BGH: Keine formularmäßige Pflicht zur Tapetenbeseitigung bei Auszug

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BGH: Keine formularmäßige Pflicht zur Tapetenbeseitigung bei Auszug

Von Rechtsanwalt Andreas Schwartmann

Mietverträge enthalten oftmals eine Klausel, nach der der Mieter bei Auszug alle Tapeten zu entfernen hat, unabhängig von der Frage, ob er sie selbst angebracht oder vom Vormieter übernommen hat. Eine solche Klausel begründet dann z.B. die Pflicht, die Wohnung "tapetenfrei" zurückzugeben.

Der Bundesgerichtshof hat nun (Urteil vom 05.04.2006, Az. : VIII ZR 109/05) entschieden, dass eine entsprechende Klausel, jedenfalls im Rahmen eines Formularmietvertrages, eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstellt und unwirksam ist, da sie dem Mieter ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Renovierungsbedarf zusätzlich zu ebenfalls vereinbarten turnusmäßigen Schönheitsreparaturen einen erheblichen Arbeitsaufwand auferlege. Der Mieter würde dadurch aber entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Andreas Schwartmann
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Der für Wohnungsmietverträge zuständige 8. Zivilsenat führt in seiner Entscheidung dazu weiter aus, dass die eigentlich dem Vermieter obliegende Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen zwar grundsätzlich mietvertraglich auf den Mieter übertragen werden könne. Indes sei es unzulässig, den Mieter mit Renovierungspflichten zu belasten, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgingen. Denn dadurch würde dem Mieter eine höhere Instandhaltungspflicht auferlegt, als sie der Vermieter dem Mieter selbst schulde. So sei es beispielsweise ebenfalls unzulässig, den Mieter formularmäßig zur Durchführung einer Endrenovierung, unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen zu verpflichten.

So verhalte es sich auch bei der umstrittenen Klausel: Da der Mieter nach einer wirksamen Schönheitsreparaturklausel während der Mietzeit fällig werdende Renovierungsarbeiten durchzuführen hatte, werde ihm mit der Entfernung der Tapeten bei Auszug eine zusätzliche Pflicht, unabhängig von der Erforderlichkeit der Arbeiten, auferlegt. Nach ihrem Wortlaut sei der Mieter sogar dann beim Auszug zur Entfernung der Tapeten verpflichtet, wenn er diese gerade erst im Rahmen der turnusmäßigen Schönheitsreparaturen erneuert hätte und die Entfernung der Tapete bei Auszug gar nicht erforderlich sei. Dies widerspreche dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, was zu einer unangemessenen Belastung des Mieters und damit zur Unwirksamkeit der Klausel führe.

Empfehlung: Enthält ihr Mietvertrag eine Klausel, nach der sie bei Vertragsende sämtliche Tapeten, unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Renovierungsarbeiten oder der Erforderlichkeit, zu entfernen haben, sollten Mieter dies unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshof jedenfalls dann ablehnen, wenn es sich um eine Formularklausel handelt. Dies kann auch der Fall sein, wenn die Klausel vom Vermieter handschriftlich unter "Sonstige Vereinbarungen" in einen Formularvertrag eingetragen wurde. Entscheidend für die Anwendbarkeit der gesetzlichen Vorschriften über Formularverträge ist, dass der Mieter auf die Gestaltung des Vertrages und der betreffenden Klauseln keinen Einfluss nehmen konnte, und ihm der Vertrag, auch mit handschriftlichen Einträgen, vom Vermieter vorformuliert zur Unterschrift vorgelegt wurde. Dann stellt auch ein handschriftlicher Zusatz eine vorformulierte Klausel dar.

Eine Vertragsklausel, die den Mieter unabhängig von der Erforderlichkeit beim Auszug zur Entfernung sämtlicher Tapeten verpflichtet, kann allenfalls wirksam sein, wenn sie als Individualvereinbarung zwischen den Mietvertragsparteien konkret vor Vertragsschluß ausgehandelt wurde. Selbst dann kann aber die Gesamtschau aller Vertragsvereinbarungen zu Schönheitsreparaturen aufgrund des sog. "Summierungseffektes" die Unwirksamkeit einer solchen Klausel ergeben. Hier empfiehlt sich jedenfalls die anwaltliche Prüfung im Einzelfall, denn guter anwaltlicher Rat ist meist preiswerter, als die Durchführung nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen.

Andreas Schwartmann

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