Religionsfreiheit - ein Grundrecht wie kein anderes...

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Wer sich schon einmal gefragt hat, was passiert, wenn man in einer Kirche zu sportlicher Höchstform aufläuft, der hat nun endlich die Antwort. Man wird verurteilt. Von einem staatlichen Gericht. Wenn sich jenes dann noch in höchstem Maße verpflichtet fühlt, streng gegen moralische Grenzüberschreitungen vorzugehen, dann kommt auch mal eine Geldstrafe in Höhe von 1.500,00 EUR dabei heraus. Nach erhobenem Einspruch und erfolgter Hauptverhandlung kostet die Einschätzung des Gerichts den Straftäter immerhin nur noch 700,00 EUR, da ein Schätzen des Einkommens nach erfolgten Angaben zu den persönlichen Verhältnissen leider keine Basis mehr hat.

Zunächst kurz der Sachverhalt:

Es geht um einen jungen Mann - einen Künstler. Dieser fertigt ein ca. eineinhalbminutiges Video von sich, wie er auf einem Altar einige Liegestütze macht und dann fortgeht - Name des Projekts: „Pressure to perform“ („Leistungs­druck“). Dieses zeigte der Künstler dann in einem Schaufenster und auch bei eigenen Ausstellungen. Nicht bedacht hat er dabei leider: "Gott sieht alles". In diesem Falle erhielt Gott zudem noch staatliche Unterstützung in Form der Justiz, die auf eine solche "Grenzüberschreitung" nicht anders zu reagieren vermag als mit einer Geldstrafe.

Es handelte sich hier natürlich um eine katholische Kirche in Saarbrücken.

Hausfriedensbruch und Störung der Religionsausübung heißt der Vorwurf, der nur mit 700,00 EUR finanzieller Erleichterung des Täters geahndet werden kann.

Laut der vorsitzenden Richterin sei diese Aktion nicht durch Kunst- oder Meinungsfreiheit abgedeckt.

„Man muss klar und deutlich konstatieren: Wenn ein Altar einer Turnmatte gleich­gesetzt wird, wird objektiv eine Missachtung zum Ausdruck gebracht. Und selbst wenn man jetzt davon ausgeht, dass es sich hier tatsächlich um Kunst handelt, liegt es auch auf der Hand, dass Sie Ihre Kunstfreiheit nicht überall, jederzeit und an jedem Ort verwirklichen können“, so die Vorsitzende.

Staats­anwältin Carola Hilgers-Hecker pflichtete der Vorsitzenden bei: „Die Kunst- und Meinungs­freiheit hat nicht uneingeschränkt Geltung. Sie findet auch ihre Grenzen, zum Beispiel im Strafgesetz und im Grundrecht anderer.“

Klar und deutlich hat hier eine Missachtung der Religion stattgefunden, so klar und deutlich, dass es sich doch gar nicht lohnt, über den subjektiven Tatbestand zu debattieren. Warum auch, wenn doch Lehrbuchfloskeln wunderbar auf den Einzelfall gepresst werden können.

Aber vielleicht sieht das Berufungsgericht darin einen lohnenswerten Akt.

Denn wie der verteidigende Kollege schon richtig feststellt:

„Es mag Unfug gewesen sein, aber ein beschimpfender Charakter war es nicht.“

Im Übrigen haben die vermeintlich eigentlichen Opfer, die Religionsausübenden rund um Pfarrer Christian Heinz, ganz ohne staatliche Einmischung einen Weg für sich gefunden.

Pfarrer Christian Heinz kündigte an, das Thema mit Jugendlichen besprechen zu wollen - und dazu den Künstler einzuladen und eventuell das Video zu zeigen.

So denn die Vorsitzende trotzdem der Meinung ist: „Dem Angeklagten fehlt im Umgang mit anderen das Gespür für das, was angemessen ist“, verbleibt nur zu hoffen, dass das Kratzen am Existenzminimum dem straffälligen Künstler etwas mehr moralische Umsicht geschenkt hat.