Gebrauchtwagenkauf: Haftung trotz Gewährleistungsausschluss

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Kein Haftungsausschluss des Verkäufers für fehlende Unfallfreiheit bei Beschaffenheitsvereinbarung

Im Falle einer im Kaufvertrag vereinbarten Unfallfreiheit des Gebrauchtwagens (Beschaffenheitsvereinbarung) haftet der Verkäufer trotz eines (stillschweigenden) Gewährleistungsausschlusses. Dies hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 19. Dezember 2012 festgestellt.

Verkäufer hatte Unfallfreiheit zugesichert

Der Beklagte hatte mit seinem gebrauchten PKW einen Unfall verursacht. Der entstandene Streifschaden an der hinteren rechten Tür und an der Seitenwand belief sich nach einem eingeholten Gutachten auf 2.919,12 €. Der Beklagte ließ das Fahrzeug anschließend für 819,89 € nicht fachgerecht reparieren. Einige Zeit später kaufte der Beklagte einen anderen Wagen und gab das Unfallfahrzeug der Händlerin und Verkäuferin des neuen Wagens in Zahlung.  

Dabei wurde im Ankaufsschein unter der vorgedruckten Rubrik "Das Fahrzeug hat keine/folgende Unfallschäden erlitten" das Wort "keine" eingekreist und unterstrichen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH)

Der BGH hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass der Beklagte der Händlerin den Schaden zu ersetzen hat, der ihr dadurch entstanden ist, dass sie den Unfallwagen an ihren Kunden weiterverkauft hat.

Es bestand eine Beschaffenheitsvereinbarung, die das Fahrzeug nicht erfüllte

Dass der Klägerin verkaufte Fahrzeug war mit einem Sachmangel behaftet, weil es bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwies (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Denn die Parteien haben im Kaufvertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Unfallfreiheit des Fahrzeugs getroffen, indem sie im Ankaufsformular ausdrücklich festgehalten haben, dass das Fahrzeug keine Unfallschäden erlitten habe.  

Wie das Gericht zutreffend angenommen hat, geht der in der Besitzzeit des Beklagten entstandene Streifschaden an der rechten Fahrzeugseite über einen bloßen Bagatellschaden hinaus. So ist das Fahrzeug als Unfallwagen anzusehen und weist damit ungeachtet der erfolgten Reparatur einen nicht behebbaren Sachmangel auf.

Trotz ausgeschlossener Gewährleistung muss der Verkäufer haften

Die Haftung des Beklagten für die fehlende Unfallfreiheit ist nicht durch einen (stillschweigenden) Gewährleistungsausschluss ausgeschlossen.

Ein Ausschluss der Gewährleistung für etwaige Unfallschäden kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil die Parteien, wie oben ausgeführt, im Kaufvertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Unfallfreiheit des Fahrzeugs getroffen haben.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann im Falle einer vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung selbst ein daneben ausdrücklich vereinbarter Gewährleistungsausschluss nur dahin ausgelegt werden, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) beziehungsweise sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

Für einen stillschweigenden Gewährleistungsausschluss kann nichts anderes gelten.

Für Fragen zum Gebrauchtwagenkauf oder –verkauf stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.