Vorzeitiger Ausstieg aus einem Internet-System-Vertrag nach § 649 BGB kann sehr teuer werden
Mehr zum Thema: Internetrecht, Computerrecht, Internet-System-Vertrag, Kündigung, Entgelt, DienstleisterRichter geben Düsseldorfer Internetdienstleister Recht
Vorzeitiger Ausstieg aus einem Internet-System-Vertrag nach § 649 BGB kann sehr teuer werden
Unternehmen können zwar grundsätzlich vorzeitig aus einem mit einem Dienstleister
abgeschlossenen Internet-System-Vertrag aussteigen, müssen aber dann erhebliche
Mehrkosten zahlen. Das stellte unlängst in einer Berufungsverhandlung das
Landgericht Münster mit einem rechtskräftigen Beschluss fest. Die Richter gaben
einem Düsseldorfer Internetdienstleister Recht, der gegen eine Firma aus dem
Münsterland geklagt hatte. Die Interessen des Internetdienstleisters hatte die
Kanzlei BERGER Rechtsanwälte Düsseldorf vertreten.
Der Internetdienstleister bietet Unternehmen das Einrichten und das Unterhalten
einer eigenen Homepage an. Details dazu werden in Internet-System-Verträgen
geregelt, die dem Werkvertragsrecht unterliegen. Einen solchen Vertrag schloss
der Internetdienstleister mit der Firma aus dem Münsterland im November 2008
ab. Als monatliches Entgelt für den Dienstleister wurden 119 Euro (brutto)
vereinbart. Außerdem wurde festgelegt, dass das Entgelt am Tag des
Vertragsabschlusses sowie am selben Tag des folgenden Jahres jeweils für zwölf
Monate im Voraus fällig ist. Während der vereinbarten Laufzeit sollte der
Vertrag nur aus wichtigem Grund kündbar sein.
Zahlungen an den Internetdienstleister tätigte die Firma zu keinem Zeitpunkt und
behauptete unter anderem, aus dem Vertrag sei keine Vorleistungspflicht
ersichtlich. Schließlich kündigte die Firma aus dem Münsterland den Vertrag,
ohne dass dafür ein wichtiger Grund angegeben wurde. Daraufhin reichte der
Internetdienstleister Klage ein. Der Rechtsstreit zog sich über viele Monate
hin.
auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. Januar 2011, wonach
ein Auftraggeber einen Internet-System-Vertrag jederzeit kündigen kann.
Entsprechendes ist im Paragraph 649 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)
geregelt. Dort heißt es aber auch, dass bei einer solchen Kündigungserklärung
durch den Auftraggeber von der anderen Seite Ansprüche geltend gemacht werden
können, die sich über die vereinbarte Vergütung hinaus belaufen und die unter
Umständen sogar die ursprüngliche Klageforderung übersteigen können.Das ist aus Sicht des Landgerichts Münster bei einem vorzeitigen Ausstieg aus einem Internet-System-Vertrag immer der Fall. Der
Grund: Die Leistungen des Dienstleisters werden ganz überwiegend durch kostenintensiven Personaleinsatz
bei äußerst geringem Materialeinsatz erbracht. Dabei ist es nach dem
Gerichtsbeschluss für die rechtliche Beurteilung des gesetzlichen Anspruchs
eines Dienstleisters auf seine Vergütungsleistung unerheblich, zu welchem
Zeitpunkt während der vereinbarten Vertragslaufzeit eine Kündigung erfolgt. Im
vorliegenden Fall hätte daher die Firma aus dem Münsterland dem
Internetdienstleister mehr zu zahlen gehabt als dieser mit seiner
Klageforderung begehrt hatte, wenn die Firma aus dem Münsterland gemäß
Paragraph 649 Satz 2 BGB verurteilt worden wäre.
Bereits im August 2010 war der Firma aus dem Münsterland durch ein rechtskräftiges
Vorbehaltsurteil des Amtsgerichts Borken auferlegt worden, dem
Internetdienstleister das vertraglich vereinbarte Bruttoentgelt für die ersten
24 Monate Laufzeit des auf 48 Monate abgeschlossenen Internet-System-Vertrags
zu zahlen, insgesamt: 3.092,81 Euro. Gegen das darauffolgende Schlussurteil des
Amtsgerichts Borken legte die Firma aus dem Münsterland Berufung ein. Diesen
Schritt erklärte die Firma damit, sie habe den Vertrag wirksam gemäß Paragraph
649 BGB kündigen können. Dem Internetdienstleister stünden keine
Vergütungsansprüche zu, da die Abrechnung unschlüssig dargelegt worden sei.
Auch dieser Ansicht folgte das Landgericht Münster als Berufungsgericht nicht und
nannte die Abrechnung über insgesamt 3.673,00 Euro nachvollziehbar. In einem
vorangegangenen Hinweisbeschluss vom vergangenen Mai stellten die Richter zudem
klar, dass der zur Rede stehende Internet-System-Vertrag insgesamt auch nicht
anfechtbar oder etwa wegen Wuchers nichtig sei.
Anderslautende Gerichtsentscheidungen bezüglich des Entgelts für einen Dienstleister bei
vorzeitigem Ausstieg des Auftraggebers aus einem Internet-System-Vertrag sind
noch nicht rechtskräftig. Das gilt insbesondere für Entscheidungen der 7.
Zivilkammer des Landgerichts (LG) Düsseldorf, auf die vereinzelt im Internet an
anderen Stellen verwiesen wird. Sie liegen dem Oberlandesgericht (OLG)
Düsseldorf zur Entscheidung vor. Das OLG hat die ihm vorliegende Berufungen
gerade nicht nach Paragraph 522 Zivilprozessordnung (ZPO) zurückgewiesen,
sondern eine mündliche Verhandlung bestimmt. Die Kanzlei BERGER Rechtsanwälte
geht daher davon aus, dass auch das OLG die Abrechnungen des
Internetdienstleisters nach Paragraph 649 BGB für schlüssig dargelegt ansieht
und die anderslautenden Entscheidungen des Landgerichts 1. Instanz aufheben
wird. Paragraph 522 besagt: „ Das Berufungsgericht weist die Berufung durch einstimmigen Beschluss unverzüglich
zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Berufung keine Aussicht auf
Erfolg hat.“
Stattdessen aber hat das OLG Düsseldorf zur mündlichen Verhandlung für Januar 2012 geladen.
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Beschluss des Landgerichts Münster -06 S 27/11-
vom 6. Juli 2011