JMStV: Neue Pflichten für Webseitenbetreiber ab Anfang 2011

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Wie schon in aller Munde haben die Ministerpräsidenten der Bundesländer bereits die Novelle des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) verabschiedet. Diese vor dem Hintergrund der 14. Änderung des Rundfunkstaatsvertrages anstehende Novellierung wird nun noch von den Landesparlamenten abgesegnet werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten einheitliche Regelungen für den Jugendmedienschutz in Rundfunk und Internet geschaffen werden, um unter anderem auch einen geschützten Raum für Kinder und Jugendliche im Internet anzubieten.

Die Neufassung des JMStV sieht vor, dass ab dem 01. Januar 2011 alle deutschen Webseiten mit einer Alterskennzeichnung versehen werden sollen. Dazu müssen alle Anbieter ihre Inhalte in die Altersstufen „ab 0“, „ab 6“, „ab 12“, „ab 16“ oder „ab 18 Jahren“ einstufen. Bis Anfang 2011 muss und sollte also jeder Anbieter im Internet seine Webseiten auf jugendgefährdende Inhalte überprüfen, ggf. auch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen anpassen. Soweit erforderlich, müssen dann eine entsprechende Klassifizierung erfolgen und Maßnahmen zum Schutz der Jugend vor bestimmten Inhalten getroffen werden. Die Pflicht zur Einordnung des Inhalts soll dabei gesetzlich für jede Webseite gelten. Hierfür sind z.B. technische Altersprüfungen oder Sendezeitbeschränkungen vorgeesehen. Damit verbunden ist die Verwendung von Jugendschutzprogrammen geplant, welche ein auslesbare Altersfreigabe enthalten.

Grundsätzlich können aber auch Inhalte, sofern diese nicht strafrechtlich relevant sind, im Internet auch zukünftig weiterhin frei angeboten werden, ohne dass ein Webseitenbetreiber aus jugendschutzrechtlicher Sicht etwas unternehmen muss. Hiervon gibt es allerdings zwei Ausnahmen. Zum einen müssen Inhalte, die nur für Nutzer ab 12 Jahren geeignet sind und nicht von Inhalten, die für jüngere Kinder bestimmt sind, getrennt gehalten werden. Die weitere Ausnahme betrifft Inhalte, die nur für Nutzer ab 16 oder 18 Jahren geeignet sind. Wenn diese Ausnahmen auf Sie zutreffen sollten, sind Sie gesetzlich verpflichtet, in der Form tätig zu werden, als dass Sie Sendezeitbegrenzungen nutzen oder Wahrnehmungserschwerungen mittels technischer oder sonstiger Mittel vorschalten müssen. Da dies für einige Webseitenbetreiber teilweise zu umständlich oder gar technisch nicht realisierbar ist, gibt es auch eine neue alternative Möglichkeit, ein Angebot mit einer Altersstufe zu kennzeichnen.

Nach dem JMStV müssen dabei Webseitenbetreiber selbst einschätzen, ab welcher Altersstufe eine Freigabe ihress Angebot erfolgen darf, weil jeder Anbieter für Inhalte, die er selbst veröffentlicht, auch verantwortlich ist. Bei normalen Inhalten wird dies in der Regel unproblematisch sein. Bei anderen Inhalten wie z.B. z.B. erotischer oder gewaltsamer Natur dürfte allerdings dies nicht ganz einfach werden. Hierzu wird es aber ab 2011 auch Klassifizierungssysteme geben, die dem Betreiber bei der zutreffenden Bewertungs seiner Inhalte helfen sollen.

Bei Verstoß gegen diese neuen Pflichten zum Jugendschutz im Internet besteht einerseits die Gefahr der Verhängung eines Bußgeldes durch die zuständige Aufsichtsbehörde, sofern zum Beispiel eine Altersstufe vorwerfbar falsch gewählt wurde. Dieser Gefahr kann man dadurch begegenen, in dem man als Anbieter ein Klassifizierungssystem einer anerkannten Selbstkontrolleinrichtung durchläuft. Weiterhin besteht natürlich wie bislang auch schon im geschäftlichen Verkehr die Möglichkeit wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen, wenn sich ein Marktteilnehmer nicht gesetzeskonform verhält.

Leserkommentare
von Joe1966 am 10.12.2010 05:48:15# 1
Der Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Staatssekretär Martin Stadelmaier, plädiert für eine sachliche Debatte und warnt vor einer Dramatisierung der tatsächlichen Pflichten, die sich aus dem JMStV ergeben. "Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein Blogbetreiber bereits jetzt angekündigt hat, am 1. Januar sein Angebot aus dem Netz zu nehmen", sagte Staatsekretär Stadelmaier. Hintergrund: In den vergangen Tagen wurde im Internet teilweise sehr undifferenziert zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, der am 1. Januar 2011 in Kraft treten soll, Stellung genommen. Mit Inkrafttreten des JMStV am 1. Januar 2011 entstehen keine neuen Verpflichtungen für Inhalteanbieter, sondern der "neue" JMStV erweitert die Optionen, die ein Anbieter ergreifen kann, um seinen Pflichten nachzukommen, die bereits seit 2003 bestehen. Für die Betreiber von Blogs, Chats oder Social Communities wird mit der Überarbeitung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages keine Haftung für die Inhalte von Dritten auferlegt. Die Regelungen des Telemediengesetzes des Bundes, nach denen grundsätzlich keine Haftung für fremde Inhalte begründet wird, bleiben von der Novellierung unberührt. Folglich werden durch den JMStV weder für Access-Provider noch für Web-2.0-Anbieter neue Pflichten zur Prüfung, Überwachung oder Sperrung von fremden Inhalten begründet. Ausserdem besteht – anders als vielfach im Netz behauptet - keine generelle Pflicht zur Alterskennzeichnung. Wer keine Inhalte anbietet, die für Kinder unter 16 Jahren entwicklungsbeeinträchtigend sind, muss keine Alterskennzeichnung vornehmen oder der Sendezeitenregelung folgen. Nur wer Inhalte bereitstellt, die ausschließlich für Kinder bzw. Jugendliche über 16 Jahren geeignet sind, muss seiner Pflicht, die auch schon im "alten" Jugendmedienschutz-Staatsvertrag geregelt war, nachkommen. Diese Möglichkeit wird bereits jetzt genutzt. Auch die Angst vor einer "Abmahnwelle" für Blogs sei nicht begründet. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Abmahnungen nur vereinzelt und in begründeten Fällen wie bei eindeutig verbotenen Inhalten (wie z.B. extremistischer Propanganda) angewendet worden seien. Außerdem sei es ebenfalls falsch, wenn im Netz behauptet würde, dass Blogbetreiber mit einem Bußgeld bestraft werden würden, wenn sie keine Alterskennzeichnung ihrer Seiten vornehmen würden. Da es keine Pflicht zur Alterskennzeichnung gibt, kann sie auch nicht abgemahnt werden. "Vieles von dem, was in den letzten Tagen im Netz verbreitet wurde, steht so nicht im JMStV und es wird auch nicht wahrer, wenn es immer wieder gesagt oder geschrieben wird. Erst mit Inkrafttreten des JMStV besteht für die Wirtschaft die Verpflichtung, Jugendschutzprogramme zu entwickeln und bis diese auf dem Markt kommen, haben die Betreiber von Blogs, Foren und ähnlichen Angeboten Zeit sich darauf einzustellen", sagte Martin Stadelmaier. Quelle: http://www.rlp.de/einzelansicht/archive/2010/december/article/plaedoyer-fuer-versachlichung-der-debatte/
    
von datenschutz007 am 14.12.2010 12:01:24# 2
Nun bin ich als betrieblicher Datenschutzbeauftragter eines Inkassounternehmens etwas verunsichert: Diese neue Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV)betrifft doch nur Internetseiten, die nicht für alle Alterklassen zugelassen und zugänglich sein dürfen. Es kann doch nicht bedeuten, dass nunmehr alle Homepages zumindest die Kennzeichnung ab 0 Jahre benötigen?
    
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