Die Anlegung von Mündelgeld – rechtliche Anforderungen und Anlagemöglichkeiten

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Das Gesetz sieht in verschiedenen Fällen vor, dass Geld „mündelsicher“ angelegt werden muss. Die Qualifizierung einer Geldanlage als mündelsicher verlangt dabei vom Grundsatz her ein besonderes Maß an Sicherheit. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Anlegung von Mündelgeld: Dieses soll für Personen angelegt werden, die aufgrund ihres Alters oder ihrer geistigen/ seelischen Konstitution entweder faktisch oder rechtlich nicht in der Lage sind, eine vernünftige Anlageentscheidung zu treffen.  

Der Personenkreis des Mündels umfasst insofern grundsätzlich Personen, die der Vormundschaft im Sinne der §§ 1773 ff. BGB unterstehen. Der Begriff des Mündels ist im deutschen Recht nur noch für Minderjährige gebräuchlich. Eine Vormundschaft für Volljährige, wie sie früher im Falle einer Entmündigung eintrat, gibt es im deutschen Recht zwischenzeitlich nicht mehr. An ihre Stelle ist seit dem 01. Januar 1992 das Rechtsinstitut der gesetzlichen Betreuung getreten (vgl. §§ 1896 – 1908i BGB). Das Vormundschaftsrecht ist jedoch nach Inkrafttreten des Betreuungsrechts auf andere gesetzliche Vertreter wie Betreuer und Pfleger entsprechend anzuwenden (vgl. §§ 1908 i, 1915 BGB). 

Martin Diefenbach
Partner
seit 2004
Rechtsanwalt
Kapellstraße 16
40479 Düsseldorf
Tel: 0211-158 361-88
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Erbrecht, Kapitalanlagenrecht

Bei nicht voll geschäftsfähigen Erwachsenen, die wegen einer Krankheit oder ihres Alters unter gesetzlicher Betreuung stehen, spricht man von Betreuten. Der Vormund bzw. Betreuer muss das Kapitalvermögen der Mündel bzw. Betreuten nach §§ 1806 ff. BGB in besonders sicherer Form, nämlich „mündelsicher“ anlegen.

 

I.          Rechtsgrundlagen für die Anlage von Mündelgeld

Zunächst sollen nachfolgend die Rechtsgrundlagen für die Anlage von Mündelgeld darlegt werden. Diesbezüglich wird auf den relevanten Personenkreis (1.) sowie auf die vom Gesetz vorgegebenen Anlageformen für Mündelgeld (2.) eingegangen.

1.)        Personenkreis

Neben den Minderjährigen müssen insbesondere die unter Betreuung im Sinne der §§ 1896 ff. BGB stehenden Personen als diejenigen angesehen werden, deren Vermögensanlage mit den gesetzlichen Vorgaben der §§ 1806 ff. BGB übereinstimmen muss.

Im Hinblick auf erbrechtliche Fragestellungen ist zu beachten, dass ein Vorerbe gemäß § 2119 BGB Geld, das nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft dauernd anzulegen ist, nur nach den für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften anzulegen hat.

Hingegen hat ein Testamentsvollstrecker bei seinen Anlageentscheidungen die Mündelsicherheit der Anlageform grundsätzlich nicht zu beachten.

2.)        Anforderungen an die Anlage

Das Geldvermögen eines Mündels, das sog. Mündelgeld, muss – soweit das Geld nicht der Bestreitung laufender oder besonderer Ausgaben dient - vom Vormund bzw. Betreuer verzinslich angelegt werden (vgl. § 1806 BGB).

Hinzu kommt das Erfordernis der Mündelsicherheit der Anlage (vgl. § 1807 BGB). Der Katalog des Absatz 1 dieser Vorschrift umfasst ausschließlich solche Vermögensanlagen, bei denen ein Wertverlust der Anlage weitgehend ausgeschlossen ist. Zu den mündelsicheren Anlagen zählen namentlich inländische Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, Bundes- und Länderanleihen, verbriefte Forderungen, Wertpapiere und Konten bei für geeignet erklärten Banken und Sparkassen.

Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormund bzw. Betreuer gemäß § 1811 BGB jedoch eine andere Anlegung als die in § 1807 BGB vorgesehene gestatten. Als „andere Anlegung“ im Sinne des § 1811 BGB wird jede nicht den Vorschriften der §§ 1806, 1807 BGB entsprechende Geldanlage angesehen (vgl. Heidelberger Kommentar zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht, § 1811 BGB Rdnr. 10). Die Gestattung der Anlegung soll gemäß § 1811 Satz 2 BGB erfolgen, wenn die beabsichtigte Art der Anlegung nach Lage des Falls den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht. Unter welchen Bedingungen dies konkret anzunehmen sein soll, ist umstritten:

a)         Nach einer vielfach zitierten Entscheidung des OLG Köln aus dem Jahr 2000 kommt eine solche Genehmigung nur dann in Betracht, wenn die beabsichtigte Anlage im Einzelfall klar erkennbare wirtschaftliche Vorteile bietet und gleichermaßen sicher ist wie eine Anlage aus dem Katalog des § 1807 BGB (OLG Köln, Beschluss vom 09. August 2000, Az.: 16 Wx 93/00).

b)         Nach anderer Ansicht (Meier Neumann, Handbuch Vermögenssorge, Seite 137 mit Bezug auf OLG Schleswig, BtPrax 2000, 87) ist es für die Erteilung der Genehmigung nicht erforderlich, dass die Anlage bei gleicher Sicherheit wirtschaftliche Vorteile (etwa hinsichtlich der Rendite) bietet. Argumentiert wird insofern, dass bei einer solchen Einschränkung der Vormund letztlich doch auf die Anlagen nach § 1807 BGB beschränkt wäre, was der Gesetzesintention, eine „andere“ Anlage zu ermöglichen, widerspräche.  

c)         Die Vorschrift des § 1811 BGB entspringt dem originären Vormundschaftsrecht und ist gemäß § 1908i Absatz 1 Satz 1 BGB auf die Fälle einer Betreuung im Sinne der §§ 1896 ff. BGB entsprechend anzuwenden. Sie gilt damit für alle Betreuer (Meier Neumann, Handbuch Vermögenssorge, Seite 136).

Im Hinblick auf Anlagefälle, die sich nach Betreuungsrecht richten, ergibt sich jedoch die Besonderheit, dass die für die Mündelsicherheit entwickelten Kriterien nicht vollumfänglich auf das Betreuungsrecht übertragbar sind, da insbesondere die bisherige Lebensführung des Betreuten sowie weitere Faktoren, die bei minderjährigen Mündeln naturgemäß keine Relevanz haben, zu berücksichtigen sind (Dodegge Roth, Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, Teil E Rdnr. 55).

Das Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) Neuss etwa hat mit Beschluss vom 31. August 2007 die Anlegung von Mündelgeld in eine sogenannte Hypothekenanleihe genehmigt (Az.: 116 XVII R 88). Es handelte sich dabei um eine Erlaubnis zur „anderen Anlegung“ im Sinne des § 1811 BGB. Der Beschluss des Vormundschaftsgerichts Neuss erfolgte auf Antrag eines Betreuers, der Gelder seines Betreuten in ein festverzinsliches Wertpapier investieren wollte.

In Ausnahmefällen kann sogar eine Anlageform genehmigt werden, die zwar den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung widerspricht, jedoch dafür den Wünschen des Betreuten entspricht (vgl. hierzu OLG Köln, FGPrax 1999, 26). 

 

II.         Fazit

In bestimmten Fällen ist es für einen Vormund oder Betreuer zweckmäßig, bei seinen Kapitalanlageentscheidungen „andere“ Anlageformen im Sinne des § 1811 BGB in Erwägung zu ziehen, insbesondere dann, wenn man die „Performance“ im Wertpapierdepot eines Mündels bzw. Betreuten stärken will. Zu Beimischung eines Portfolios eignen sich dann im Einzelfall Wertpapiere, die nicht den starren Anforderungen der §§ 1806, 1807 BGB genügen. Andere Anlagen im Sinne des § 1811 BGB geben dem Betreuer/ Vormund insofern mehr Flexibilität bei seiner Vermögensverwaltung zugunsten des Betreuten/ Mündels.

Generell lässt sich sagen, dass die juristische Entwicklung bei Fragen der „anderen Anlegung“ im Sinne § 1811 BGB stark im Fluss ist; wegen der jeweils zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls ist es praktisch schwierig, die Entscheidung eines bestimmten Vormundschaftsgerichts in der Frage der Genehmigung einer „anderen Anlegung“ zu antizipieren.

Letztlich maßgeblich für einen Genehmigungsbeschluss ist, ob die gewählte „andere“ Anlageform den Grundsätzen wirtschaftlicher Vermögensverwaltung entspricht, wobei diesbezüglich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheit der Anlage, ihrer Rentabilität und ihrer Verfügbarkeit bestehen muss sowie eine gewisse Risikostreuung im Hinblick auf das Gesamtvermögen des Mündel/ Betreuten gegeben sein sollte.

Der Verfasser Martin Diefenbach, LL.M. ist Rechtsanwalt in Düsseldorf. Er ist auf die Beratung von Anlegern im Bank- und Kapitalanlagerecht spezialisiert. Bei Fragen können Sie sich an Herrn Rechtsanwalt Martin Diefenbach, LL.M. unter diefenbach@legitas.de oder telefonisch unter 0211 – 936 540 0 wenden.