Reform des Insolvenzrechts zur Stärkung der Gläubigerrechte (2.Stufe)

Mehr zum Thema: Insolvenzrecht, Reform, Insolvenzrecht, Gläubigerrechte, Dauer, Restschuldbefreiung, Versagungsgründe
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Verkürzung der Dauer im Restschuldbefreiungsverfahren und Änderung der Versagungsgründe

Nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), das in seinen wesentlichen Teilen am 1. März 2012 in Kraft getreten ist, hat der Bundestag in der Nacht zum 16.05.2013 das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens als zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform verabschiedet. Das Inkrafttreten der meisten Regelungen ist zum 01.07.2014 vorgesehen.

Das Gesetz enthält folgende Regelungen (Auszug):

  • Verkürzung und Umgestaltung des Restschuldbefreiungsverfahrens
  • Abschaffung des Vorranges der Gehalts/Lohn-Abtretung aus § 114 InsO
  • Änderung des Versagungsrechts der Restschuldbefreiung
  • Insolvenzanfechtungsrecht für den Verwalter auch bei Verbraucherinsolvenzverfahren
  • Absonderungsrecht für Verwalter auch bei Verbraucherinsolvenzverfahren
  • Insolvenzplanverfahren auch bei Verbraucherinsolvenzverfahren
  • Sperrfristen für ein zweites Verfahren
  • Widerrufsmöglichkeiten der Restschuldbefreiung nach § 303 InsO
  • Privilegierung von Unterhaltsgläubigern bei vorsätzlich pflichtwidrigem Unterlassen
  • Steuerschulden nach Steuerhinterziehung sind von Restschuldbefreiung ausgeschlossen
  • Abschaffung des Motivationsrabattes 
  • Eintragung im Schuldnerverzeichnis
  • Änderung der Mindest- und Regelvergütung des Insolvenzverwalters
  • Verwertung von Wohngenossenschaftsanteilen

Insolvente Existenzgründer und Verbraucher erhalten schneller als bisher eine zweite Chance, wenn sie einen Teil ihrer Schulden begleichen. Die Beschleunigung ist auch im Interesse der Gläubiger, weil die Schuldner einen gezielten Anreiz erhalten, möglichst viel zu bezahlen, die Mittel aufzubringen, die in der Vergangenheit vom Staat gestundet und meist nicht zurückgezahlt wurden.

1. Verkürzung der Verfahrensdauer

1.1. auf 5 Jahre bei Deckung der Verfahrenskosten

Künftig können Schuldner im Insolvenzverfahren schon nach 5 Jahren- statt bisher sechs Jahren - von ihren Restschulden befreit werden, wenn sie die Verfahrenskosten (Kosten des Gerichts und des Insolvenzverwalters) aufbringen. Der Staat erhofft sich eine Entlastung von den meist gestundeten Verfahrenskosten.

1.2. auf 3 Jahre bei 35 % Quote nach drei Jahren

Künftig können Schuldner im Insolvenzverfahren schon nach 3 Jahren statt bisher sechs Jahren von ihren Restschulden befreit werden, wenn sie mindestens 35 % der Forderungen und die Verfahrenskosten bezahlen. Die Quote kann auch von dritter Seite aufgebracht werden.

Was können spezialisierte Anwälte und Fachanwälte für Insolvenzrecht für Sie klären und beantworten?

  • Erläuterung der optimalen Verfahrensweise
  • Begleitung bei der Umsetzung
  • Mögliche Fragen, die Fachanwälte professionell beantworten können:
    1. Haben Drittmittel zur Erreichung der 35 % auf die Vergütung des Insolvenzverwalters Auswirkungen- erhöhen diese also die Vergütung des Verwalters?
    2. Besteht ein Anspruch des Schuldners auf Festsetzung/Mitteilung der Höhe der Verwaltervergütung?
    3. Welche Mittel müssen (wann) zur Optimierung nachgewiesen und aufgebracht werden?
    4. Welche Vor- und Nachteile bietet das Insolvenzplanverfahren, das jetzt möglich ist?

2. Abschaffung des Vorranges der Gehalts/Lohn-Abtretung aus § 114 InsO

Zur Absicherung von Darlehn mussten Schuldner oft den pfändbaren Teil ihres Einkommens (formularmäßig) an den Darlehnsgeber abtreten. Innerhalb eines Insolvenzverfahrens mussten derartige Abtretungen für zwei Jahre bevorrechtigt bedient werden. Dies verkomplizierte die Schuldenregulierungsversuche und verringerte die Masse. Diese Bevorrechtigung wurde im Gesetz abgeschafft.

3. Änderung des Versagungsrechts der Restschuldbefreiung

Die Rechte der Gläubiger wurden hier durch das Reformgesetz gestärkt. Ein Versagungsantrag gemäß § 290 InsO kann beispielsweise nunmehr jederzeit schriftlich geltend gemacht werden.

3.1. Insolvenzstraftaten § 290 Abs. 1 Nr.1 InsO

Wie lang muss ein Schuldner, der wegen Insolvenzverschleppung verurteilt wurde, warten bis er einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung stellen darf?
Antwort: Fünf Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung. Fachanwälte können Ihnen beantworten, ob diese gesetzliche Wartefrist auch bei Bagatelldelikten gilt.

3.2. Vermögensverschwendung

Bisher war bei Vermögensverschwendung die Wartefrist 1 Jahr. Dies wurde jetzt erweitert auf 3 Jahre gemäß § 290 Abs.1 Nr.4 InsO.

3.3. Verletzung der Erwerbsobliegenheit

In der Wohlverhaltensphase gab es bereits eine Sanktion bei Verletzung der Erwerbsobliegenheit. Die Erwerbsobliegenheit wurde im Reformgesetz schon für das eröffnete Verfahren geregelt gemäß § 290 Abs.1 Nr.7 InsO. Der Schuldner muss sich daher intensiv um eine Beschäftigung kümmern.

4. Sperr- und Wartefristen für ein zweites Verfahren/Antrag auf Restschuldbefreiung

  • Insolvenzstraftaten: 5 Jahre
  • Falsche Angaben: 3 Jahre
  • Vermögensverschwendung: 3 Jahre
  • Bei Versagung nach § 290 Nr. 5, 6,7 InsO: 3 Jahre
  • Bei Versagung nach Scheitern wegen 298 InsO: O Jahre
  • Bei Versagung nach § 298 InsO: 3 Jahre (bisher 10 Jahre)
  • Bei Erteilung der Restschuldbefreiung: 10 Jahre

5. Widerrufsmöglichkeiten der Restschuldbefreiung wurden erweitert

Die Rechte der Gläubiger sollen durch das Reformgesetz auch hier gestärkt werden. Bislang gab es eine Beschränkung der Widerrufsmöglichkeiten auf Erkenntnisse bis zum Schlusstermin. Wenn sich jetzt nachträglich herausstellt, dass die Befriedigung der Gläubiger erheblich beeinträchtigt oder der Schuldner wegen einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt wurde, ist der Widerruf der Restschuldbefreiung gemäß des neugefassten § 303 InsO möglich.
Beispielfall: Goldmünzsammlung wird nachträglich bekannt durch Scheidungsverfahren

6. Insolvenzplanverfahren auch für Verbraucher (IK- Verfahren)

Das Insolvenzplanverfahren wird jetzt auch in Verbraucherinsolvenzverfahren, sogenannten IK- Verfahren möglich sein. Damit besteht also auch für Verbraucher und ehemalige Selbständige/ Unternehmer, die weniger als 20 Gläubiger und keine Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen haben, die Gestaltungsmöglichkeit im Insolvenzplanverfahren Gruppen der Gläubiger zu bilden, die dann über den Plan abstimmen. Der Plan gelingt, wenn die Mehrheit der Gruppen zustimmt. Verbraucher haben damit die Möglichkeit außerhalb eines eröffneten Insolvenzverfahrens mittels Schuldenregulierungsverfahren eine Einigung mit den Gläubigern herbeizuführen und nunmehr auch mittels Insolvenzplanverfahren.

Die Sanierungsmöglichkeiten werden dadurch wesentlich erhöht. Dies eröffnet Chancen für den Schuldner schneller schuldenfrei zu sein. Für die Gläubiger ist es eine zusätzliche Chance noch eine nennenswerte Quote zu erhalten. Nicht möglich ist bei Verbrauchern die Eigenverwaltung. Zuständig für die Planverfahren sind nicht mehr die Rechtspfleger, sondern der Richter (schon seit 01.01.2013)

Planverfahren sind ab dem 01.07.2014 auch in Verfahren möglich, die schon vorher eröffnet wurden.

Leistungsangebote von spezialisierten Rechtsanwälten und Fachanwälten für Insolvenzrecht:

Ob Schuldnerberatungsstellen den gestiegenen Anforderungen nach der Insolvenzrechtsreform Rechnung tragen können, ist fraglich. Ein Planverfahren ist wesentlich komplizierter als ein außergerichtlicher Schuldenregulierungsversuch. Spezialisierte Anwälte sind daher meines Erachtens notwendig.

Was können diese leisten?

  • Beratung über die Möglichkeiten, Chancen und Risiken der Insolvenzordnung
  • professionelle Hilfe bei der Verfahrenseinleitung
  • Gestaltung von Schuldenregulierungsplänen und von Insolvenzplänen
  • Koordination bei Planverfahren
  • Sanierungsmediation zur Verbesserung der Kommunikation und der Umsetzungschancen
  • Schulungen von Rechtsabteilungen u.a.

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