Das Leistungsschutzrecht gehört ins vorherige Jahrtausend

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Verlage haben kein überzeugendes Geschäftsmodell für das Internet. Das ist aber nicht Googles Schuld.

Der Rechthaber

Was war das früher doch für eine schöne Welt für Zeitungsverlage. Man druckte Texte auf Papier, verkaufte Abos und Einzelexemplare und nahm Geld von Werbe- und Anzeigenkunden an.

Papier war das beste und begehrteste Mittel, Informationen und Meinungen unter das Volk zu bringen. Es entstanden Medienimperien, die schnell zur vierten Macht im Staat aufstiegen - denn durch das was man druckte - und was nicht - und durch geschickt gestreute Meinungsartikel konnte man einen großen Einfluss auf die Bevölkerung ausüben.

Dann kam das Internet und verknüpfte die ganze Welt. Die Verlage spielten ein bisschen mit, bauten ihre eigenen Webauftritte und stellten ihre Presseerzeugnisse oder einen Teil davon ins Netz. Aber die Medienhäuser waren nicht mehr die alleinige Quelle für Information. Jeder kann heute zum Verleger werden, es gibt alternative Nachrichten, Blogs, und viele Ereignisse, große wie kleine, erfährt man über Twitter und Facebook schneller als auf einer Nachrichtenseite der üblichen Verächtigen.

Jeder kann sich Informationen holen - in der Regel umsonst.

Ein Geschäftsmodell der Verlage für das Internet gab es nicht und gibt es bis heute in den meisten Fällen immer noch nicht. Das ist nicht die Schuld des Internet, oder von Google, oder von Apple. Auch der Internetnutzer ist nicht Schuld, der angeblich nicht willens ist, im Internet Geld für urheberrechtliche Werke auszugeben.

Es sind vielmehr die Verlage, die es bislang nicht schaffen, sich an die neuen Möglichkeiten und die veränderte Welt zu adaptieren. Was machen sie also? Sie versuchen, sich das Geld von Google zu holen.

Google würde die Verlage ausbeuten, indem es Inhalte von Nachrichtenseiten unentgeltlich nutze. Neben den normalen Suchergebnissen wird insbesondere auch gegen Google News gewettert. Wie kann Google es wagen, auf frei verfügbare Webinhalte zu verlinken, einen kurzen Teaser anzuzeigen und die Quelle zu nennen?

Was für eine Unverschämtheit von Google. Daher, so will es das geplante Leistungsschutzrecht, soll die Nutzung von Presseerzeugnissen für Suchmaschinenbetreiber künftig kostenpflichtig werden.

Das ist mehr als schizophren. Liebe Verlage, ihr könnt nicht einerseits Inhalte kostenlos ins Netz stellen, Inhalte, die durch das Urheberrecht schon mehr als geschützt sind, und euch dann beschweren, wenn Google innerhalb der Grenzen des Urheberrechts und völlig legitim auf diese Inhalte verweist und euch Leser zuspült. Inhalte übrigens, die man so oder ähnlich auf allen großen Nachrichtenseiten im Netz findet. Spiegel.de, Sueddeutsche.de, Fokus.de - mittlerweile alles derselbe Einheitsbrei.

Wer gar nicht bei Google oder teilweise nicht bei Google erscheinen will, kann dies entsprechend einstellen. Wer die Vorschaufunktion von Google nicht für seine Webseiten nutzen will, kann diese deaktivieren. Wer bei Google News nicht auftauchen will, kann Google News blocken. Wer keine gecachte Version seiner Seiten auf Google haben will, kann dies verhindern.

Das Urheberrecht sollte den Urheber ursprünglich schützen, wird aber heute immer mehr als Waffe genutzt, auch in Fällen, wo es nichts zu schützen gibt. Diese Situation wird durch das geplante Leistungsschutzrecht auf die Spitze getrieben. Man weiß grundsätzlich nicht, wie man die journalistische Leistung verwerten soll - also soll Google zahlen.

Ihr wettert gegen das Monopol von Google, die Allmacht, Datenkrake, böse böse, dabei weint ihr nur eurem eigenen Monopol vergangener Zeitalter hinterher.

Immerhin, eure Lobbyarbeit scheint noch hervorragend zu funktionieren, ansonsten hätte diese Unverschämtheit von einem "Leistungsschutzrecht" gar nicht erst das Bundeskabinett verlassen.

Andere europäische Länder sind da übrigens auch nicht weiter: Frankreich etwa plant eine Steuer für Einblendungen von Nachrichtenseiten auf Suchmaschinen.

Die Welt ändert sich. Diese Tatsache mag einige erschrecken, aber es ist Fakt: die Welt dreht sich weiter. Die meisten der alten Garde sind nicht in der Lage, sich anzupassen. Sie versuchen, Ihre Macht möglichst lange zu erhalten und verschleppen oder boykottieren Innovationen.

Das kann eine Weile gut gehen. Die Erfahrung zeigt aber auch: Pass dich an oder geh unter.

Verlage hatten 15 Jahre Zeit, sich etwas Neues auszudenken, sich zu ändern, flexibel zu sein. Denn das digitale Zeitalter besteht nicht erst seit gestern. Passiert aber ist auf Verlagsseite nichts. Stattdessen hält man an alten Geschäftsmodellen fest. Trotzdem: Neue Wege sind auch jetzt noch möglich. Es wird sie geben, die neuen Journalisten und Medienhäuser. Denn Bedarf an gut recherchierten journalistischen Werken wird es immer geben, und dafür zahlt man auch gerne gutes Geld. Auch im Internet.

Sich das Geld von Google holen wollen ist kein neuer Weg, kein neuer Journalismus. Es ist vielmehr das verzweifelte Klammern an die Vergangenheit. Wegelagerei. Wenn das tatsächlich passiert, nimmt Google euch hoffentlich komplett aus dem Index. Ich weine Spiegel.de und Co. dann keine Träne nach.

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