragen. Im Falle einer unberechtigten Kündigung durch den Vermieter muss dieser in der Regel Ihre dadurch entstandenen Rechtsanwaltskosten erstatten.

Die erleichterte Vermieterkündigung - ohne Grund

Die sog. erleichterte Vermieterkündigung kommt Vermietern zugute, die mit dem Mieter in einem Gebäude mit nur zwei Wohnungen zusammen wohnen (eine Wohnung wird vom Vermieter bewohnt, die andere vom Mieter). In diesem Fall braucht der Vermieter keinen Kündigungsgrund zu haben und anzugeben. Die Kündigungsfrist verlängert sich allerdings um (weitere) drei Monate.

Beispiel: Die Einliegerwohnung wurde am 01.12.2004 bezogen. Kündigung geht Mieter zu am Dienstag, 04.12.2012, zu. Kündigungsfrist läuft am 30.11.2013 ab (beträgt also bei 8-jähriger Mietdauer praktisch 12 Monate).

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